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BORSTEIEZRIEOBTE FOR EDVCATION FOR SCIENCE

LIBRARY

OF

THE AMERICAN MUSEUM

OF

NATURAL HISTORY

Jahrgang 1841. Heft I- XII.

(Mit 4 Tafeln.)

Leipzig, ey Ber d ck hin .

1841.

F wi 771 est

er Gegenſtand meines Philoſophierens kann nie etwas anderes ſeyn, als das, an der Selbſtbewußtſeynſphaͤre meines Ichs, mir erſcheinende ich fage: mir, welches (Vielleicht bloß nach der Form meiner Anſchauung) vor meinem Selbſtbewußtſeyn zerfällt: in erſcheinendes Ich und erſcheinendes Nichtich, oder in Erſcheinen es Naturwaltens innerhalb mir und in Erſcheinen es Naturwaltens außerhalb mir, oder in Erſcheinen des eſoanthropiſchen und exoanthropiſchen Naturwaltens; denn meine geſammte Erſcheinungswelt ſtellt ſich mir dar als in zwey Theile zerfallend (dieß ift mir Thatſache des Bes wußtſeyns), von deren einem Theile es mir vorkoͤmmt, als entſpringe er aus Schaffensthaͤtigkeit meines Ichs ſelbſt (Ideenwelt), von deren anderm Theile es mir vorkoͤmmt, als entſpringe er aus etwas, das nicht mehr mein Ich iſt (Außenwelt), ich ſage vorkommt.

Das Materiale und Formale meiner Erkenntniß— quelle find: die Thatſachen meines Bewußtſeyns und die Form der mein Bewußtſeyn hervorru— fenden Thaͤtigkeiten.

Mein Philoſophieren erſcheint mir nur dann nicht als ein blindes Jagen nach einem Phantome, gewaͤhrt mir jene innere Harmonie, welche mir nur durch Philoſophieren ſelbſt werden kann, bloß dann, wenn ich mich vorlaͤufig recht mit mir ſelbſt daruͤber verſtaͤndigt habe, was denn eigent⸗ lich Jenes ſey, das ich philoſophirend zu erlangen vermag, oder dem ich mich wenigſtens annaͤhern kann (dem Weſen meines Ichs nach es kann), und durch deſſen mich Annaͤhern ich, meinem innern Drange, wo nicht ein volles ſo doch einiges, Genuͤge zu leiſten, mich faͤhig fuͤhle. 2 Iſis 1841. Heft 1.

Meditation und Dichtung über meine geſammte Erſcheinungswelt. Vom Grafen Georg von Buquoy.

(Meine hier citierten Werke finden ſich in Leipzig bey Breitkopf und Härtel.)

Nur mittelſt eines lange fortgeſetzten, ungeſtoͤrten, durch und durch contemplativen Lebens“ war ich im Stande, zu ſolcher Verſtaͤndigung mit mir zu gelangen, zu jener Selbſtverſtaͤndigung nehmlich, die ich zwar nicht in ein Paar Worten durch einen Satz ausdrücken kann, aber die ich mich bemuͤhen werde, in mir ſelber und in Andern, als klares Bild, hervorzurufen, wobey es mir wohl aber höch—⸗ ſtens nur gelingen moͤchte, einen Impuls zu geben. Eben ſo vermag der Buͤnſtler durch ſein Werk nie mehr, als dem Betrachter des Werkes einen Impuls zu geben, den Impuls nehmlich zu einem Aufſchwingen nach dem Ideal des Schönen hin, unter beſtimmter Form. Dieſe Form iſt das jedesmalige Reſultat, hervorgehend aus der Individualität des Kunſtwerks und zu⸗ gleich des Betrachters.

Ehe ich jedoch zur eigentlichen Darſtellung oberwaͤhn— ter Selbſtverſtaͤndigung mit mir ſchreite, will ich, gleichſam als Vorbereitung, jenes Reſultat meines cons templativen Lebens vor meinen Leſern recht klar in mir hers vorrufen, welches Reſultat ſich auf die Beſtimmung deſſen bezieht, das ich im Philoſophieren nicht zu ſuchen habe. Was habe ich denn nun aber, beym Philoſophieren, nicht zu ſuchen? Gerade dasjenige, welches, ehe ich mich noch mit mir ſelbſt verſtaͤndigen konnte, und ſo lange ich bloß nach der bei Andern herrſchenden Weiſe philoſophierte, mir als das (im Philoſophieren) eigentlich zu Suchende

»Ich ſage: Leben, und ſpreche nicht von einem blo⸗ Ben Treiben philoſophiſcher Studien, welches noch ſehr weit von einem ächt philoſophiſch contemplativen Leben entfernt iſt.

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erſchien, das fih mir aber nun, nach der Oerſtaͤndigung mit mir ſelbſt, als ein im Philoſophieren durchaus nicht zu Suchendes aufdringt; und was iſt dieß? es iſt das Wiſſen im ſtrengſten Sinne des Wortes, das Wiſſen an ſich. Warum iſt denn aber ſolches Wiſſen nicht als Gegenſtand meines Philoſophierens betrachtet? weil ich eines Wiſſens im ſtrengſten Sinne des Worts eines Wiſſens an ſich durchaus unfähig bin, und zwar dieß meinem Srundweſen nach, in— dem, bey genauerer Unterſuchung, all das, ſo ich fuͤr Wiſſen zu halten allenfalls geneigt waͤre, ſich mir bloß als ein Da⸗ fürbalten meiner Seits mit mehr oder weniger Wahrſcheinlichkeit, aber nimmermehr als ein eigentliches Wiſſen, darſtellt. Das ſeit Jahrtauſenden getriebene Philo— ſophieren war eitler Worttand, zweckverfehlendes Gruͤbeln, hoffaͤrtige Ohnmacht, bis zu dem Augenblicke hin, wo, aus deutſcher Denkkraft hervor, der maͤchtige und ſo gruͤndlich durchgeführte Satz erſcholl, daß, außer dem formalen Wif- ſen, es durchaus kein Wiſſen gebe.“ Siemit hatte Kant die Riegel der Pforten des ſeit Jahrtauſenden ver— ſchloſſenen Weisheitstempels mit rieſigem Arme zwar klirrend erfaßt; aber er hatte ſie nicht geſprengt jene den Daͤmmerwahn von der Lichterkenntniß trennende Schranke; hiezu haͤtte er noch folgenden ſich der Forſchung von ſelbſt aufdringenden Satz ausſprechen muͤſſen, daß es nehm⸗ lich ſelbſt kein formales Wiſſen gebe, ſondern, daß das am Formalen ſich als ein Wiſſen anfangs Darſtellende, bey näherer Wuͤrdigung, ſich nicht mehr als ein Wiſſen ** behaupte, ſondern, wie Alles

Plato, der den Philofophen von lang her ein Abgott war, hat den Eintritt eines echten, ich moͤchte ſagen, männlich ernſten Philoſophierens auf lange hinaus verſchoben. Seine dichteriſch hinrei⸗ ßende Darſtellungsweiſe, fein verfuͤhreriſch kuͤhnes Auf: ſchwingen nach den Sphären des Erhabenen hin, wo das gekitzelte Herz des Menſchen fo willig für Wahr⸗ heit annimmt, was doch eigentlich nur fein hof⸗ färtiges Selbſtgefühl einlullt, hielten die Phi⸗ loſophen in dem Kreiſe einiger fixer Lieblingsideen veſtgebannt, gleichwie die Reize des Harems die That⸗ kraft orientaliſcher Sultane lähmen. Daß am Menſchen ein vom Körper gänzlich geſonderter Geiſt beſtehe, daß dieſer mit Selbſtbewußtſeyn ewig beſtehen werde, daß er an und für ſich genommen kei⸗ ner Täuſchung fähig ſey, indem alle Täufhung den Sinnen bloß zukomme, und dergleichen bloße Machtſprüche mehr wurden bis auf uns herab von den Philoſophen nachgebetet, einige wenige Skeptiker aus⸗ genommen, die hie und da den leiſen Verſuch wagten, den antiken, bereits ehrwurdig und legitim gewordenen Schleier zu lüften, welchen der dichteriſche Plato, unter fo be- zauberndem Faltenwurfe und ſo prunkendem Farbſpiele, unſern entzuͤckten Augen vorzuhalten wußte.

Der Ausdruck Wiſſen wird bisher von mir im ſtreng⸗ ſten Sinne des Worts genommen, als etwas nehm⸗ lich, das zu bezweifeln ein Unſinn vor der Ver⸗ nunft an ſich wäre; weitershin wird aber das Wif- ſen auch in einem andern Sinne genommen, nehm⸗ lich als ein bloß ſubjectives Dafürhalten und bloß den Gegenſatz ausdrückend zu der vom Gefühle ver⸗ richteten Affirmation, ſich beurkundend dieſe als Glaube, da hingegen das Wiſſen aus Verſtand und Vernunft entſpringt, ſo wie aus ſinnlicher Wahrnehmung.

das wir etwa für wiſſen zu halten geneigt ſeyn mochten, als ein bloßes Dafürhalten mit mehr oder weniger Wahrſcheinlichkeit. Dieſen Satz zu affiemiren, fuͤhle ich mich durch Folgendes nothgedrungen: Dem For⸗ malen in meinem aprioriſchen Erkennen entſpricht nur ein relatives Wiſſen, ein auf meine Subjectivität bezogenes Wiſſen bloß, hiemit alſo kein eigentliches Wiſſen, kein Wiſſen an ſich, der bloße Schein eines Wiſſens, ein Wiſſen nehmlich (wenn dieß doch ja ein Wiſſen genannt wer⸗ den kann), das vor nur meiner, und vor etwa der tellu⸗ ren Menſchen uberhaupt ', theoretiſchen Vernunft ſich für ein Wiſſen ausgibt, von welchem vermeintlichen Wiſſen ich aber nie erweiſen kann, daß es auch vor jeder Vernunft, vor der Vernunft an ſich, als Wiſſen ſich behaupte, da ich ja nicht erweiſen kann, daß meine parz ticulare oder die Überhaupt tellur menſchliche cane Vernunft identiſch ſey mit der theoretiſchen Vernunft an ſich. Iſt nicht vielleicht die Menſchenvernunft auf Erden eine eigenthuͤmliche Art des Wahnſinus vor dem Richterſtuhle der Vernunft an ſich? wer vermochte hier das Wein zu erweiſen? etwa der Menſch, er vielleicht ſelbſt ein Wahnſinniger vor dem forſchenden Blicke der Vernunftweſen auf den vollkommnern Sternen, oder gar vor der Vernunft an ſich? Das von Rant fo benannte formale Wiſſen it um nichts mehr ein Wiſſen, als Kants fo benannter practiſcher Vernunftglaube; jenes formale vermeintliche Wiſſen iſt am Ende doch nur ein Dafuͤrhalten meinerſeits, ſich ſtuͤtzend auf das von mir nie zum Wiſſen zu erheben moͤgliche Dafuͤrhalten, daß meine Particularvernunft vor dem Richterſtuhle der Vernunft an ſich als frey von jeder Spur des Wahn⸗ ſinnes ſich behaupte.“ Vant entwickelte, ein ſtau⸗ nenswerther Denker mir, die Categorien aus

ſeiner Particularvernunft; bewies er aber auch, und konnte er es je beweiſen, daß die Vernunft an ſich dieſelben Categorien als die Rantiſchen hervorconſtruiren müßte?” Niemand kann ſolches je erweiſen, da Jeglicher ja den Beweis ſtets nur aus ſeiner (des beweiſen Wollenden) Par⸗ ticularvernunft ſchoͤpfen koͤnnte, deren Ausſpruch er ja 250 als identiſch mit dem Ausſpruche der Vernunft an ſich

erweiſen kann. Ich möchte den Rantifchen Geiticis- mus den Criticismus der erſten Potenz nennen, und mei⸗ nen Criticismus (vorzüglich der Skepſis) den Criticisms der zweyten Potenz. Dieſem letztern zufolge, ſpricht ſich mir aber der Glaube (foi) um nichts mehr als ein bloßes Dafuͤrhalten aus, als ſich das, bisher faͤlſchlich als aus: ſchließend unbezweifelbar betrachtete, logiſche und ma» thematifche Wiſſen als ein bloßes Dafuͤrhalten manife⸗ ſtiert; vielleicht iſt all mein logiſches und reinmatbematis ſches Denken, vor der Vernunft an ſich, das Spiel eines dem Menſchen eigenthuͤmlichen Wahnſinnes; und fo

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»Von den nicht telluren Menſchen, wie ſie etwa auf andern Himmelskoͤrpern, weiß ich nichts. |

Ich vermag zu erweifen, weder daß die rein logiſche Form, unter der mir ein Satz erſcheint, die an ſich richtige ſey, noch daß ich die Fähigkeit beſitze, mir ſelber beſtimmt Rechenſchaft abzulegen von der rein logiſchen Form, unter der mir ein Satz erſcheint.

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muß mir denn die religioͤs myſtiſche Glaubensevidenz für eben fo viel gelten als die logiſche und mathe: matiſche Evidenz, oder die logiſche und mathema— tiſche Evidenz für eben fo wenig als die religios myſtiſche.

Nach Skizzirung meiner, den Glauben auf die ihm ent⸗ ſprechende Würde erhebenden oder das Wiſſen auf den ihm entſprechenden niedern Standpunct zuruͤckweiſen— den, Skepſis *, wende ich mich nun, ehe ich mein eigent— liches Streben vortrage, zu folgenden Betrachtungen:

Durch Otrſtand und Vernunft allein, durch blo— ßes Reflectieren und ſtrenges Demonſtrieren, auf ſolcher Bahn abgeſchmackter Proſa, gelange ich zu einer harmoniſchen, meine totale Selbſtbewußtſeynſphaͤre befriedigenden, Anſchauung, weder des Waturgan— zen außerhalb und innerhalb mir“, noch der an jenem Na— turganzen ſich manifeſtierenden Verhaͤltniſſe und Wechſel—

beziehungen (rapports), und eben ſo wenig zu einer mit meinem Selbſtbewußtſeyn harmonierenden Interpretation aller Erſcheinung uͤberhaupt, außerhalb und innerhalb mir; ins— geſammt Zielpuncte, denen nachzuſtreben ich mich dringend aufgefordert fuͤhle, und zwar, nicht um eines außer be— ſagtem Streben liegenden Zweckes willen, ſondern einem in der Weſenheit meines Ichs liegenden auto— nom begrümderen Beduͤrfniſſe gemäß, nehmlich nach Selbſtverſtaͤndigung mit mir. Es iſt ſolches Streben mei— nerſeits eine actio actionis causa, ein mir innewoh— nendes Beduͤrfniß intellectuel auszutoben, Alles in mir harmoniſch zu erſchauen und dieß ſelbſt auf die Ge— fahr, wo Alles an meiner Erſcheinungswelt bloß Täu— ſchung waͤre; auch ſelbſt hieruͤber, uͤber vielleicht die

bloßen Trugbilder meines Traͤumens, über meinen etwai-

gen Wahnſinn, auch ſelbſt hieruͤber ſtrebe ich har— moniſche Anſchauung in mir zu erlangen, einem imperati— ven Beduͤrfniſſe gemäß; ich philoſophiere um zu philoſo— phieren; ich habe ein autonomes Philoſophierensbeduͤrfniß. Unter dem Ausdrucke Philoſophieren verſtehe ich: ſtre— ben, irgend ein innerhalb oder außerhalb mir hervortretendes einzelnes Erſcheinen (auch meine Gedanken, Sictionen

«Nichts berechtigt mich, den mir durch Verſtand und Vernunft gewordenen Affirmationen mehr Sicher- heit zuzugeſtehen, als den Affirmationen, die mir wurden durch empiriſches Erfaſſen oder durch Moral: gefühl oder durch Schönheitögefühl. Alles hier vielleicht iſt Zaufhung; Alles hier viel: leicht iſt Wahrheit.

** Das Naturganze iſt mir: die geſammte, ſoma⸗ ti ſch und ſelbſtbewußthaft ſich mir ausſprechende, Erſcheinungswelt, außerhalb und innerhalb mir; fo wie mir Naturproduct ein Jedes ift, das außerhalb oder innerhalb mir mir wird, alfo ebenſowohl meine Gedanken, Fictionen, Wuͤn⸗ ſche, Vollbringungen uſw. als Steine, Pflan⸗

en, Thiere. Der Gegenſatz von ſomatiſch und felbſbewußthaft hat vielleicht keine objective Geltung, iſt vielleicht bloß das Reſultat der Form meines Anſchauens; daſſelbe mag vom Nichtich und Ich zu fagen ſeyn. Jedenfalls aber ſtehe ich nicht außerhalb der Natur; ich bin Theil der Natur; ich bin durch und durch pvoıgehaft, bin kein Metaphyſiſches. Ich bin unfähig fuͤr Meta⸗ phyſik, obgleich fähig für Metaempirie.

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uſw. gehoͤren hieher) von ſelbſtbewußthaft oder von ſoma— tiſch ſich ausſprechender Form als Reflex der Totalität des ſubjectiv auf mich bezogenen Naturerſcheinens zu erz kennen, fo wie des jedesmal einzelnen Erſcheinens hohere Bedeutung nachzuweiſen, d. h. es mit den Formen mei— ner Anſchauung (die mir Thatſachen des Bewußtſeyns find ) in Harmonie zu bringen. Dieſe Formen meiner Anſchauung find: Quantitaͤt, Raum und Zeit, Qualität, Sub: ſtanz und Accidenz (Conſtantes und Variables daran), Cauſalitaͤt, Ganzes und deſſen Theile, Identitat bei Manchfaltigkeit und umgekehrt, Ja und Nein, am Fatum vermuthete Abſichtlichkeit ( Teleoismus), Seyn und Thaͤtigkeit, Subject und Praͤdicat, Was und Wie, Stoff und Form, Apoſterioriſch und Aprioriſch, Objectiv und Subjectiv, Real und Ideal, Fragmentariſch und Syſtematiſch, Coordi— niert und Subordiniert (Syſtematismus), Formal— zufällig und Formalnothwendig, Somatiſch und Dynamiſch, Vorperlich und Geiſtig, Raumerfüllend und Selbſtbewußthaft, Geſetz der Continuitaͤt, Anz fang und Ende, uſw.

Ich bin, dem Weſen meiner Denkfunction nach als Menſch, unfaͤhig, die Philoſophie ſelbſt aus mir heraus zu conſtruiren; ich vermag bloß, im Philoſo— phieren über manchfache Gegenſtaͤnde es zu einer ge— wiſſen Fertigkeit zu bringen, und dieß zwar durch Uebung im Philoſophieren, d. h.: In-Sarmonie-Setzen des mir Erſcheinens mit den Formen meiner Anſchau— ung, die mir Thatſachen des Bewußtſeyns find. Der Grund, warum ich die Philoſophie ſelbſt nicht zu conſtruiren vermag, iſt folgender: Die Philoſophie ſelbſt waͤre eigentlich das aus einem oberſten Srundſatze abgeleitete Schema, woraus jedes Einzelnerſcheinen hervorginge als noth— wendig. Jener oberſte Grundſatz nun aber müßte noth— wendig ein aprioriſcher ſeyn, indem das Apoſterioriſche ſtets nur Bruchſtuͤcke zu liefern vermag; dann aber erſtreckte ſich die Anwendung jenes oberſten Grundſatzes ja bloß auf das Subjective, nicht eben nothwendig auch auf deſſen Aequivalent am Gbjectiven, alſo nicht auf die Geſammtheit des Erſcheinens; denn der aprioriſche Be— weis paßt nur innerhalb der Sphäre der Vorſtellun— gen, Begriffe und Ideen, findet keine durchaus ge— ſicherte Anwendung weiter hinaus, alſo keine durch— aus geſicherte Anwendung auf die Sphaͤre der Wahr— nehmung, der Gbjectivitat, wie dieß Nanut ſo gruͤndlich entwickelte. Unſer Philoſophieren kann ſtets nur fragmentariſch betrieben werden, und nie aus einer in ſich geſchloſſenen, aus einer vollendeten Philoſophie fließen, wie in der Mathematik die ſpecielle Formel aus der allgemeinen ſich ergibt; dann iſt aber jede vorgenommene phi— loſophiſche Bearbeitung insbeſondere für ſich zu be handeln, bey welch fragmentariſchem Philoſophieren jedoch zu bemerken koͤmmt, daß dennoch allen auch noch fo manch— fachen Loͤſungsmodificationen ein und daſſelbe Urbild vom Naturganzen innerhalb und außerhalb des Philoſophierenden, ſo wie die erfaßte Bedeutung des Naturganzen“, als endlich

* * Diefe Bedeutung des Naturganzen wird in der Folge ausgeſprochen werden als Total-Oſcillation vor dem Abſolutum.

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auch der Einfall von dem uber den Graͤnzen des Natur⸗ ganzen hinaus Liegenden *, als Baſis dienen müffen. Auf jenes Urbild gelangen wir (ich ſage nicht Urprin⸗ cip/ das ſich etwa in Worte faſſen ließe) nicht fo eigent⸗ lich durch Lehrvortraͤge, durch Definitionen, logiſche Demonſtrationen und dergl., ſondern in das Erfaſſen ſolchen Urbildes muͤſſen wir vielmehr eigends eingeweihet werden, und zwar mittelſt eines philoſophiſch-wirklich⸗ keitsgemaͤß⸗naturanſchauend⸗contemplativen Lebens (wohlverſtanden Lebens, nicht bloß eines nebenher getriebenen philoſophiſchen Studiums), wornach wir, ſelbſt⸗ productiv aus uns heraus, ein gewiſſes richtiges Gefuͤhl, einen gewiſſen NWaturanſchauungstact und Naturinter— pretirenstact, erlangen. Ich druͤcke dieß durch folgende Strophen aus: 8

„Willſt du des Waltens tiefverborg'nen Sinn erfaſſen,

„So blick unabgewandten Auges, unbefangen,

„Nach der Natur Gebehrde hin. Ein Hochgebilde

„Harrend lauſchendem Gemuͤth' entſteiget ur haft,

„Zuwinkend dir das lang erſehnte Ja, du hätteft

„Erfaßt den hohen Sinn, erfaßt ihn im Gebild'.

„Doch dieſes Hochgebilde, doppelzügig kuͤndend

„Des Tages Wonn' und Niedernachtens Schreckgeſicht,

„Zu ſchaun nur iſt's als Bild, zu faſſen nicht in

Worte.“

Schon aus der Geſchichte der ſogenannten Philoſophie (dieſe mir ein Unding), oder vielmehr, aus der Geſchichte des Ringens nach jener Chimäre, die man bisher Philoſo⸗ phie nannte, läßt ſich der Grad und die Eigenthuͤm— lichkeit der dem Nenſchen überhaupt zukommenden phi—⸗ loſophiſchen Productivkraft genugfam ermeſſen und wuͤr⸗ digen, um die Behauptung von der Unmöglichkeit des Zuftandebringens einer Philoſophie, mit empiriſch begründeter Evidenz zu rechtfertigen; uͤberdieß aber lie- ferte ich weiter oben ſchon den aprioriſchen Beweis hiezu.

Wenn ich philoſophiere, ſo geſchieht dieß nicht un⸗ mittelbar um eines außerhalb des Philoſophierens ſelbſt gelegenen Zweckes willen, ob mir gleich aus dem Philoſophieren ſelbſt manches außerhalb des Philoſophierens an ſich gelegene Reſultat nebenher wird, das ich dann auf meine die Ausübung, das bürgerliche, das gekuͤn— ſtelte Leben, betreffenden Verhaͤltniſſe immerhin auch mit benutzen mag, gleichwie man die bey einer Arbeit abfallende Spaͤhne auch nebenher mit benutzt. Wenn ich philoſophiere, ſo geſchieht dieß unmittelbar einem mir innewohnenden, autonom in meinem weſen begruͤn⸗ deten, Schaffens- und Bildenstriebe gemaͤß, einem auto— nomen Streben nach, mich mit mir ſelber zu verftäns digen, und ſo zu innerem Frieden zu gelangen, bey auch noch ſo geſteigerter Thaͤtigkeit meines Forſchſinnes. Mein Philoſophieren iſt das meinerſeits einem autono— men Streben in mir hingegebene Wirken, eine actio actionis causa.“ Ebenſo in dem begeiſterten Dichter

Nachdem jenes daruͤber hinaus Liegende vorlaͤufig be⸗ ſtimmt worden: als ein Etwas oder als ein Nichts. Häufig wird der Philofophie (dieſe ein Unding mir) aufgetragen, dem Philoſophieren, die Zwecke des Men⸗ ſchen und der Außendinge zu beſtimmen. Vorläufig ſollte

das Ausdruͤcken ſeiner Begeiſterung, nehmlich das Dichten ſelbſt, eine actio actionis causa; ebenſo dem Künſtler das Hervorbringen feines Kunſtwerkes; und ebenſo aͤußert ſich als actio actionis causa, am Pflanz- und Thierorganismus, ſowohl die Eigen- als Gattungsreproduction, welchen unmit⸗ telbar nur einem autonom innern Triebe gemäß vom Organismus nachgeſtrebt wird, moͤgen hier auch immerhin Aſſimilation und Ausſcheidung ſo wie Erhaltung der Art nebenher als Reſultate ſich ergeben; post hoe ergo propter hoc iſt eine falſche Schlußweiſe. Myriaden Koͤrner des Pollens gelangen nicht zur Befruchtung des Frucht: ſtoffs im Fruchtknoten, ufw. Alles am Naturleben aͤußert ſich mir als actio actionis causa, welches ſich durch folgende Stro: phen, das Naturleben characteriſirend, ausdrucken laßt;

„Wenn's umher ſchweifet, „Was es ergreifet, „Laut es aufrufen

„Des Bildens Stufen, „Wie ſie ſich reihen, „Kuͤhn zu erſteigen; „Doch bald es wieder „(Satt ſchon der Guͤter, „Die ſeinem Hange „Folgten zu lange) „Schnoͤd' von ſich werfen, „Friſch um zu ſchaͤrfen, „Bey ſeinem Geizen „Nach neuen Reizen, „Sein geil Geluͤſten „Da, wo ſich's ruſten „Will, gegen Bande „Zum Widerſtande.“

Man erwaͤge hier nur, daß endlich auch der haͤrteſte Fels verwittere, daß jede Pflanze jedes Thier auch der Menſch über veſtgeſetzte Altersperioden nicht hinausreiche, daß felbft viel Individuen mitten in ihrem jugendlichen Entwickelungsacte getödtet werden durch Erdbeben, Waſſerfluthen, Feuerſchluͤnde, Seuchen und ſporadiſche Krankheiten, durch Raubthiere uſw., wo allenthalben Naturgeſetze am Vorgange des Verheerens⸗ actes klar hervorleuchten; man bedenke ferner, daß jede Nation endlich dahin ſchwinde, ſey es durch innere Entartung und Des⸗ organiſation, oder durch das Schwert eines mächtigen Eroberers; daß ein philoſophiſches Syſtem das andere, ein wiſſenſchaft⸗ liches Lehrgebaͤude das andere verdraͤnge; uſw.“

(Fortſetzung folgt.)

aber doch erwieſen ſeyn, ehe man nehmlich jene vermeint⸗ lichen Zwecke zu be ſtimmen ſucht, ob denn der Menſch und uͤberhaupt irgend ein am Naturganzen Hervortre⸗ tendes, einen Zweck haben muͤſſe? Es hat ſich dieß Manchem, durch die Macht fixer Ideen und der Aus toritͤt, fälſchlich als Poftulat aufgedrungen. Ich bin von dieſem Gefühle eines dem Menſchen und den Din⸗ en vorgeſteckten Zweckes nicht nur ganzlich frey, ondern mir erſcheint die Gefammtheit der Natur und jedes Einzelne an ihr, daher auch der Men ſch, als actio actionis causa nur, Zur Critik der Teleologie in der Solpe ein Mehreres (hierüber auch: Buquoy ideelle Verherrlichung uſw.).

Buquoy ideelle Verherrlichung ufw.

Der naturwiſſenſchaftliche Verein des Harzes

hielt am 12. Aug. v. J. ſeine zehnte Jahrsverſammlung zu Blankenburg. Die Zahl der Anweſenden betrug 48.

Nachdem in einer conſtituierenden Verſammlung der aͤl— teren Mitglieder ſich der Verein durch (erſtmalige) Austheilung von Diplomen an ordentliche, correſpondierende und Ehrenmit— glieder veſter geſtaltet hatte, eroͤffnete der Vorſitzende, Hr. Ober— bergrath Zincken aus Maͤgdeſprung, die Haupt-Verſammlung mit einer Darlegung des fuͤr die Kenntniß des Harzes in allen naturwiſſenſchaftlichen Richtungen im Laufe des verfloſſenen Jahres Geſchehenen, ſo wie der naͤchſtliegenden Deſideraten Er machte unter andern darauf aufmerkſam, wie der Geognoſie des Harzgebirges in Folge der durch Murchiſon und de la Beche angeregten und durch ihn fortgeſetzten Unterſuchungen eine neue Epoche bevorſtehe, und theilte auch kurz die Hauptreſultate ſei— ner Unterſuchung der Gaͤnge und maſſiven Geſteine mit.

Dann wurden, theils in der allgemeinen Verſammlung, theils in den Fach-Sectionen, noch folgende Vorträge ge:

halten:

a. Mineralogiſche. Hr. Bergceommiſſaͤr Dr. Jaſche aus Ilſenburg ſprach uͤber die chemiſche Conſtitution braſiliani— ſcher Rotheiſenſteine (Eiſenglanze).

Hr. Oberbergrath Zincken ſprach uͤber die chemiſche Con— ſtitution der Selen⸗Erze; dann Über das Vorkommen des Gol— des in einem hauptſaͤchlich Bitterſpath und Selenblei enthalten— den Gange. Gold und Palladium habe ſich durch Saͤuren herausägen, nicht aber aus dem Palladium Platin ausſchei— den laſſen.

b. Geognoſie oder Bergbau betreffend. Hr. Ober: bergmeiſter Ahrend aus Goslar gab einen wichtigen Nachtrag zu feiner vor 2 Jahren gegebenen Beſchreibung der Gebirgs— ſchichten am Adenberge hinter der Ocker.

Der Mechaniker Hr. Prem aus Quedlinburg zeigte ins ſtructive mikroſcopiſche Zeichnungen über bey Quedlinburg in Gruͤnſand vorkommende mikroſcopiſche Korallen.

Hr. Oberbergrath Zincken, der ſich in der neueſten Zeit mit den im Uebergangsgebirge vorkommenden Verſteinerungen, beſonders des Selkethals und der Elbingeroͤder Gegend, viel be— ſchaͤftigt hatte, legte eine Anzahl derſelben in den natürlichen Exemplaren, theils in Zeichnungen vor.

Herr Bergfactor Pluͤmicke aus Eisleben referierte uͤber die Abteufung eines Schachts im Mansfeldiſchen unter erſchweren— den Umſtaͤnden. Um den Schacht mit der 3ten Gezeugſtrecke in Verbindung zu bringen, mußte ein Bohrloch niedergebracht und dieß durch ein anderes Bohrloch von der Zten Gezeugſtrecke her getroffen werden. Man bediente ſich dazu mit durchaus guͤnſtigem Erfolge des Magnetismus; Idee und Ausführung dieſes Verfahrens rühren von dem Geſchworenen Auguſtin zu Eisleben her.

Herr Oberbergrath Zincken ſprach uͤber die maſſigen Ge⸗ ſteine in der Gegend von Elbingerode und Ruͤbeland, und ent: wickelte insbeſondere die Einwirkung der gehobenen Geſteine auf die fie jetzt umgebenden Kalk⸗Geſteine.

Iſis 1841. Heft 1

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c. Metallurgiſche. Hr. Zehntner Hagemann aus Goslar ſprach ausfuͤhrlich uͤber die Gewinnung des in den Er— zen des Rammelsberges enthaltenen Goldes.

Herr Huͤttenmeiſter Breymann aus Goslar ſprach uͤber die auf den Rammelsberger Huͤtten angeſtellten Verſuche, Ram— melsberger Erze nach der auf der Inſel Angleſea ublichen Me: thode in freyen Haufen abzuroͤſten und den dabey in Dampf⸗ form entweichenden Schwefel in einem mit der Roͤſte in Vers bindung ſtehenden Condenſator zu gewinnen. Beſonders inter— eſſant waren die Verſuche, den gewonnenen Schwefel zu laͤu⸗ tern und als brauchbaren Handelsartikel darzuſtellen, obwohl ſich kein guͤnſtiges Reſultat herausgeſtellt hat, ſo daß man wahrſcheinlich zur alten Methode zuruͤckkehren wird. Hr. Ober⸗ bergrath Binden bemerkte dazu, daß in den auf der Victor— Friedrichs-Huͤtte angeſtellten Verſuchen die Angleſeger Methode ſich als unbrauchbar ergeben habe, indem dabey ein ſehr ſaurer, unverkaͤuflicher Schwefel gewonnen worden.

d. Botaniſche. Herr Forſtrath Prof. Hartig aus Braunſchweig ſprach uͤber die Structur der Pflanzen-Membra⸗ nen, und namentlich uͤber die, lange mit Unrecht beſtrittene Po⸗ tofität derſelben, welche er an manchfachen, theils friſchen, theils verkohlten Pflanzentheilen demonſtrierte.

Herr Regierungsrath Sporleder aus Wernigerode: uber das beſchraͤnkte Vorkommen der Pflanzen auf gewiſſen Bo⸗ denarten. 5

e. Entomologiſche. Hr. Forſtrath Hartig und Hr. Paſtor Rimrod aus Quenſtedt ſprachen uͤber das haͤufige Er— ſcheinen von Ichneumonen in dieſem Jahre, und theilten mehr— fache Erfahrungen mit, wonach man es vorzugsweiſe der gro⸗ fen Vermehrung dieſer Inſecten zu danken hat, daß, ungeach⸗ tet in dieſem Fruͤhjahr manche Raupen vielen Schaden gethan, ſich doch verhaͤltnißmaͤßig wenig Schmetterlinge entwickelt ha— ben, indem der größere Theil ihrer Puppen von den Schneus monen-⸗Larven ausgefreſſen worden.

Hr. Forſtrath Hartig theilte die Reſultate feiner fortge: ſetzten Beobachtungen Über die Sexualitaͤt der Gattungen der Blattweſpen mit. Nach ſeiner Ueberzeugung kommen bey den drey agamen Gattungen dieſer Inſecten gar keine Maͤnnchen vor: er hat z. B. unter gewiß 5000 Exemplaren von Cynips quercus folii ſo wenig als irgend einer ſeiner vielen Vorgaͤnger jemals ein Maͤnnchen gefunden.

Hr. Oberlehrer Verkhan aus Blankenburg legte mehrere Stuͤcke oſtindiſchen Copals vor, in welchen ſich ungefluͤgelte und gefluͤgelte Ameiſen, auch ein Termes, ſehr gut erhalten er⸗ kennen ließen.

Manchfache kleinere Mittheilungen in den Fach-Sectio⸗ nen, endlich ein geſelliges Mahl, machten den Beſchluß der Verſammlung, auf welche am naͤchſten Tage die Jahrs-Ver⸗ ſammlung des Vicedirectoriums Braunſchweig vom Apotheker— Verein im noͤrdlichen Deutſchland folgte, die Hr. Hofrath Dr. Brandes aus Ruͤckſicht auf den naturwiſſenſchaftlichen Verein freundlichſt ſo anberaumt hatte.

Der naturwiſſenſchaftliche Verein wird ſich im naͤchſten Jahre am 11. Auguſt wieder zu Blankenburg verſammeln. Da der Verein ſchon im erſten Decennium feines Beſtehens

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ben faſt allen feinen Verſammlungen die Freude hatte, viele, und darunter meiſt einzelne ausgezeichnete, Naturforſcher aus entfernten Orten, wie Braunſchweig, Goͤttingen, Hildesheim, Halle, Leipzig, Berlin uſw. in ſeiner Mitte zu ſehen und zum Theil vortragen zu hoͤren; fo laſſen ſich für die Folge noch im— mer zahlreichere und glaͤnzendere Verſammlungen vorausſagen. Durch Vermehrung der Eifenbahnen um den Harz wird ohne Frage eine groͤßere Frequenz der Reiſenden uͤberhaupt in dieſem durch großartige Naturſchoͤnheiten ſo ausgezeichneten Gebirge eintreten. Es werden dann gewiß auch immer mehr naturwiſ— ſenſchaftliche Reiſende die Verſammlungen des Vereins benu⸗ gen, um auf die leichteſte Weiſe die Bekanntſchaft vieler im Harze wohnender Naturforſcher gleichzeitig zu machen. Da die

meiſten Mitgieder des Vereins ſchon am Abend vor der Si⸗

tzung ſich einzufinden pflegen und viele noch am Abend nach der Sitzung oder ſelbſt noch am folgenden Tage beyſammen bleiben; ſo iſt die Gelegenheit in vollem Maße geboten, ſich im Wege der Unterhaltung uͤber den Harz zu belehren. Kaum aber möchte irgend ein deutſches Gebirge des naturwiſſenſchaft⸗ lichen Studiums in allen Richtungen, namentlich aber des na= turhiſtoriſchen, wuͤrdiger ſeyn als der Harz, welcher, zwiſchen mehreren Univerſitaͤten und anderen hoͤheren Bildungsanſtalten in der Mitte gelegen, für Berg- und Huͤttenweſen und die verwandten Faͤcher ſelbſt eines der Centra Deutſchlands bildend, ſeit Jahrhunderten den ausgezeichnetſten Naturforſchern ein Ge— genſtand eifriger Forſchungen war.

Naturhiſtoriſk Tidsſkrift.

udgivet af Henrik Kröyer (Naturhiſtoriſche Zeitſchrift, heraus⸗ gegeben von H. Kr.) Kopenhagen gr. 8.

Bd. 1. H. 4. 1837. 1 F. (Fortſetzung von Heft 6. 1840.)

1) S. 313 344. Zuſammenſtellung der daͤniſchen Pompilidae. Von J. Schiöbdte. 1 Tafel.

Schon Degeer hat beobachtet, daß die W. der Pom⸗ piliden ſich cylindriſche Gaͤnge in den Sand oder die trockne Erde graben, und in dieſe andere Inſecten oder deren Larven bringen, in die ſie zuvor ein Ey gelegt haben, von welchen ſich nachher die ausgekrochene Pompilidenlarve naͤhrt. Doch ſcheint nach der verſchiedenartigen Beſchaffenheit der hier in Be: tracht kommenden Organe nicht allen Arten der Gattung Pom- pilus Fa br. jene Lebensweiſe zugeſchrieben werden zu koͤnnen.

Bey den Arten, deren W. Loͤcher in den Sand bohren und ſich hierzu des vorderen Fußpaares bedienen, hat dieß eine Reihe von Dornen auf der äußern Seite, welche zuſammen einen trefflichen Grab-Apparat bilden; bey einigen W. find die vorderen Fuͤße ſogar kammfoͤrmig, und dieſe Form iſt immer begleitet von bedeutenden Abweichungen in der Bildung der Munbtheile; * bey allen dieſen Arten find die vier hinteren

Panzer iſt der erſte, welcher dieſe Abweichungen erwähnt (Krit. Reviſ. d. Inſectenfauna Deutſchl. II., S. 113 117. Die Form der Lappen der Unterlippe hat Las

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Schienbeine * bey beyden Geſchlechtern mit einzelnen laͤngeren

Dornen verſehen, und die aͤußerſten Bauchglieder des Hinter⸗

1 4

koͤrpers der M. bieten oft die ſonderbarſten Geſtalten dar. Aber

die Weibchen vieler Arten haben den Grabapparat der Vor— derfuͤße gar nicht; daraus muß man ſchließen, daß dieſe eine andere Lebensweiſe fuͤhren; und wirklich lehrt die Erfahrung, daß ſie nie auf ſandigen Stellen, ſondern meiſtens auf Buͤſchen und Baͤumen vorkommen.

Bey einigen dieſer W. ſind die

hinteren Schienbeine auf der aͤußeren Seite gezackt und mit

ganz kurzen Dornen beſetzt, wogegen fie bey den M. nicht ges zackt find. Jene Formen haben hier die Schienbeine befoms men, damit ſie den Weibchen bey der Sorge fuͤr ihre Brut

dienten (eine ſolche Bedeutung dürfen wir wohl allen den Or— N

ganen beylegen, welche die W. vor den M. voraus haben); die Lebensart kann alſo hier kanm paraſitiſch ſeyn, ſolcher jene Form der Schienbeine keinen Nutzen zu haben ſcheint. Bey den Weibchen dieſer Pompiliden iſt der aͤußerſte

indem bey

Abſchnitt des Hinterkoͤrpers eigenthuͤmlich gebildet und im All⸗

gemeinen mit einem zuruͤckgebogenen Haarbuͤſchel geziert. Ends lich gibt es einige W., welche mit den zum Graben unge— ſchickten Vorderfuͤßen eine eben ſo unbewehrte Beſchaffenheit der Schienbeine verbinden; von dieſen Arten bin ich anzunehmen

geneigt, daß ſie ein paraſitiſches Leben in den Neſtern anderer

Hpmenopteren fuͤhren.“

Ich glaube nach dem hier Angefuͤhrten nicht, daß man mich wegen Aufloͤſung der alten Fabricius iſchen Gattung Pompilus tadeln werde. ***

treille zum Unterabtheilen der Gattung in den Genera Crust. et Ins. (IV. p. 64) benutzt.

Van der Linden hat fehon in feinen Obs. sur les Hy- menopteres d' Europe de la fam. des fouisseurs, Brux. 1829. (I. p. 35) auf die abweichende Form der Fuͤße bey den Pompilusarten aufmerkſam gemacht.

Was die Gattung Ceropales betrifft, fo ſcheint eine paraſi⸗

tiſche Lebensart nothwendig aus dem vorſtehenden Stachel der W. und ihren zum Graben untauglichen Vorderbeinen hervorzugehen.

* logie zwiſchen den grabenden Hymenopteren und den von Raub lebenden Inſecten in den anderen Ordnungen zu fin⸗ den; ſie meynen deßwegen, man muͤſſe dieſe Hymenopteren im Syſteme zuerſt iu ihrer Ordnung aufführen, fo wie man die Cicindelidae nnd Carabidae zu oberſt in der Reihe der Koleopteren auffuͤhrt. Dieſe Idee hat unter anderen Zetterſtedt in der Vorrede zu feiner Fauna Inse- ctorum lapponica ausgeſprochen; darauf hat ſie Dahlbom aufgefaßt und zum Durchfuͤhren in feiner Clavis noviHy- menopterorum systematis ſkizziert. (6) Aber es iſt ſchwer, einige Aehnlichkeit zwiſchen zwey Thierfamilien zu finden, von denen die eine ſich von Raub ernährt und ſich gar

nicht um das Schickſal ihrer Jungen bekuͤmmert, ja über⸗

all nichts mit dieſen zu ſchaffen hat, und die andern da⸗ egen pflanzenfreſſend iſt und die 1 Fürforge für ihre ungen trägt, derentwegen fie ſich allein der Beute bes mächtigt, die fie nicht zu ihrer eigenen Nahrung verwen⸗ det, ja die ſogar einen gewiſſen Kunſttrieb aͤußert.

(*) Dieſer Schriftſteller ift offenbar durch die falſchen Vor⸗ ellungen irre geleitet worden, welche er uͤber die Le⸗ entzart der Pompilusarten zu nähren ſcheint (Viotus:

e rapina aliorum insectorum, quae imagines, more falconum contra columbas, arcent et interimunt, Mo- nogr. Pompil. IV. p. 1).

Es gibt Schriftſteller, welche geglaubt haben, eine Ana⸗

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Pompilidae Leach.

Sphex p. Linn. Muell. Sphegimae II. Latr. Gen. Crust. et Ins. Pompilü Latr., Fam. nat, du règne animal. Antennae maris 14, feminae 13 - articulatae. La- brum subcoriaceum, plerisque sub clypeo retractum. Pal- i mazillares labialibus 4-articulatis permulto longiores, penduli, articulis 6. Maxillae stipite oblongiusculo, com- presso, corneo, mala stipitis fere longitudine 2 lacinia- ta + coriacea; lacinia ewierna superiore fornicata, mar- gine interiore membranaceo, piloso, sutura ante apicem membranacea divisa; lacinia interiore inferiore minuta, rotundata aut triangulari. Mentum corneo-coriaceum ovale, subcompressum, apice bifidum; lingua 3-fida aut 3-laci- niata, membranacea, lacinia intermedia latiore, apice emar- ginata. Prothorax alarum originem attingens, arcuatus, ‚brevissimus; metathorax margine inferiore postico ele- vatiusculo, antice utrinque 1-tubereulatus. Tarsi anti- ei * articulo basilari infra ad basim profunde exciso; tibiae anticae calcari supero basi dilatato, infra emargi- nato. Abdominis segmenta dorsualia in utroque sexu 6, ventralia in Mare 7, Fem. 6.

A.

Aculeus feminarum exsertus, stylis analibus acuiei fere longitudine.

(Antennae fronti mediae insertae, in utroque sexu subeylindricae articulis arcte contiguis, eætrorsum erassiores.)

Genus Ceropales.

Ceropales Latr. Ichneumon p. Geoffr. Pom- pilus p. Panzer. Evania p. Oliv. Sphex p. Muell.“

Anm. 1. Ich verftehe nicht, was Dahlbom meynt, wenn er (Exereit. hymenopterol. p. 70) von der Unter⸗ lippe fagt: „Labium emarginatum, lingua nulla.“

Anm. 2. Die von mir gegebene Beſchreibung der Mund⸗ theile ſtimmt mit Latreille in den Gen. Crust. et

+ Latreille ſcheint die Bedeutung des kleinen Anhangs nicht gekannt zu haben, welcher ſich bey dieſen Hymenopteren an der inneren Seite der Maxille findet; er nennt ihn Pro- cessus internus maxillae (Gen. Crust, et Ins. IV. p. 62). Dieß iſt jedoch kein dieſen Inſecten eigner Theil, ſondern nur der untere Lappen der Wange, welche hier ausneh⸗ mend klein geblieben iſt. Die ungewöhnliche Groͤße des obern Lappens bey Sphex, Vespa, Odynerus, Halictus u. a. hat Nees von Eſenbeck fpäter auseinander gefest ee die Freßwerkzeuge der Infecten, S. 1385

„Es iſt einer zufälligen Verwechſelung der Ausdrucke zuzu⸗ ſchreiben, wenn Latreille den hintern Fuͤßen dieſe Beſchaf⸗ fenheit zuſchreibt (Gen. Crust. et Ins. IV. p. 52). „Le cöté interne des 2 jambes posterieures offre une brosse de poils““ (Fam. nat. du règne anim. p. 455) iſt vom obern Gliede der hintern Fuͤße zu verſtehen.

Die umſtändlichen Beſchreibungen der Gattungen und auch die oft ſehr langen Definitionen der Arten in dieſer Ab⸗

7

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Ins. uͤberein, aber nicht mit Panzers in der „krit. Reviſion,“ und gar nicht mit Fabricius im Syst. Piezatorum.

Anm. 3. Es iſt inconſequent von Jurine, daß er Cero- pales von Pompilus trennt; denn viele Arten der letzten Gattung haben eben ſowohl 4 Cubitalzellen an den oberen Fluͤgeln, wie Ceropales, und die Ver⸗ ſchiedenheit zwiſchen „Mandibulae bidentatae“ (Ce- ropales) und „Mandibulae subbidentatae“ (Pom- pilus) exiſtiert in der Natur nicht. J. iſt in dieſem Falle ſeinem Grundſatze, dem natuͤrlichen Syſteme Recht wicderfahren zu laſſen, untreu geworden.

Spec. 1. Ceropales maculata Fabr. (Evania ma- eulata Fabr. Pompilus frontalis Panz. Ichneumon multicolor Fourer. Sphex rustica Muell.“ L’Ich- neumon noir à pattes rougeätres, à corcelet et ventre tachetes de blanc, Geoffr. Ins. II. 336. 35.

Farbenzeichnung nicht ganz beſtaͤndig; fo fehlen oft die gelben Flecken auf dem erſten Ruͤckenabſchnitte des Hinterkoͤr— pers. Beym M. Mundſchild, das ganze Geſicht und die in— neren Augenhaken gelb; bisweilen Hinterkörper ganz ſchwarz mit Ausnahme der Flecken des erſten Abſchnitts. Eine Was rietaͤt des M. hat Drewſen in der Umgegend von Kiel gefuns den, welche wegen geringer Größe und ganz abweichender Zeich— nung bemerkenswerth iſt. Wurzelglied der Fuͤhler gelb auf der untern Seite; Schildchen und Huͤftglieder ſchwarz; die 2 gel— ben Flecken auf dem Hinterbruſtringe kaum ſichtbar; Schenkel ſchwarz; Hinterkoͤrper ganz ſchwarz; nur eine ſchwache, in der Mitte abgebrochene Linie auf dem hinteren Rande des zweyten Abſchnitts gelb.

Sehr gemein bey uns auf ſandigen Stellen im Juny, July, Auguſt. B.

Aculeus feminarum reconditus, sim ejus tantum obtegentibus.

(Antennae filiformes, hypostomati ante suturam posticam clypei insertae, articulis bene discretis; fe- minis apice convolutae, maribus extensae. Pompi- lus Fabr.)

stylis analibus ba-

Genus Agenia. +

Tarsi antici inermes. Tibiae posteriores brevissime pilosae, sine spinis lateralibus,

handlung werden hier nicht aufgenommen, da ſie lateiniſch geſchrieben ſind und demnach nebſt den dabey immer mit genauen Citaten aufgeführten Synonymen von jedem En: tomologen in der daͤniſ. Zeitſchrift ſelbſt geleſen werden Tonnen. Die vom Verf, beygefuͤgten und zaͤniſch geſchrie⸗ benen Bemerkungen werden hier jedoch in der Ueberſetzung gegeben. An m. d. Ueberſ.

Von Cer. spinosa, Fabr. Syst. Piez. 186. 5. Ent. Syst. II. 299. 21, als deren Vaterland von Fabr. Dänemark angegeben wird, vermuthet Van der Linden (Obs. hym, I. 78.) mit Recht, daß fie nicht zu Cer. gehöre; fie iſt ein wirklicher Nysson.

Von dyeveros, unbärtig, in Bezug auf die Beſchaffenhelt des erſten Fußpaares.

or

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Labrum minutum profunde emarginatum. Mandi- bulae tridentatae. Lingua trifida, laciniis subaeque longis.

Spec. 1. Agenia variegata Schioedte. (Sphex va- rieg. L. Pompilus varieg. Fun der Linden. Pomp. hircanus Fabr.)

Ich fuͤhre dieſe Art als eine daͤniſche auf Muͤller's Autorität an. 3

Spec. 2. Agenia bifasciata Sch. (W. Sphex bifasc. * Fabr. Pomp. bifase. Fabr. L’Ichneumon noir à 2 bandes sur les ailes, Geoffr. Ins. II. 357, 36.)

In waldigen Gegenden, bey uns ziemlich ſelten. Ich fand einmal einige W., welche in Loͤchern trockner Baumſtaͤmme aus= und einliefen. 1 M. fand Drewſen bey Skovysborg, das einzige, welches ich geſehen habe; es war fruͤher unbekannt.

Genus Priocnemis **.

Tarsi antici spinis brevibus eiliati. Tibiae postice brevissime multispinosae, externe in mare serrulatae.

Labrum emarginatum rectangulare. Mandibulae bi- dentatae. Lingua trilaciniata, laciniis lateralibus inter- media plane longioribus.

1. Species heteroclitae. Liris p, Fabr.

Spec. 1. Prioen. hyalinatus Sch. (mas. Sphex hyal. Fabr. Liris hyal. Fabr. Pomp. hyal. Fabr. Pomp. calcaratus Dahlb.)

Nicht felten in der Gegend von Kopenhagen. Jul. Aug.

2. Species genuinae.

Spec. 2. Prioven. notatus Sch. (mas. Sphex not. Rossi. Pomp. Gutta Spinola. P. notatus Van der Linden. P. femoralis Dahlb.)

Anm. Ich bemerke zu dieſer und der vorigen Art, daß man hier, wie ſo oft bey den Hymenopteren nicht allemal mit Sicherheit die Gattung nach dem M.. allein be⸗ ſtimmen kann.

Drewſen fand ein paar Individuen bey Skovsborg im Julius. Sp. 3. Priocn. pusillus Sch.

Anm. 1. Die ſilberglaͤnzenden Haare, mit denen ſo viele Arten an den Huͤftgliedern und dem Geſichte geziert ſind, ſieht man nur bey friſchen und unbeſchaͤdigten Exemplaren.

Anm. 2. Ich habe früher das Männchen des Pr. pus. für Dahlbom's Pomp. nudipes (Monogr. Pomp. sv. 5, 6.) gehalten; aber nach ſeiner Beſchreibung zu urtheilen, weicht dieſe Art von der meinigen durch klare, ungefleckte Fluͤgel, eine Schwanzſpitze und ſchwarze Beine ab.

Wird von Dahlbom (Mon, Pomp, sv. p. 7) unrichtig als Varietät der vorigen Art beſchrieben.

Von d zelov, bie Säge und 7 uνοE,, das Schienbein.

Nicht ſelten in der Umgegend von Kopenhagen. Juny bis Auguſt. f

Spec. 4. Prioen. fuscus Sch. (Sphex fusca Fabr. Pomp. fusc. Fabr. P. serripes Dahlb.) w 7

Dieſe ausgezeichnete Art kommt nicht ſelten im May, Juny und July vor; das M. iſt bey dieſer Gattung das ein⸗ zige, deſſen hintere Schienbeine Stacheln, wie beym W., beſitzen.

Spec. 5. Priocn. faseiatellus Sch. fasc. Spinola.) Maͤnnchen unbekannt,

Anm. Die Beſchreibung zu Dahlbom's Pomp. maeuli- pennis (Men. 6, 7.) paßt völlig auf dieß W., und ich würde es unbedingt zu derſelben Art nehmen, wenn die Exemplare, welche Drewſen an jenen Keprifen ſteller geſandt, nicht von ihm für eine Varietaͤt des P. exaltatus erklart worden waͤren, von welchem ſie doch durch die in der obigen Diagnoſe angegebenen

a

(fem. Pomp.

Eigenſchaften auf das beſtimmteſce abweichen. Vor einigen Jahren gemein in der Umgegend von Kopen⸗ hagen, wo ich fie damals fand, fo wie Drewſen bey Skovs⸗ borg; ſeitdem traf ich fie nur einzeln. Juny Aug.

Spee. 6. Prioen. obtusiventris Sch. (fem. Pom- pili exaltati Var. Yan der Linden.) ;

Anm. Unterſcheidet ſich conſtant von P. exalt. Flügel weit heller; der weiße Fleck beym W. minder deutlich, und fehlt beym M.; der hintere Rand des Prothorax nicht fo tief eingeſchnitten; Beine theils roth gefärbt; Hin⸗ terkoͤrper kuͤtzer, als Kopf und Bruſtſtuͤck zuſammen, nach hinten weniger zugeſpitzt, heller gefaͤrbt, und die äußerſten Abſchnitte beym W. nicht ſchwarz, ſondern

bhellbraͤunlich.

W. in einer Menge ganz übereinſtimmender Exemplare von Liebenberg auf blühenden Doldengewaͤchſen in der Um» gegend von Roeſkilde, ein einzelnes Individuum von Drews fen bey Skovsborg gefunden. Jul. u. Aug. M. habe ich nur ein einziges geſehen, welches ich unter den bey Roeſkilde geſammelten W. fand.

Spec. 7. Prioen. exaltatus Sch. (fem. Sphex ex- altatus Fabr. Sph. gibba Scop. Sph. albimaculata Schrank. Pomp. exaltatus Fabr. Pomp. variegati Var. Illig. mas. et fem. Pomp. exaltatus Panz, Krit. Reviſ., Dahlbom.)

W. ziemlich häufig im Jun. Aug.; vom M. habe ich nur ein paar Individuen bey Skovsborg im Aug. gefunden. Genus Pompilus.

Tarsi antici fem. spinis longioribus ciliati. Tibiae posteriores utriusque sexus lateribus parce longius spinosae.

Labrum emarginatum subovale. Mandibulae triden- tatae in fem. Lingua triſida, laciniis lateralibus inter- medias longitudine vix excedentibus. 5

»Wenn ich einen Schriftſteller citiere, fo gilt dieſes nur für ſel nen eignen Artnamen, nicht für feine Gitate,

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Spec. 1. Pomp. einctellus Spinola. (P. elypeatus Dahlbom. fem. P. punctipes* Dahlbom. mas.)

Ich fand einige Exemplare beyderley Geſchlechts in der Naͤhe von Kopenhagen, im Auguſt; er ſcheint zu den am ſel— tenſten vorkommenden Arten zu gehören.

Spec. 2. Pomp. sericeus Van der Linden. (Jem. Van der Linden. P. ater Dahlb.)

Ich fand ihn einige Mal in Menge um Kopenhagen; M. etwas ſeltener. Jul. und Aug.

Spec. 3. Pomp. niger Fabr. (Jem. Sphex nigra Fabr. Pomp. niger Fabr. ? Sph. nigerrima Scop. mas. et fem. Pomp. niger Lepelletier aliorumque.)

Gemein vom Jun. bis Aug. Vorderfuͤße des W. nicht ſo lang bedornt, wie bey den uͤbrigen Arten der Gattung.

Spec. 4. Pomp. crassicornis Sch. M. unbekannt.

Dieſe merkwürdige Art iſt vor allen anderen W. durch die kuͤrzern und dickern Fuͤhler ausgezeichnet; zugleich iſt der Prothorax etwas laͤnger und ſchmaͤler, als gewoͤhnlich, und die vorderen Fußblaͤtter haben ziemlich lange Dornen.

2 Individuen bey Skovsborg gefunden, 1 von mir im Julius.

Spec. 5. Pomp. spissus Sch.

Kopf !dicht an dem ungewöhnlich kurzen und fehr cons veren Bruſtſtuͤcke fisend; Dornen auf den Vorderfüßen des W. kurz, wie bey P. niger. Nicht ſelten in der Umgegend von Kopenhagen. Juny und July.

Spec. 6. Pomp. gibbus Fabr. (Sphex gibba Fabr. Pomp. gibbus Fabr. ? Sph. fusca Muell. Pomp. fuscus Dahl b. **

Dieſe Art iſt bey uns die gemeinſte und kommt vom Juny bis Septbr. vor. Größe, beſonders beym W., außer⸗

In Dahlbom's Diagnoſe ſind freylich die allgemeinen Zeichen fuͤr beyde Geſchlechter veſtgeſetzt; aber in der Beſchreibung wird nur das Männchen erwähnt; das Weibchen hat D. als befon= dere Art angenommen. In derſelben Beſchreibung werden die Beine inermes genannt (wäre dieß der Fall, fo konnte die Art nicht in dieſe Gattung kommen); dieß ſind ſie aber in Wahrheit nicht, obgleich die Dornen der Schienbeine nicht leicht zu ſehen ſind.

** Sphex gibba L. (Fn sv. 1658.), welche Dahlbom citiert, hat Kirby nach Ex. in Linne's eigener Sammlung fuͤr einen Sphecodes erkannt (Monogr. Apum Angl. II. 46, 9.) . Linne's und de Geer's Sphex fusca, welche D. auch citiert, iſt offenbar Pomp. viaticus Fabr.; beſonders kann dieß nicht bezweifelt werden nach de Geer's deutlicher Beſchreibung und zufolge ſeiner Aeußerung, daß dieſer im Fruͤhjahre auf trockenen und ſandigen Wegen vorkomme; denn das iſt nicht der Fall bey P. gibbus, aber ganz characteriſtiſch für P. viat., und unter den nordiſchen Arten allein auf dieſen anwendbar. Was Geoffroy's Ichneumon noir, avec les 3 anneaux anté- rieurs du ventre rougeätres et les ailes noires betrifft, fo glaube ich, daß auch dieſer zu P. viat, gebracht werden kann (zu welchem Goeze deſſen Citate zu der de Geer iſchen Art uͤbrigens zum Theil falſch ſind ihn auch in ſeiner Ueber⸗ ſetzung von de Geer's Mém. citiert, obſchon er, wie Van der Linden bemerkt, vermuthlich mit P. gibhus oder fuscus Fabr. vermengt ift).

Iſis 1841. Heft 1.

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ordentlich abwechſelnd; es find kleine Individuen, welche Dahl: bom unter dem Namen P. minutus * als befondere Art auf: geſtellt hat.

Spec. 7. Pomp. chalybeatus Sch.

W. nicht felten um Kopenhagen im July und Auguſt; vom M. habe ich nur ein paar Individuen gefunden. Dieſe Art iſt wahrſcheinlich mit der vorigen vermengt worden.

Spec. 8. Pomp. difformis Sch. W. unbekannt.

Drewſen hat ein Individuum bey Skovsborg im July gefunden, ein anderes fand ich bey Frederiksdal im Auguſt.

Spec. 9. Pomp. fuscus Latr. (fem. Sphex fusca L. * Sph. viatica Fabr. * Pomp. viat. Fabr. P. ſuscus Latr. mas. et fem. Pomp. viaticus Van der L.

Ziemlich haͤufig im Fruͤhjahre; zeigt ſich ſchon im April und ſonach am zeitigſten im Jahre von allen unſeren Arten; M. etwas ſelten. Bey Exemplaren, die lange umhergeflogen ſind, kann der vordere Theil des Hinterkoͤrpers bisweilen ganz roth, ohne ſchwarze Ringe, ſeyn.

Spec. 10. Pomp. eingulatus Van der Linden. (mas. Sphex eing. Rossi. Pomp. pulcher ig. mas. et fem. Pomp. eingulatus Van der L.)

Von dieſer ausgezeichneten Art habe ich nur ein Indivi⸗ duum geſehen, welches Weſtermann gefunden hatte.

Genus Episyron. +

Tarsi antici fem. pectinatae.

Tibiae posteriores utriusque sexus lateribus spinosae.

» Ban der Linden hat früher eine ganz verſchiedene Art unter dieſem Namen beſchrieben CHymenopt. I. 74, 42).

e De Geer's Tab. 28. Fig. 16, (Sph. viatica) wird von Dahlbom citiert, obſchon dort auf's Deutlichfte eine Ammo- phila dargeſtellt wird.

Fabricius hat eine dreyfache Verwirrung verurſacht, indem er erſtlich den Namen dieſes P.“ veränderte, zu welchem er une richtig Linne's Sph. viat. citierte; zweytens dieſer letztern wieder einen andern Namen beylegte (Pepsis arenaria), und endlich einen ganz neuen P. unter dem Namen fuscus L. be: ſchrieb. So lange man nun den P. fuscus Fahr. und Sph. fuscus L. (P. viat, Fabr.) zu ein und derſelben Gattung ſtellte, konnte man freylich Linne's Benennung nicht aufneh⸗ men, ohne zugleich den Namen von Fabricius fuscus zu veraͤndern, da ſonſt 2 Arten derſelben Gattung unter ein und denſelben Namen wuͤrden gekommen ſeyn; nachdem ich nun aber die generiſchen Verſchiedenheiten zwiſchen dieſen 2 Arten nach⸗ gewieſen zu haben glaube, iſt dieſe Schwierigkeit gehoben, und ich befolge deßhalb Latreille's bisher, wie es ſcheint, nicht bemerktes, und ſpaͤterhin auch von ihm ſelbſt nicht befolgtes Beyſpiel, indem ich die laͤngſt vergeſſene Lin ne iſche Benennung in ihre alten Rechte wieder einſetze (obgleich ich wohl weiß, daß einige Naturforſcher dem Grundgeſetze folgen, den bekannteſten und nicht den aͤlteſten Namen beyzubehalten) und ſonach vor⸗ ſchlage, die Fabricius iſche ganz aus dieſer Gattung zu ver⸗ weiſen.

Von sabe, ich ziehe, ſchleppe nach.

—ä6ẽ ä ! nn

„Von Fabricius Beſchreibung der Mundtheile deſſelden gilt gan daſſelde, was oben bey Ceropales erwähnt worden iſt.

*

19

Labrum longitudinaliter ſissum, semicirenlare. Man- dibulae tridentatae in fem. Lingua trilaciniata, laciniis lateralibus intermedias longitudine permulto excedentibus.

Spec. 1. Epis. rufipes Sch. (fem. Sphex rufip. L. Pomp. ruſipes Fabr. Sph. fuscata et Pomp. fuscatus Fabr. P. 7-maculatus Dahlb. mas. et fem. P. ru- fires Fan der L. [Hymen: I. 59, 24.] P. bipunctatus Dahlb,*)

.

Kommt bey uns im July und Auguſt, bisweilen in Menge, vor; W. wechſelt an Größe von 4 63“ ab. Die oben cttierten Arten, 7-macul. und 2-punct., fo wie Fabricius fuscatus find nur Varietäten des ruſipes, welche mehr oder weniger in zahlreichen Uebergaͤngen ruͤckſichtlich der Farbe der Beine und der Zahl und Form der Flecken auf dem Hinterförper abweichen; fie kommen faſt immer unter einander gemiſcht vor.

Zu dieſer Abhandlung gehoͤrt die Kupfertafel des Hefts, auf welcher Pompilus einetellus W., Pomp. eingulatus M. und einzelne Theile mehrerer Arten dargeſtellt ſind.

2) S. 345 352. Einige Bemerkungen zu der Gat- tung Polygonum, nebſt einer Notiz uͤber Stellaria graminea von S. Drejer.

3) S. 353 357. Botaniſche Notizen von Blytt in Chriſtiana. (Ausgezogen aus dem Magazin for Naturviden⸗ ſkaberne, 2den Raͤcke, 1ſte H.)

4) S. 358 366. Ueber die urweltlichen Thierarten aus den Familien Anatiferidae Gray und Pollicipedidae Gray von Japetus Steenſtrup.

Die Thiere, deren Ueberreſte hier dargelegt werden ſollen, gehören, wie ſchon aus der Ueberſchrift hervorgeht, zu den Cir- tipedes pedunculati. Die ſaͤmmtlichen Arten derſelben be— wohnen das ſalzige Waſſer und ſitzen, im erwachſenen Zuſtande wenigſtens, an veſten Gegenſtaͤnden im Meere, größeren Tang— arten, Corallen, Steinen uſw. veſtgeheftet; ja einige ſcheinen ſich ſogar kleine Höhlen in Steinen und Corallen zu machen, in welchen fie nachher ſizen. Der Stiel, mit welchem ſich dieſe Thiere veſtheften, eigentlich eine Verlaͤngerung ihres Mantels, bietet bey den lebenden Arten 2 Hauptverfchiedenheiten dar, indem er entweder quergerunzelt und nackt iſt, oder bekleidet mit ſteifen Haaren oder kleinen ſchuppenfoͤrmigen Scha— len. Da man fand, daß ſich hieran Verſchiedenheiten in dem Aeußern und der Lebensweiſe des Thiers knuͤpfen, ſo theilte man danach die Ordnung in 2 große Familien.

Bey der erſten Familie, Anatiferidae Gray, iſt der Stiel nackt oder der Mantel entweder nackt oder mit einer ge— ringen Anzahl (5, 8) duͤnner Schalen bekleidet, welche ge— wöhnlich mit ihren Rändern einander berühren und fo den gan— zen Mantel bedecken; von dieſen Schalen liegen 2 (3) Paar

» Obgleich Dahlbom in der Monogr. Pomp. Sv. 12, 19 das M. von Pomp. rufipes beſchreibt, fo citiert er doch Fabri⸗ cius und Panzer's Art deſſelben Namens, welche ein W. iſt, das ſogar in generiſcher Hinſicht von rufipes abweicht, was man allein deutlich aus Panzer 's Abbildung in der Fn. germ. erſehen kann.

20

an der Seite des Mantels, das eine Uber dem andern, un find unſymmetriſch, und eine einfache (2) Schale liegt in der Mittellinie auf dem Ruͤcken des Thiers, iſt ſymmetriſch und gewoͤhnlich am untern Ende ſtark gegen den Stiel eingebogen. Da bisher keine ausgeſtorbene Art von dieſer Gruppe bekannt geworden iſt, ſo wird die folgende, im deutſchen Kreideſyſtem gefundene, die zuerſt beſchriebene werden.

Anatifera cretae Steenstr.

Valvis glaberrimis, tenerrimis, membranaceis, fra- gilibus; valva dorsuali recta, lanceolata, carinata, fere triplo longiore quam latiore; valva laterali superiore sub- rhomboidali convexiuseula, antice emarginata, angulo po- steriore obtusissimo rotundato; valva laterali inferiore trapezoidali, angulis subrotundatis, excepto superiore, | acuto; partibus tribus elevatiusculis, e medio margine anteriore radiatim exeuntibus. - |

en

Ruͤckenſchale ſymmetriſch, breitlanzetfoͤrmig, gerade, ſchwach gekielt, etwa 3 mal fo lang als breit; Wachsthums⸗ ſtreifen parallel mit den oberen und kuͤrzeren Raͤndern, welche nur die halbe Laͤnge der unteren Raͤnder haben, die den ſpitzi⸗ gern Winkel der Schale einſchließen. L. 14, Br. 3%.

Obere Seitenſchale unſymmetriſch, gepaart, faſt rhomboidiſch; vorderer Rand ſchwach ausgeſchnitten, unterer am haͤufigſten gerade, aber die 2 anderen bogenfoͤrmig und unter einem abgerundeten Winkel zuſammenſtoßend. Ganze Schale glatt, ſehr duͤnn, ziemlich gewoͤlbt, nach der Laͤnge durch eine erhabene Linie in 2 ungleiche Theile getheilt, deren vornliegender etwa 3 mal fo breit iſt, als der gegen den Ruͤcken gekehrte Theil. Eine herabgedruͤckte Linie geht vom obern Winkel der Schale gegen den untern Rand, in der Richtung des vordern ausgeſchnittenen Randes. Wachsthumgsſtreifen ſelten deutlich, parallel laufend mit dem untern und hintern Rande. L. 23”, Br. E

Untere Seitenſchale unſymmetriſch, gepaart, ſchief 4feitig (trapezoidiſch); vorderer Rand viel länger. als die Ubris gen und in der Mitte gebogen, und davon gehen, wie Strahlen, 3 gewoͤlbte Partien der Schale gegen den untern und hintern Rand und gegen den von ihnen eingeſchloſſenen Winkel; Ober- fläche erhält dadurch ein gewelltes Anſehen, iſt aber ſehr glatt, wenn gleich die Wachsthumsſtreifen deutlich ſind. Oberer Win⸗ kel ſehr ſpitzig, hinterer bedeutend ſtumpf, und die 2 untern ungefähr gerade, aber alle 3 abgerundet. Wie auf der vorigen Schale geht eine herabgedruͤckte Linie vom Mittelpuncte des vor⸗ dern Randes nach dem vom untern und vordern Rande gebil— deten Winkel. L. 34", Br. 13%.

Die außerordentlich duͤnnen und zerbrechlichen Seitenſcha⸗ len findet man häufig beyſammen, aber fie find ſchwer fuͤr ſich mit unverletztem Rande aus der Kreide zu loͤſen; mit ihnen zuſammen habe ich oͤfters die ungepaarte Ruͤckenſchale gefunden, welche viel dicker und ſtaͤrker, vermoͤge des erhabenen Kiels iſt; mehr, als dieſe drei Schalenformen, aber habe ich nie bemerkt, obgleich ich mitunter viele derſelben habe auf einer kleinen Kreis deflaͤche liegen ſehen.

Structur, Form und Vorkommen der Schalen machen es ziemlich gewiß, daß ſie ein und derſelben Thierart angehoͤren, daß dieſe nur von 5 Schalen bedeckt war und zu der großen

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Familie der Anatiferidae gehoͤrte, welches noch wahrſcheinlicher

gemacht wird durch die Art, auf welche die Schalen an ein⸗ ander ſchlieſen koͤnnen. Inzwiſchen kann die Art, ſtreng ges nommen, weder zu der Gattung Anatifera Gray, noch zu einer der 7 anderen von Gray aufgeſtellten Gattungen der

Familie, kommen, da die Ruͤckenſchale im Verhaͤltniſſe zu den

anderen Schalen ſo kurz und dazu ganz gerade und unten ohne alle Einbiegung nach dem unten anſtoßenden Stiel if. Den:

noch wird fie hier als Anatifera aufgeführt, weil dieß doch die—

jenige unter den von Gray aufgeſtellten Gattungen iſt, welcher ſie am maͤchſten kommt, und durch die genannten Verſchie— denheiten einen Uebergang von Anatifera Gray zu der Gattung Cineras Leach (Senoclita Schum.) zu bilden ſcheint.

Ich habe dieſe Schalen häufig in der juͤtlaͤndiſchen Schreib— kreide gefunden, z. B. in Thy bey Hillerslev und Jensby, und in der Umgegend von Aalborg in der neuen Kalkgrube bey Fre— deriksminde und bey Viſſegaard. Vermuthlich kommen ſie uͤberall in der Schreibkreide vor; aber ich habe ſie in keinem andern Theile der Kreideformation geſehen. Da ich oͤfters in einem kleinen Stuͤcke Kreide mehrere (13) loſe Schalen zuſammen geſehen habe; ſo darf ich mit ziemlicher Gewißheit ſagen, daß dieſe Bewohner der Urwelt, wie die jetzt lebenden Arten derſelben Gattung, gern in kleinen Gruppen zuſammen lebten.

Der vorzuͤglichſte Character der zweyten Familie, Polli- eipedidae Gray, iſt, daß dieſe einen mit ſteifen Haaren oder

kleinen, ſchuppenartigen Schalen bedeckten Stiel hat; dazu aber

kommt noch: daß die Hauptſchalen bedeutend veſter, dicker und faſt immer mit einem ſtarken Kiel oder Ruͤcken verſehen ſind; ferner, daß ſie ſelten mit ihren Raͤndern aneinander ſtoßen, ſon— dern kleine Raͤume zwiſchen ihren unteren Winkeln laſſen, welche Zwiſchenraͤume nebſt dem untern Theile des Mantels von einer groͤßern oder kleinern Menge von Nebenſchalen bekleidet werden.

Dieſe letztere Art von Schalen iſt ruͤckſichtlich der Form und Stellung aͤußerſt verſchieden bey den verſchiedenen Gattungen;

die ausgezeichnetſte Form iſt die (z. B. bey P. Cornucopiae aus dem Mittelmeere), bey welcher die Baſis einer Schale ſtets von der obern Spitze einer unterliegenden Schale gedeckt wird. Gray hat in ſeine Synopsis 6 Gattungen aufgenommen, die zum Theile nach Zahl und Form der Schalen beſtimmt ſind.

Mehrere Schriftſteller haben Ueberbleibſel, von denen man

| glauben kann, daß fie ausgeftorbenen Arten dieſer Familie an—

gehoͤren, beſchrieben. So machte uns Philippi mit einer Art bekannt, welche er in den juͤngeren Bildungen Siciliens gefun— den hatte und Pollicipes carinatus nannte; er beſchrieb nicht allein die verſchiedenen Formen der Schalen, ſondern gab auch Abbildungen der Seitenſchalen und den für die Familie charac⸗ teriſtiſchen Bauch- und Ruͤckenſchalen (Enumeratio mollusco- rum Siciliae, Berol. 1836, Tab. XII. Fig. 26 & 28). Ebenfalls hat Sowerby eine Menge verſchiedener Schalen aus tertiaͤren Bildungen von der Inſel Wight abgebildet und theils beſchrieben unter dem Namen Pollieipes reflexus (Mi- neral Conchology, Vol. VI. Tab. 606. Fig. 8), dieſe Scha— len werden als zu einer Art gehoͤrig betrachtet, und wie es ſcheint, mit Recht. Minder deutlich wird das Verhalten der 2 anderen Arten, welche dieſer Schriftſteller aus der engliſchen Schreibkreide anfuͤhrt, nehmlich Poll. sulcatus (I. c. Tab. 606. Fig. 1, 2, 7) und P. maximus (Fig. 3 6), da fie von mehreren Localitaͤten her und nicht genau und erſchoͤpfend

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beſchrieben ſind; der Verf. war ſelbſt in Zweifel, ob ſie einer oder mehreren Arten angehörten; daß fie wirklich zu den Polli- cipedidae gehören, ſcheint aus der Form der Schalen hervorzus gehen, obſchon der Verf. anführt, daß er ſelbſt nicht mehrere, als die abgebildeten Schalen, und alſo keine der zahlreichen Ne— benſchalen, ja ſelbſt nur die 2 Hauptſchalen der erſten Art von 2 verſchiedenen Puncten, geſehen habe. Da wahrſcheinlich dieſe 2 Arten auch in dem daͤniſchen Kreideſyſteme vorkommen, und ich ſchon eine ihnen ſehr nahe ſtehende Art gefunden habe; ſo will ich der Vollſtaͤndigkeit und Vergleichung wegen lateiniſche Diagnoſen beyfuͤgen, die ich aus den kurzen Beſchreibungen und den Figuren des Verfaſſers zuſammengeſtellt habe.

Pollieipes sulcatus Sow. Valvis suleis elevatis in- struetis. Valva laterali superiore subcarinata rhom- boidali ovata. Valva laterali inferiore? Valva dorsuali latiuscula, lanceolata, arcuata, subcarinata.

Pollicipes maximus Sow. Valvis laevibus dorso me- dio instructis. Valva laterali superiore subplana, rhomboidali ovata. Valva laterali inferiore, apice arcuata, obtuse carinata. Valva dorsuali elongato- lanceolata, arcuata, maxime convexa.

Die oben erwähnte Art hier aus dem Lande gründet ſich allein auf 2 loſe Schalen, welche ich in einem Handſtuͤck Kreide fand und deßhalb zu einer Art und einem Individuum zaͤhle. Sie beſitzt die Glaͤtte, welche nach Sowerby den P. max. auszeichnet, ſteht aber hinſichtlich des Schalenumriſſes zunaͤchſt an P. sulc.; doch iſt fie weie verſchiedener, wie es ſcheint, von dieſen beyden, als dieſe ſelbſt von einander ſind. Ich will jetzt dieſe meiner Meynung nach neue Art beſchreiben.

Pollicipes elongatus Steenstr.

P. S. Forchh., om Danmarks geognoſtiſke Forhold, 75.

Valvis laevibus, dorso prominulo instructis. Valva laterali superiore rhomboidali-lanceolata, parte posteriore segmentilormi, quam parte anteriore triplo fere angustiore. Valva laterali inferiore? Valva dorsuali? Valvula dor- suali triangulari, lata, basi rotundata, lateribus emarginatis.

Obere Seitenſchale gepaart, unſymmetriſch, ziemlich dick, rhomboidiſch, mit einem ſtark gerundeten Hinterviertel und einem ziemlich ſtarken, ſchwach gebogenen, kielfoͤrmigen Ruͤcken, welcher die Oberflaͤche in 2 ungleich große Theile theilt, deren einer nach hinten von dieſem Kiele liegt, kleiner und ſegment— foͤrmig iſt, waͤhrend der andere, groͤßere, vor der Ruͤckenlinie liegende, dreyeckig und ungleichſeitig iſt. Die ganze Oberflaͤche erſcheint dem bloßen Auge glatt, wenn man die deutlichen Wachs— thumsſtreifen, welche den 2 unteren und hinteren Rändern pas rallel laufen, ausnimmt; durch die Loupe entdeckt man dagegen auch feine Laͤngsſtreifen, welche vom obern Winkel der Schale nach den zuletzt genannten Raͤndern laufen. Laͤnge der Schale 10%, größte Breite (Abſtand der Spitze der vorderen ſtumpfen von der der hinteren abgerundeten Winkel) 5“; vordere Seitens partie etwas uͤber 2 mal fo breit (4) als hintere (13). Vorderer Rand ganz gerade und 64‘ lang. Die verhaͤltnif⸗ maͤßig groͤßere Laͤnge und noch mehr die Lage der erhabenen und ſcharfen Ruͤckenlinie unterſcheidet ſie auch ſehr von der ent— ſprechenden Schale des P. sulcatus, inſofern man nicht den

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von Sowerby erwähnten ſcharfen Rippen einige Beſtaͤndigkeit zuſchreiben will. Die Verſchiedenheit fallt ſogleich in die Augen bey Vergleichung mit der Sowerby'ſchen Figur, welche die rechte Schale vorſtellt, deren Ruͤckenlinie etwa in der Mitte liegt; nach der ten Figur des P. maximus iſt der nach hinten von der Ruͤckenlinie liegende Seitentheil ſogar bedeutend breiter als der nach vorn liegende. a

Die andere Schale, welche ich mit der meinigen zuſam— men fand, iſt dreyeckig, 43,“ hoch und eben fo breit an ihrem Grunde; die Grundlinie iſt conver, waͤhrend ihre 2 anderen Seiten ſchwach bogenfoͤrmig ausgeſchnitten ſind; ſie kehrt ihre Außenflaͤche gegen die Kreidemaſſe, weßhalb ich nur angeben kann, daß ſie, beſonders nach oben, ſchwach gewoͤlbt iſt. Da dieſe Schale zufolge ihrer Form und geringen Dicke die eigent⸗ liche Ruͤckenſchale nicht ſeyn kann, aber doch, da ſie ſymmetriſch iſt, in des Thieres Mittellinie geſtellt geweſen ſeyn muß; fo wird es wahrſcheinlich, daß fie die Nebenſchale geweſen ſey, welche die Baſis der eigentlichen Ruͤckenſchale deckt; und daraus muß man vielleicht wiederum, in Beruͤckſichtigung der ſchon er waͤhnten Verhaͤltniſſe der obern Seitenſchale, ſchließen, daß die dazu gehoͤrende Ruͤckenſchale breiter, viel flacher und weniger gebogen als die der 2 anderen verwandten Arten ſeyn muͤſſe. Daß wir hier uͤbrigens einen wirklichen Pollieipes vor uns haben, ſcheint wenigſtens durch dieſe kleine Schale bewieſen zu ſeyn.

Von dieſer Art habe ich bloß die erwaͤhnten Ueberbleib— ſel in einer Kreidemaſſe gefunden, welche an den ziemlich hohen Seeufern bey Legind im ſuͤdlichen Thy ſteht nnd zunaͤchſt als Schreibkreide zu betrachten iſt, obgleich fie hin und wieder ziem⸗ lich hart iſt.

Das Kreideſyſtem beſitzt alſo, nach den gegenwaͤrtigen Kenntniſſen, wenigſtens 4 Arten der geſtielten Rankenfuͤßler; es iſt aber mehr als wahrſcheinlich, daß dieſe Anzahl bald bes deutend vermehrt werde werden. Die daͤniſchen Kreidehuͤgel, welche auf ſo manchen Stellen entbloͤßt und zugaͤnglich ſind, werden gewiß, fleißig unterſucht, bald ein helleres Licht, uͤber das Vorkommen dieſer Formen in jener Entwickelungsperiode der Erde verbreiten.

Aus Bildungen, welche aͤlter als die Kreide ſind, kennt man nur eine einzige Art, mit welcher Roͤmer im verwichenen Jahre die Wiſſenſchaft bereichert hat und die er P. Hausmanni nennt (Verſtein. der norddeutſchen Oolithgeb., Tab. IV. Fig. 2. 3.). Von dieſer Art wird es nicht uͤberfluͤſſig ſeyn, hier zu bemerken, daß, obgleich der Verf. fie als ſehr haufig angibt, er doch nur die 3 abgebildeten Hauptſchalenformen geſehen hat, ſo daß man leicht veranlaßt werden moͤchte, ſie als eine ſehr dick— ſchalige Anatifera zu betrachten, wenn nicht die gerade und nach unten abgeſchnittene Form der Ruͤckenſchale mehr fuͤr einen Poll. ſpräche. Der untere Rand der obern Seitenſchale iſt wie ein 8 gebogen und dem obern Rande der untern Seiten— ſchale ganz gleich gebildet, ſo daß es ſcheint, als ob dieſe an einander geſtoßen hätten, und in dieſem Falle jene hineinſprin— genden Winkel nicht erſchienen, in welchen ſich immer die Nez benſchalen finden. Außerdem iſt es zu bemerken, daß Roͤmer in der gezeichneten Idealfigur ſowohl die Form der obern Sei— tenſchale (die ſogenannte Terminalſchale), als das Groͤßenver— haͤltniß zwiſchen ihr und der untern Seitenſchale ganz veraͤn— dert hat.

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5) S. 366 370. Ueber die Kohlenformation von Bornholm und den hoͤhern Wafferftand auf dieſer Inſel. Von Forchhammer. (Aus: Overſigt over Videnſk. Selſk. Forhandl. 18356.) {

6) S. 371—387. Ichthyologiſche, die nordi— ſche Fauna betreffende Notizen; vom Herausgeber.

J. Von Cu viers und Valenciennes Hist. nat. d. Poiss. umfaßt der 11te Theil die Mugiloiden und die erſte Hälfte der Gobioiden, nehmlich die Gattung Blennius L. Ich gebe hier einige, die nordiſche Fiſch— fauna betreffende Notizen. ni

a) Von der Gattung Mugil kommen an unſeren Küften, jedoch ſehr ſelten, eine oder vielleicht zwey Arten vor. Brüns nich hat wohl zuerſt auf einen Mugil in unſeren Meeren aufs merkſam gemacht (Videnſk. Selſk. Skr. F. 1788. III. 406.), welchen er für M. Cephalus L. anſah. Spätere Unterſuchun⸗ gen von Cuvier haben gezeigt, daß unter dieſem Namen mehre verwandte Arten zuſammengeſtellt worden ſind. Vom Cephalus gibt es keine beſtimmten Nachrichten, daß er noͤrd— lich vom Mittelmeere vorkomme. Aber die zwey verwandten M. Capito und Chelo find nicht eben ſelten an den engliſchen Kuͤſten. Valenciennes glaubt, daß der letztere der gemeins ſte in den noͤrdlichen Meeren ſey, und der, welcher bey uns vorkomme. Wenigſtens nimmt er Schagerſtroͤms M. Ce— phalus und Nilſons Capito für Chelo. Obgleich ich ans zunehmen geneigt bin, daß V's. Vermuthung gegruͤndet ſey, kann ich hieruͤber doch nichts Gewiſſes behaupten, indem ich nur ein einziges Individuum habe unterſuchen koͤnnen, welches am 11. December 1834. im Sunde mit Heringen gefangen war. Dieß iſt zudem am Kopfe ſehr beſchaͤdigt. Es wird im Muſeum des naturhiſt. Vereins aufbewahrt.

b) Blennius palmicornis Varrel (Fishes, p. 233.), welcher nach Varrell und Valenciennes mit Nilſons Bl. Galerita identiſch iſt, iſt nach Val. nicht palmicornis, ſondern eine eigne Art. V. nennt ihn Bl. Yarrelli. Da aber Bl. Galerita Stroem, Galerita As can., the erested Blenny Pennant, Galerita Nils., palmicornis Yarr. und Yarrellii Val. ein und derſelbe Fiſch zu ſeyn ſcheinen; ſo ſcheint die dieſe Art treffende Verwirrung verdoppelt zu ſeyn. V. bringt nehmlich die 3 erſteren zu einer Art Gunnellus und nennt ſie Gunn. Stroemii; dagegen faßt er die uͤbrigen als Bl. Varr. zuſammen. Es waͤre wuͤnſchenswerth geweſen, daß V. ſeine Gruͤnde fuͤr dieſe Trennung angegeben haͤtte, welche kaum gebilligt werden zu koͤnnen ſcheint. Reinhardt ſchlug (Maanedsſkr. f. Liter. 1833., p. 259.) nach Wahlbaum den Namen Bl. Ascanii für die erwähnte Art vor, und man muß bedauern, daß weder Varrell, noch Val, hiervon Kennt⸗ niß erlangt haben. Der Bl. Galerita der nordiſchen Fauniſten muß wohl auch, will man die Verwirrung nicht noch vergroͤ— fern, kuͤnftig Bl. Varrellii genannt werden, wenn ihm auch der Name Bl. Ascanii mit beſſerm Grunde zugekommen waͤre.

c) Wenn Val. nach Fabricius den Gunnellus vul- garis (Bl. Gunn. L.) als in Grönland vorkommend angibt, fo ſtimmt dieß gar nicht mit den neueren Unterſuchungen uͤber— ein. Fabricius Al. Gunn. iſt ja Gunn. groenlandiens Rhrdt., und da Val. dieſen von Reinhardt mitgetheilt er⸗ halten hat, ſo ſollte man glauben, er waͤre auch von dieſem

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Umſtande unterrichtet worden. Wenn V. ferner, nach Faber, den G. vulg. als ſelten an den juͤtlaͤndiſchen Küften angibt, fo laube ich Grund zu haben, hier anderer Meinung zu ſeyn; indeffen wird er, aus Schuld der gebraͤuchlichen Fiſchereyarten, degen Beſchaffenheit der Kuͤſten uſw. freylich nicht häufig ge— fangen.

d) Wenn V. den Bl. punctatus Fbr. als einen Gun- nellus betrachtet, fo kommt dieß daher, daß er ihn nicht geſe— hen hat, ſondern ihn nur aus Fabr. Beſchreibungen kennt. So macht V. auch Bl. Lumpenus Fabr. und islandicus B { Schn. zu Gunnellen, ohne einen von beyden gefehen zu haben.

e) V. fuͤhrt Gunn. fasciatus Bl., deſſen Vaterland nach Bl. das indiſche Meer ſeyn ſoll, und G. groenlandiens Rhdt. als verſchiedene Arten, obgleich zweifelnd, auf. Es ſcheint jedoch ſehr wahrſcheinlich, ja man mag wohl ſagen, gewiß, daß Bl. das Vaterland unrichtig angegeben hat und beyde Arten identiſch find. Waͤre dieß mit völliger Evidenz zu ermitteln, ſo muͤßte wohl der Name lasciatus, als der aͤltere, beybehalten werden.

II. In der vor nicht langer Zeit erſchienenen Ueberſicht zu den Verhandlungen der Geſellſchaft der Wiſſenſchaften (Videnſkabernes Selſkabs Forhandlinger) vom 31. May 1835. bis dahin 1836. finden ſich einige ichthyologiſche Notizen von Reinhardt.

a) Die erſte betrifft den fo ſeltenen“ und fo unvollftän: ig bekannten islaͤndiſchen Rauhfloſſer (Trachypterus Bogmarus Valenc.), welcher auch der eigentlich daͤniſchen auna angehört. ** Ein bey den Faͤroͤern im Sommer 1828. gefangenes Individuum, welches ungemein wohl erhalten war, veranlaßte den Herrn Schousboe, eine Zeichnung zu verfer— igen, welche in Genauigkeit alle anderen bisher bekannten weit übertrifft, und von der wohl bald eine Mittheilung in den Vi— enſk. Selſk. Skrift. zu erwarten iſt. Länge von der Spitze

es geſchloſſenen Mundes bis zur Wurzel der Schwanzfloſſe

‚3 65 Kopf 74 mal und Schwanzfloſſe 63 mal in dieſer aͤnge enthalten. Größte Höhe, welche in das Ende des erſten Dittels der Länge faͤllt, geht 53 mal auf die Länge. Strah— en der Kiemenhaut 6, die Bruſtfloſſe 10—11, Bauchfloſſe 6, erſte Ruͤckenfloſſe 5, zweyte 172, Schwanzfloſſe 8. Die ſilber— laͤnzenden Seiten mit 2 großen, ſchwaͤrzlichen Flecken. Der Jerf. macht auf einige minder bedeutende Puncte aufmerkſam, denen Valenciennes Beſchreibung““ nach einem getrockne— n Exemplar vom Nordkap von dem fäͤroͤiſchen abweicht. Die

on Yarrell (British ſishes, I. 191.) mitgetheilte Abbil⸗ Jung nach einem verſtuͤmmelten Ex. kann, in fo fern die res

Vielleicht iſt er doch nicht fo ſelten in den noͤrdlichen Meeren.

Gaimard konnte ſich (S. die Vorrede zum 12ten Theile der

Hist. nat. d. poiss.) während eines ziemlich kurzen Aufent-

1 halts auf Island 2 Exemplare verſchaffen, deren eines faſt 8“ 4 lang war.

Ein im Herbſte 1828. auf den Strand bey Skagen geworſenes Exemplar befindet ſich im naturhiſtoriſchen Muſeum der Kopen⸗ hagner Geſellſchaft.

Cuv. et Valenc. Hist. des poiss. X. Iſis 1841. Heft 1.

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ſtituirten Partien richtig ausgeführt ſind, nicht zu der G. Trachypterus gebracht werden.

b) Von dem im erſten Hefte dieſer Zeitſchrift als Chirus praeeisus beſchriebenen neuen groͤnlaͤndiſche Fiſche hat der Vf. am 15. Jul. 1836. der Geſellſchaft der Wiſſenſchaften unter dem Namen Stichaeus unimaculatus eine Beſchreibung und Abbildung vorgelegt. Das koͤnigl. Muſeum hat 1834. Exem⸗ plare dieſes Fiſches aus Nord- und Suͤdgroͤnland erhalten; (im Herbſte 1836. erhielt auch der naturhiſtoriſche Verein mehre Exemplare) und der Verf. berichtet, daß er ihn fruͤher Clinus unimaculatus benannt habe.

Dieſe neue Art hat den Verf. veranlaßt zu einer genau vergleichenden Unterſuchung aller ihm bekannten groͤnlaͤndiſchen Blennii L., in Folge deren er dieſe in 3 Gruppen oder Unter: gattungen theilt.

1) Gunnellus: Kiemenhaut unter dem Halſe in eine Querfalte verwachſen und mit 5 Strahlen verſehen; keine oder ſehr wenige Zaͤhne auf dem Pflugſcharbeine: keine Seitenlinien. Arten: G. groenlandicus (fas- ciatus Bloch) und G. affinis.

2) Lumpenus: Kiemenhaut nach hinten frey, mit 6 Strahlen; Pflugſcharbein mit Zaͤhnen; Seitenlinien ohne Schleimoͤffnungen. Arten: L. Fabrieii Reinh- (Blenn. Lumpenus Fabr.), L, medius R., L. acu- leatus R.“

3) Stichaeus: 6 Strahlen in der freyen oder nach vorn ganz zuſammengewachſenen Kiemenhaut; Zaͤhne auf dem Pflugſcharbeine und den Kiemenboͤgen; ** eine oder mehre mit Schleimoͤffnungen verſehene Seiten: linien. Arten: St. punctatus (Bl. punct. Fabr.), St. unimaculatus.

e) Scopelus glacialis Reinh., ein neuer groͤnlaͤndi— ſcher Fiſch, von welchem das koͤnigl. Muſeum nach einander 6 Exemplare, alle aus den noͤrdlichſten Colonien, erhalten hat, wie der naturhiſtoriſche Verein Exemplare aus dem ſuͤdlichen Grönland. Größe 2-34“. Ruͤckenfloſſe hat 12, Afterfloffe 17 Strahlen.

d) Motella argentata Rh. (vom Vf. verſchiedenen Mu⸗ ſeen früher unter dem Namen M. unieirrata mitgetheilt), jeden⸗ falls eine neue groͤnlaͤndiſche Art; hierher nur aus dem ſuͤdli— chen Groͤnland geſandt, wo er haͤufig iſt. Farbe ſilberglaͤnzend,

„Hier muß ich aufmerkſam machen auf den großen Zuwachs, den die Ichthyologie täglich erhält und jetzt noch alle zoolog iſch⸗ geographiſchen Bemuͤhungen, die allgemeinſten ausgenom⸗ men, unſicher macht. Im J. 1833. druͤckte ſich Reinhardt ſo uͤber die Gattung Clinus aus: dieſe Gattung iſt dem Nor⸗ den und Suͤden gemeinſchaftlich, doch mit uͤberwiegender Anzahl der Arten im Norden. Nun hat dagegen der Suͤden (nach Cu v. u. Val. Xl.) wenigſtens die 4fache Artenzahl, voraus: geſetzt, daß man die früher von R. zu Clinus gebrachten Arten dieſer Gruppe beyzaͤhlen will. Nimmt man dagegen die Unter⸗ gattungen Lumpenus und Stichaeus an, fo verſchwindet der Name Clinus ganz aus der nordiſchen Fauna.

Auf den Kiemenboͤgen hat Ref. keine Zähne angetroffen. 2*

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Kopf ſtumpf, Schwanzfloſſe flach eingeſchnitten. Länge 23 bis 3%, (Der Verf. meynt indeſſen, daß feine Individuen ganz jung ſeyen). Der Verf. glaubt, daß das noͤrdliche Grönland eine große Motella-Art beſitze (Motella Ensis Rh.), welche ſich durch die Laͤnge des erſten Strahls in der erſten abortiven Ruͤckenfloſſe auszeichne (welcher faſt fo lang iſt, als der Kopf), ferner auch durch die Stellung des Afters (welcher weiter zu— ruͤck fist, als bey M. Mustela); aber er kennt fie nur nach ſehr beſchaͤdigten Individuen, welche im Magen eines Kappen⸗ robben gefunden worden waren.

e) Groͤnland hat 2 Liparis-Arten, F abr. Cyelopterus Liparis, fuͤr welchen der Vf. den Namen L. tunicata vor⸗ ſchlaͤgt, und noch eine, dem Vf. nur nach einem verſtuͤmmelten Er. bekannte, welche in der Zeichnung viele Aehnlichkeit mit PYarrells L. Montagui hat.

III. Die ſeelaͤndiſchen Pleuronectes-Arten von Gottſche in Wiegmanns Archiv f. 1835., Bd. 2. Einige Bemerkungen zu dieſem Aufſatze in ſyſtematiſcher Hinſicht.

Cuvier theilte die Linn. G. Pleuronectes in 6 Un⸗ tergattungen, von denen nur 4 (Platessa, Hippoglossus, Rhombus und Solea) Repraͤſentanten in unſerer Fauna ha— ben. Gottſche bringt unſre 11 Schollenarten zu 9 Subge- nera und Subsubgenera. Eine vergleichende Ueberſicht wird recht deutlich zeigen, wie die Beſchwerlichkeiten der an und fuͤr ſich nicht wenig laͤſtigen Nomenclatur auf dieſe Weiſe in's Un⸗ endliche vermehrt werden: -

Linne. Cuvier. Gottſche. Pleuronectes. Platessa. Platessa. Platessa. vulgaris. vulgaris. Flesus, Flesus. Flesus.

Microstomus. microstomus Fbr.* microstomus. latidens. Glyptocep valus, Saxicola Fabr. Saxicola. Saxicola. Limanda. Limanda. Limanda. vulgaris. Hippoglosso des. limandoides Bl. Limandoides. Limanda. Hippoglossus. Hippoglossus. Hippoglossus. vulgaris. maximus. Hhombus. Rhombus. maximus. maximus. aculeatus. Rhombus. vulgaris. laevis. Zeug opterus. hirtus Ab. hirtus. hirtus. Solea. Solea. Solea. vulgaris. vulgaris.

Wir fehen hier, daß unſere Fauna, ohne um irgend eine neue Art vermehrt zu ſeyn, mit vielen neuen Namen bereichert

Bey den nach Lin nes Zeit hinzugekommenen Arten iſt der Begruͤnder des Artnamens angegeben.

iſt. Die Abtheilungen Platessa, Hippoglossus, Rhombu Zeugopterus und Solea nennt der Vf. Untergattungen. Abt warum gibt er den anderen Gruppen, welche nach ſeiner eignen Anſicht geringere Bedeutung, als eine Untergattung haben, eigne Namen? Was die Sache noch verſchlimmert,ſiſt, daß die Nomenclatur nicht allein einen ſtarken Zuwachs bekomm 1 hat, ſondern daß die Namen auf willkuͤhrliche Weiſe unte einander gemengt und verändert worden find, Pleur. Liman- da L. nennt der Vf. Limanda vulgaris, und Pleur, liman- doides BI. dagegen Hippoglossoides Limanda. So hat alſo die Linneiſche Art ihren Linneiſchen Artamen v . loren und der letztere iſt einer andern Art in derſelben Linne ſchen Gattung beygelegt worden, und das natuͤrlich bloß, wei der Verf., welcher den neuen Namen Hippoglossoides aufge ſtellt hatte, ſelbſt es anſtoͤßig fand, die betreffende Art Hippo- glossoides limandoides zu nennen. Beſſer würde es doch geweſen ſeyn, wenn der Vf., indem er die neue, von ihm als Hippoglossoides bezeichnete Abtheilung ganz nothwendig fand, ihr einen andern Namen gegeben hätte, und das um fo mehl, da jener Name nach lange verpoͤnten Grundſaͤtzen gebildet wor den if, (Die Gattungsnamen auf oides find nach Linnes Philos. bot. verwerflich. ) . a N Aue

Eben fo wenig, als dieſe Veränderungen zu billigen find, ſcheint dieß auch der Fall zu ſeyn, wenn der Vf. Pl. max. L. Rhombus aculeatus nach Schoneveld nennt und dem PI. Hippoglossus L. den Artnamen maximus beylegt. Ferner halte ich es nicht für überflüffig, zu bemerken, daß es vice noch ziemlich ungewiß ſeyn möchte, welchen Namen Pl. miero- stomus Faber zu behalten habe. In einer ſeltnen ſchwedi⸗ ſchen Schrift (Goͤtheborgſke Selſkabets Handlinger) fand ich eine Schollenart von Hollberg abgebildet und beſchrieben (unter dem Namen Pl. Quenselii, wenn ich nicht irre,) welche ich für identiſch mit Pl. mierost. halten moͤchte.“ Eben fo finde ich es glaublich, daß der Pl. microcephalus der engli⸗ ſchen Fauniſten mit PI. mierost. Fa b. identiſch ſey. 7

Was das neue Subgenus und die kleineren Gruppen bez trifft, welche der Vf. aufſtellt und benennt, ſo wird ihre Dauer natuͤrlich von der Feſtigkeit der Grundlage abhaͤngen, auf wel⸗ cher fie errichtet find, Der Vf. beſchuldigt Cu vier, daß er bey der Schollenfamilie dem Grundſatze untreu geworden ſey, welchen er beym Ordnen der Stachelfloffer befolgt hat, und meynt dieß dadurch zu erklaͤren, daß mehre der nordiſchen Schal lenarten Cuvier unbekannt oder weniger bekannt geweſen ſeyen. Das laͤßt ſich wohl hoͤren; indeſſen hat Cuvier ohne Zweifel den Pl. birtus recht wohl gekannt, ohne ſich doch veranlaßt zu finden, ihn von der Untergattung Rhombus zu trennen. Viel⸗ leicht iſt jedoch dieſe Trennung noch unter den vom Verf. ges machten diejenige, welcher man bey oberflaͤchlicher Betrachtung ſich am Zi geneigt fühlen möchte, zu folgen. Nach Mar⸗ rells Unterſuchungen ſcheint fie aber ganz wegfallen zu müfz

* Auffallend iſt es daher, daß Nils ſon, welcher bey anderen Ge: legenheiten Hollberg citirt, ihn hier mit Stillſchweigen über:

gangen hat. Selbſt, wenn er mit ſich ſelbſt nicht einig wat wohin n Hollberg's Abbildung zu bringen hätte, mochte man . eine Anzeige davon erwartet haben. 7

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fon. Marr. nehmlich ſtellt Abildgaards Pl. hirtus und ganz zu vernichten, welche die binaͤre Nomenclatur der Wiffen- Blochs punctatus als beſtimmt verſchiedene Arten auf und ſchaft verſchaffen ſoll.“

gibt unter den Artkennzeichen an, daß beim erſtern die After—

floſſe und die Bauchfloſſen vereinigt ſind, bey der andern nicht.

Aber, man mag nun beyde fuͤr Varietäten einer Art, oder für Welch ein Freund der Verfaſſer von neuen Namen iſt, ſieht

man unter Anderm daraus, daß er, nach gemachter Bemerkung,

2 deutliche, aber verwandte Arten halten; fo ſcheint es doch kei— man nenne mit Recht die Schollen unſymmetriſche Fiſche im nem Zweifel zu unterliegen, daß das vorzuͤglichſte Kennzeichen Gegenſatz zu den übrigen Fiſchen, vorſchlagt, ee Ga- für die neue Untergattung, und das, welches den Namen stronectae, als entgegengeſetzt gegen Pleuronectae, der Be⸗ Zeugopterus veranlaßt hat, als generiſch verſchwinde. Die n n zu an An ee en

F ; 5 jedenhei ganzen andlung nur dreymal Gelegenheit hat, den Namen übrigen Abtheilungen ſcheinen mir auf ſolchen nn 15 Casironeciae eee eee, ee e zu beruhen, daß man, beym conſequenten urchfuͤhren der Beſchwerde dieſe Benennung hätte weglaſſen konnen. Selbſt Grundſaͤtze des Verf., Gefahr laufen wuͤrde, faſt eben fo viele Abarten gibt er eigene Namen, z. B. nennt er Platessa Pseu- Gattungen als Arten, zu bekommen, und ſonach die Vortheile doflesus eine Abart des Goldbutts.

Hier eine tabellariſche Ueberſicht der Eintheilungsprincipien des Verfaſſers.

Pleuronectes

EN 2 2 2 2 2 2 2 3 2 2 Os 28 8 NEN * S* on nase. 3 8, 2 2 3 2 2 = 2A 2 2 = 2 2 G2 2 SN S. 2 2 = 2 2 S 4 5 N Nee * deer —— . N N, 3 S 7 8 20 2 2 = E. S2 = nn SHE 2 m S 2 2 3 2 E = S ETSIS 3 28 * ; 2 2 3 S 27 238 20 . 2 S 2 2 G = Sur 8 3 2 3 2 EZ 2. * 3 SSS 2 2 =; Se ee ee 2 22 = ER ar? 8 7 F. N . i S Ss S EIS a5 = = 5232353 S See Ses = E = S2 ee S=2 2 = 3 3 3 3 3 3 2 & E E a = 3 = SEN on. 8 &=s we = o 3 3.2 2x a 253 = Ss sea SU Sn, Sun 2 2 3 3 S 88 8 2. Sue lerne & 5 S. 2 » 2 A N = 2 T 2 —=8 = Se Te Eee UNE 3 Sam = G = 39 = > Sr S e A „%% 3 = S S. =. 88 . = 5 3 7 2 = . 3 = . 8 2 a 2 S . 2 23 a = ; 5 8 28 tg & 3 8 3 = = 3 ui * .,“ 3 = ee ler 0 S5 ge 3 E = . S0o58 22,5 e = Serena, 7 3 x mat af3sE 2 . EESET 3 5 Fe Az . . S SS. S 8% = 3 23 S as 5 => | 8 . . S 2 3 PIE © 2 2 55% 22 Ss je 4 3-2 SS 5 OR ee ne . 5 + = S M UN 8 en) EB Eos 8 2 =“ ae] BE S* E 2 ( S r3 r3 ; g 2 8 8 E =} =) 5 8 © 7 [>] 3 + E 92 A = 2 a3 = 2 2 5 = = = 8 S 80 © [7 = * 8 5 x 7 nm =; 2 U u = E 7 2 5 8 1 0 5 a 2 7 7 5

31

Die Gruͤndlichkeit und der Scharfſinn, mit welchen der Verfaſſer die Schollenarten beſchrieben hat, erwecken den Wunſch, von ihm Nachrichten über die Fiſche der Elbe, uͤber die ſelte— nen bey Helgoland vorkommenden Fiſche und über die Suͤß⸗ waſſerfiſche der Herzogthuͤmer zu erhalten, kurz, den hambur⸗ ger Schoneveld renoyatus in dem Altonaer Gottſche zu gewinnen.

IV. Nilsson. Observationes ichthyologicae, 1. Lundae 1835. 16 Pag. in 8vo.

Da dieſe kleine, als academiſche Differtation herausge⸗ kommene Schrift, die als Zugabe zu des Verfaſſers Prodro- mus lchthyologiae scandinavicae betrachtet werden kann, wohl nur wenig bekannt und auch ſchwer zu erhalten iſt, theile ich die Notizen aus derſelben mit, welche hier von Intereſſe ſeyn koͤnnen.

Particula

a. Salmo silus Ascan. Des Verfaſſers Bemerkungen über die ſen Fiſch find beynahe die intereſſanteſten in der Schrift. Nachdem er ſich die Priorität für das Hinfuͤhren von Aſca— nius S. silus und Stroͤm's Blankeſteen zu einer Art vindiciert hat, beweiſt er, daß der in Rede ſtehende Fiſch eine Argentina ſey, und folglich die von Reinhardt vorge— ſchlagene Gattung Silus wegfallen muͤſſe.“ Die Gattung Ar- gentina beſteht demnach jetzt aus 2 Arten: Arg. sphyraena im Mittelmeere und Arg. silus in der Nordſee und dem noͤrd— lichen Kattegate. In Chriſtianiafjord, in welchem dieſer Fiſch nicht ſehr ſelten iſt, heiße er Stroͤmſild (Stromhaͤring). Der Speciescharäcter lautet: Arg. corpore angulato, squamis latissimis, imbricatis, asperrimis, tecto, 7 Individuen von verſchiedenem Alter hatten ſaͤmmtlich 6 Strahlen in der Kie— menhaut, ſo daß dieſe Sache keinem Zweifel weiter unterliegen kann. In des Verfs. Beſchreibung haͤtte man wohl mehrere Ausmeſſungen gewünfcht.

b. Beſchreibung von Coregonus Lavaretus (Prodrom. pag. 15). a ;

o. Von Scopelus borealis, welcher kurz befchrieben wird, finden wir die intereſſante Nachricht, daß er im noͤrdlichen Kat— tegatt vorkomme. Dagegen iſt noch zu ermitteln, ob er wire: lich eine neue Art ausmache, wie der Verf. meynte, indem er ihm den Namen borealis beylegte, oder ob er identiſch ſey mit Scop. humboldtii, wie Parrell annimmt.

d. Einige vergleichende Bemerkungen zwiſchen dem Haͤ— ringe im Kattegatt und in der Dftfee: der Verf. verweiſt das

» Der Verf. verwirft nicht allein den Gattungsnamen Silus, als gegen die bey der zoologiſchen Nomenclatur angenommenen Re: geln gebildet, ſondern auch den Artnamen Ascanii, wobey er ſich auf Oken beruft, qui nomina personarum (11) e se- rie brutorum excludenda existimet. Oken hat ſich gegen die Bildung der Gattungsnamen aus Perſonennamen, aber, ſo viel ich weiß, nicht gegen dergleichen Artnamen erklaͤrt, welche auch binne und andere gute Syſtematiker billigen: Nomina trivialia ad clarissimorum virorum memoriam conservan- dam introducta sancte servanda, fagt Fabricius (Phil. entom. $. 41.), fügt aber zugleich hinzu: hoc unicum et summum laboris praemium caste dispensandum ad imi- tamentum et ornamentum Entomologiae. Nur der Miß⸗ brauch macht ſolche Namen verwerflich.

bey auf eine K. T., Schrift nicht findet.

e. Der Verfaſſer hat an der Kuͤſte von Holland junge

Exempl. von Gadus merlangus mit einer kurzen Hakenſchnur erhalten. }

die fich aber bey meinem Exemplare der

f. Pleur. platessa kommt bisweilen im Kattegatt mit den Augen auf der linken Seite vor. 1

g. Was der Verfaſſer von Pl. Flesus erzählt, daß ſie bis hoch hinauf in die Fluͤſſe ſteigt, iſt lange bekannt und ſteht z. B. in Cuviers Regne animal. In Daͤnemark kommt fie auch in verſchiedenen Binnenſeen vor, welche entweder in Ver⸗ bindung mit dem Meere, oder dieſem ſo nahe find, daß fie bey Ueberſchwemmungen zuweilen mit demſelben zuſammen

fließen.

h. Der Verfaſſer erkennt es jetzt, daß ſein Pl. nigro- manus mit Fabers Saxicola identiſch fen, behauptet aber zus gleich, daß der Artname Nigromanus als der ältere, beybehal ten werden muͤſſe. Dieſe Behauptung iſt ſehr auffallend. bemerkt ſelbſt in ſeinem Prodromus, welcher 1832. erſchien, daß Faber dieſe Art in der Iſis 1828. beſchrieben habe. Wie kann denn Nilsſons Name älter ſeyn? Ja! Ante lu- strum quod excurrit, ſagt er im erwähnten Prodr., hane speciem sub nomine allato descripsimus et in publicis privatisque scholis commonstravimus! N. ſcheint alſo nicht anzuerkennen, daß der Namenstag einer Art in der Zoologie der Tag iſt, an welchem der Name das erſte Mal durch den Dr bekannt gemacht ward. Es iſt leicht zu begreifen, welches Chaos die Zoologie werden wuͤrde, wenn Nilsſons Anſicht bey vielen Zoologen Eingang faͤnde. g

Die Schrift enthält ferner Beſchreibungen von i. Squa- lus cornubicus , k. Petromyzon marinus und J. Gadus aeglefinus. Man würde ſich dem Verf. gemäß mehr verbun⸗ den gefühlt haben fir ausführliche Beſchreibungen verfchiedenet in feinem Prodr. aufgefuͤhrter neuer Arten, z. B. Batrachus borealis, * Salmo ocla, Gadus raptor uſw., als für dieſt unvollſtaͤndigen Beſchreibungen ziemlich (zum Theile ſogar fehr) gemeiner und wohl bekannter Fiſche. Einige Druckfehler, z. B. Pleur. Lincaudam für Pleur. limandam, Gadus äee- lefinus für G. aeglefinus uſw., koͤnnen für Anfänger verwit rend ſeyn. 1

ger

7) S. 388— 391. Prodromus hymenopterologü

scandinavicae, auct. Gust. Dahlbom. Lundae 1833. (104 Seiten und zwey Steindruͤcke). Angezeigt vom Hera geber.

Jeder, welcher ſich mit irgend einem Theil unſerer Fau beſchaͤftigt hat, wird auch Gelegenheit gehabt haben, die tr loſe Armuth unſerer fauniſtiſchen Litteratur in dieſem Jahrhun derte recht tief zu fühlen. Man koͤnnte veranlaßt werden, vie

Valenciennes, welcher Nilsſons Prodr. kennt und bey dern Gelegenheiten citiert, uͤbergeht nicht allein in dem zeichniſſe der Batrachusarten dieſe Art mit Stillſchweigen; dern laͤugnet ſogar in der Einleitung zu dieſer Gattung, es eine europäiſche Batrachusart gebe—

Theile unſerer Fauna mit jenen Urwaͤldern der neuen Welt zu vergleichen , welche nie ein menſchlicher Fuß betreten hat und deren Inneres durch die Strahlen der Wu, nie beleuchtet worden iſt.

| Für den Anfänger, der noch keine Kenntniß von den Huͤlfsmitteln hat, welche fremde Litteraturen darbieten und ſich in den allermeiſten Fällen dieſe Huͤlfsmittel nicht wuͤrde ver, ſchaffen koͤnnen, wenn er ihr Vorhandenſeyn auch ahndete, iſt dieſe große Armuth ſehr abſchreckend. Er wird indeſſen, wenn er nicht den Muth ganz verliert und die Zoologie aufgibt, bald aufmerkſam auf das Surrogat werden, welches er an die Stelle einer original⸗fauniſtiſchen Litteratur zu ſetzen hat. Dieß iſt die ſchwediſche fauniſtiſche Litteratur.

| Wenn es gleich unbehaglich für den Armen ſeyn kann, einen reichen Nachbar zu haben, weil ſein eigener Mangel da— durch nur um deſto augenfaͤlliger und ihm ſelbſt um ſo fuͤhl— barer wird; ſo wird der reiche Nachbar ihm auf der andern Seite auch wieder Huͤlfe und Troſt gewaͤhren koͤnnen. So geht es uns mit der ſchwediſchen fauniſtiſchen Litteratur. Ihr Reichthum gereicht uns zur Demuͤthigung, aber auch zum Tro— ſte. Wer in Daͤnemark daͤniſche Koleopteren beſtimmen will, ſucht Huͤlfe bey Gyllenhalz uͤber Hemipteren und Dipteren heiſchen wir Erlaͤuterung von Fallen, uͤber Orthopteren von Zetterſtedt. Der Anfaͤnger beſtimmt die daͤniſchen Fiſche nach Nilsſons Prodromus, die daͤniſchen Land- und Suͤßwaſ— ſermollusken ebenfalls nach einem Handbuche von Nilsſon und fo weiter.“ Kurz, wir gehen zu des Nachbars Thuͤr, um au leihen, was wir von fauniftifhem Hausrathe bedürfen,

Alle hier genannten und gemeynten Werke ſind freylich nicht gleich trefflich; aber ſelbſt da, wo eine andere Litteratur vorzuͤglichere Werke uͤber einen gewiſſen Zweig unſerer Fauna, als die ſchwediſche, darbieten duͤrfte, muß dieſe doch meiſtens aus andern Gründen ſowohl den Vorzug haben, als auch ins— beſondere in Ruͤckſicht auf die geographiſchen Verhaͤltniſſe. In einem Werke uͤber die Thiere des ſuͤdlichen Schwedens kann man mit Wahrſcheinlichkeit auch die meiſten in Daͤnemark vor— kommenden anzutreffen erwarten, und dieß verlangen wir doch vor allem andern bey unſeren fauniſtiſchen Unterſuchungen.

Auch die Schrift, deren Titel oben angefuͤhrt iſt, hat in Bezug hierauf fuͤr uns ein ſperielles Intereſſe. Der fleißige Verfaſſer hat ſeine Aufmerkſamkeit auf einen Theil der ſchwe— diſchen Fauna gerichtet, welcher weniger bearbeitet war, nehmlich auf die Hymenopteren, *** und beſchloſſen, dieſe ganze, fo

* Die Ornithologie iſt faſt der einzige Theil, welchen man auf⸗ nehmen koͤnnte. Uebrigens vergeſſe man nicht, daß ich nur vom gegenwärtigen Jahrhunderte ſpreche, und daß alſo Müllers au: ßerordentliche Verdienſte hier nicht geſchmaͤlert ſeyn koͤnnen.

* Daſſelbe gilt auch ruͤckſichtlich der Thiere, welche in Verſteine⸗ rungen bey uns vorkommen. Nilsſon, Dalman, Wah⸗ lenberg, Hiſinger müffen uns, fo weit die Umftände es zulaſſen, Hülfe leiſten.

8 Schwediſche Gelehrte, welche vor Dahlbom in dieſem Jahr⸗ hunderte uͤber ſchwediſche Hymenopteren geſchrieben haben, ſind: 1) Fallen: Försök till uppstallning och beskrifning af 855 i Sverige funnene arter af insect-slägted Tenthredo

L. (Vetensk. Acad. Handl. 1807 8.)

Iſis 1841. Heft 1.

34

zahlreiche, fo ausgezeichnet beſchwerliche, aber zugleich fo inter: eſſante Inſectenordnung durchzugehen, ſo weit ſie innerhalb Scandinaviens Graͤnzen vorkommen. Wir haben ſchon einige hierher gehoͤrende monographiſche Arbeiten von ihm, welche theils als academiſche Differtationen erſchienen find. * Da er längere Zeit hiedurch mit daͤniſchen Entomologen (Weſtermann, Drem: ſen) in Verbindung geſtanden und Mittheilungen von dieſen erhalten hat, ſo finden wir in ſeinen Schriften oft Notizen, welche unſere Fauna unmittelbar betreffen, z. B. uͤber das Vorkommen gewiſſer Arten bey uns uſw. Ich gebe hier bloß den Inhalt des Werkes.

1) Ratio operis. 2) Hymenopterorum characteres normales. 4) Conspectus hym. scandinaviae ex ultima serie. 4) Monographia tenthredinidum scandinaviae: a.

Litteratura; b. Familiae tenthred. scand. characteres nor-

males; c. Historia evolutionis; d. Conspectus generum tenthred. scand.; e. Adumbrationes generum, subgene- rum et specierum et fam. Tenthred. scand. 6) Mono-

graphia xiphiuridum scandinaviae. 6) Monogr. siricidum scand. 7) Mon. oryssinorum scand. Monogr. cynipse- arum scand.

Dieß wird, nach des Verfaſſers Angabe, der Innhalt des Werks. Der Theil aber, welcher vor mir liegt, geht nur bis zur achten Gattung der Tenthredinides: Prio- phorus.

Linne kannte kaum über 30 Arten ſchwediſcher Ten- thredinides; der Verfaſſer hat dagegen 270 ſchwed. Arten be— ſchrieben, von denen 140 neu fuͤr Scandinavien ſind, 80 nach

2) Fallen: Försök till uppst. af de i Sverige funnene Hymenopterer. (Vet. Ac. H. 1812.)

3) Dalman: Nagra nya genera och species af insecter. (Vet. Ac. H. 1818.)

4) Försök till uppst. af insect-familien Ptero- malini (Cynipseae Latr.) i synnerhet med af seende pa de i Sverige funnene arter (Vetensk. Acad. Handl. 1820 - 22,

5)

6) Anmärkningar om Ichneumoniderna i all- mänhet. (V. A. H. 1825.)

7) Fallen: Monogr. Tenthredinidum. Sueciae. 1829. durch den Tod des Verf. unterbrochen.

Hierzu findet man noch einzelne Notizen von geringerer Be⸗

deutung uͤber ſchwediſche Hymenopteren hin und wieder in den Vet. Ac. H,

» Die mir bekannten Schriften des Verf. find: Monographia Pompilorum Sueciae, Lund. 1829. 1 Bogen in 8. Mo- nogr. Chrysidum Sueciae, Lund, 1829. 1 Bogen in 8. Exercitationes hymenopterologicae, Lund. 1831. (Ich habe von dieſer Schrift nur 3 Bogen geſehen, weiß aber, daß noch ein Paar Bogen hinzugekommen ſind.) Bombi scandi- naviae, Lund. 1832. 55 S. in 8. und 12. mit ill. Abb. Clavis novi hymenopterorum systematis, Lund, gr. 4. 40 S. und 1 Steindr. mit theils col. Abb. Conspectus tenthredinidum, siricidum et oryssinorum scandinaviae, Hafn. 1835.

Muß wohl Prionophorus heißen, von rel und pe. der Ueberſetzer.

Analecta entomologica. Holm. 1823.

3

35

des Veef. Meynung nicht bloß für Scandinavien, ſondern für die Wiſſenſchaft.

8) S. 392 404. Vermiſchtes (Berichte über verſchie— dene neue Entdeckungen in der Zoologie und Phyſiologie; jetzt nichts Neues mehr enthaltend.).

9) 404 415. Anzeichnungen und Bemerkungen zur daͤniſchen Fauna; vom Herausgeber.

a) Mysis fleuosag.“ Scheint von Müller nur ein⸗ mal im Sunde gefunden worden zu ſeyn, und von keinem daͤ⸗ niſchen Schriftſteller nachher wieder. Im Anhange zu John Roß's zweyter Nordpolreiſe wird behauptet, daß ſie in den europäifhen Meeren ſparſam vorkomme (Wiegmanns Archiv, 1836. Bd. 1. S. 295). Herr Kroͤyer aber hat ſie an vie⸗ len Stellen der daͤniſchen Kuͤſten gefunden, und ſie ſcheint dort uͤberall und in großer Menge vorzukommen. Auch tief in die Oſtſee ſcheint dieſer Krebs zu dringen, denn Sie bold habe eine Mysis bey Danzig gefunden. Er lebe ſowohl im Brack⸗ als im ſalzigen Waſſer, halte ſich gern in großen Schaaren zuſammen uud gehe an flachen Küften ganz tief ins Land.

„Die Abbildungen in der Zool. dan. (Taf. 66.) zeigen folgende Unrichtigkeiten:

= Das Kopfbruſtſtuͤck iſt nicht getrennt vom Hinterkoͤrper,

und die Ringe des letztern ſind nur auf der Unterflaͤche angedeutet, obgleich ſie ſich auch auf der obern Flaͤche deutlich zeigen.

Die Zahl der Fuͤße iſt zu groß (wenigſtens kann ich nicht anders ſehen, als daß die Abbildung 7 Paare zeigt, außer den Kaufuͤßen); ferner ſind die 3 letzten Paare als einfache abgebildet. Das Ruder, an der innern ſowohl als äußern Fußreihe, hat zu viele Glieder, da dieſe in der Natur bey der erſtern 15 16, bey der letztern 7 bis 8 nicht zu uͤberſteigen ſcheint.

3) Der Enddorn der Fuͤhlerſchuppe iſt in der Natur nicht durch einen fo tiefen Einſchnitt getrennt, wie ihn die Fi- gur angibt.

4) Die beyden Dornen, welche M. am Schwanzblatt abge— bildet hat, ſind viel zu lang und muͤßten weiter gegen die Seiten hin ſitzen, da ſie nichts anderes ſind als eine Fortſetzung der Dornenreihe, welche ſich längs dem aͤußern Rande des Blattes findet.

Daß M. flex. und die groͤnlaͤndiſche M. oculata ſpecifiſch verſchieden ſeyen, leidet keinen Zweifel.

Leachs N. spinulosa und Müllers Canc. flexuosus

2

* Man pflegt gewoͤhnlich Myeis flexuosus zu ſchreiben, aber die Alten brauchten Mysis als Frauenzimmernamen (fo z. B. Te⸗ renz in ſeiner Audria).

S. Müllers Arch. f. Anat. c. J. 1837, S. 433, Mysis vul- garis. Bey Greifswald iſt ebenfalls eine Mysis, und zwar in der See ſowohl als im Ryckfluſſe, von Greplin verſchiedene

Male gefunden worden. Anm. d. Ueberſ.

ſcheinen identiſch;

2 a 36

fo wie Fabricius C. ocul. und Leachs Nur ein Umſtand ſetzt mich hier in Veclegen⸗

M. fabrioii. heit: bey keinem der vielen von mir microſcopiſch unterſuchten Exemplaren von M. ocul. fand ich die dritte, kurze, ſchuppen⸗ foͤrmige Vorſte an den oberen Fuͤhlern, welche bey M. flex fo deutlich iſt nnd die Desmareſt auch von M. fabri Leach. abbildet. Was ich dagegen von Fabr. Cancer pedatus ſagen ſoll, welcher auch eine Mysis iſt, weiß ich nicht, Keiner, nach F., ſcheint ihn geſehen zu haben, obgleich er „„Stupenda multidudine““ vorkommen ſoll. Sollte es eine beſondere Art ſeyn?“

b) Lepas cygnea Spengler. (Lep. anatifera w Tab. 47. Anatifera vitrea Lmck. 2) *

Von den 8 in Müllers Prodromus (Nr. 3022— 8030) | angeführten Lepaden gehören 3 zur Abtheilung Anatifera Br. | oder den Cirripedia pedunculata, nehmlich: L. (Pollieipes) | scalpellum, L. anatifera und L. (Otion) aurita, Aber keine derſelben konnte man mit Sicherheit zur daͤniſchen Fauna auf Müllers Auctoritaͤt ſtellen. L. scalp. hat er vermuthlich nach Linne aufgenommen, welcher meldet, ein gewiſſer Martin habe ſie ihm aus dem norwegiſchen Meere gebracht, ohne naͤherer Umſtaͤnde zu erwaͤhnen. Abildgaard gibt zwar im dritten | Hefte der Zool. dan. eine Abbildung (Taf. 94.) von Pollie. scalp. nach Muͤllers Zeichnung, ohne aber den Aufenthaltsort zu wiſſen. Er meynt nur im Allgemeinen: in Sertularüs maris septentrionalis plerumque invenitur parasitica. L. anatif. kann man bey uns oft genug unter dem Boden der Fahrzeuge ſammeln, welche aus dem Mittelmeere oder ſonſt von weiten Reiſen kommen; aber in ſolchen Fällen gehört fie unſerer Fauna nicht an; Müller ſcheint fie auch bloß als nor⸗ wegiſch und islaͤndiſch anzufuͤhren. Lep. aurita findet ſich im Polarmeere auf Wallfiſchen und kann alfo nicht zur daͤni⸗ niſchen Fauna gerechnet werden, wenn nicht in fo fern], als fie vielleicht bisweilen zufällig auf einem bey uns geftrandeten Wallfiſche gefunden wurde, wovon ich aber noch kein Bey: ſpiel weiß. 5

Einige Jahre nach der Herausgabe von Müllers Prodros mus lieferte Spengler eine Monographie der linneiſchen Gat⸗ tung Lepas (Naturhiſt. Selſk. Skr. Bd. 1. H. 1. [1790 S. 158 f.); er intereſſierte ſich aber nicht für unfere Fauna, und es wird in der Abhandlung keiner Anatifera, als an den daͤniſchen Kuͤſten vorkommend, erwaͤhnt.

Indeſſen beſitzt das daͤniſche Meer wohl wenigſtens eben fo viele Arten der Abtheilung Anatifera, wie Miller angibt, wenn auch nicht eben alle dieſelben Arten. Lep. cygn,, wel⸗ che Sp aus der Nordſee in der Naͤhe von Bergen erhalten

Sonderbar iſt es, daß im Ften Hefte von Aſcanius Icones,

welches 1805 heraus kam, auf Spenglers Abbildung und Bes | ſchreibung von 1790. gar keine Ruͤckſicht genommen wird. Lamarcks Diagnoſe ſcheint es annehmlich zu machen, daß ſeine A. vitrea identiſch mit Lep. cyan, ſey; da er aber nicht auf die Figuren von Liſter, Seba und Ellis verweiſt, wie Sp. thut, und überall kein aͤlteres Gitat zu dieſer Art hat, fo i | ſcheint er feine Art Vitrea als ganz neu angeſehen zu haben. Ich erlaube mir demnach keine eigne Meynung hieruͤber in die ſem Augenblicke. 3

37

hatte und für fo felten hielt,“ iſt an einigen Stellen der juͤdlaͤndiſchen Kuͤſte aͤußerſt häufig.

Im Kattegat habe ich, obgleich nur ein einziges Mal, ein einziges Individuum eines vielleicht neuen * Pollicipes Leach, an einer Aſcidie, und Philippi hat bey Helgoland Anatif. laevis Brug. (Lep. anatif. L.) + gefunden, welche ſonach ohne Zweifel auch an unſerer Kuͤſte nicht fehlen wird, wenigſtens nicht an der Weſtkuͤſte, der Herzogthuͤmer, obzwar ich ſie hier nicht gefunden habe.

Im Julius 1836. wurde ich auf einer Reiſe laͤngs der juͤdlaͤndiſchen Nordweſtkuͤſte aufmerkſam auf einen weißen Guͤr— tel, welcher der Kuͤſte, ſo weit man ſehen konnte, folgte. Die— ſen fand ich bey der Unterſuchung ganz allein aus Individuen der Lep. cygnea beſtehend. Ich möchte fie an Menge den Blaͤttern vergleichen, welche im Herbſte die Erde in einer Bu—

chenallee bedecken, verfolgte den Gürtel etwa 4 Meilen weit, kann aber, weil ich danach den Strand verließ, nicht angeben, wie weit er von dort noch gieng. ++ Viele Individuen waren vertrocknet und ſchienen den Strand ſchon laͤngere Zeit hindurch bedeckt zu haben; viele andere dagegen lebten und aͤußerten dieß durch ununterbrochenes Vorſchieben und Zuruͤckziehen der Arme (welche bey dieſen Thieren wohl mit dem Athmen im Zuſam— menhange ſtehen 2).

Im Kattegat habe ich nur ein einziges Mal dieß Thier erhalten, nehmlich bey Hirtsholm, wo man es als ſehr ſelten betrachtete. Auch bey Aalbaͤck ſoll es zu ſeiner Zeit ans Land geworfen werden, beſonders im Herbſte, bey Unterſoͤ, woraus man ſchließt, daß es ſich weit hinaus in der Tiefe der See aufhalte. Wenn es bey Aalbaͤck ausgeworfen wird, ſo pflegen viele andere Gegenſtaͤnde, wie ſie das Meer verbirgt, mit her— aufzukommen, unter andern auch Bernſtein.

Was die Anheftung dieſer Thiere betrifft, fo iſt es be— kannt, daß die balanusartigen Cirripedien ſich nicht allein an Klippen und Steine ſetzen, ſondern auch verſchiedene andere, ſelbſt nicht große Thiere, als Schildkroͤten, Hummern, Taſchen— krebſe ufiv.; ſogar Exemplare von Inachus scorpio, welche kaum 1“ groß waren, habe ich mit ziemlich großen Balanen ſo bedeckt gefunden, daß ihre Maſſe die Krabbe ganz verdeckte und ihr in ihren Bewegungen aͤußerſt hinderlich wurde. Etwas aͤhnliches findet auch bey den geſtielten Cirripedien Statt; Lep. cygn, habe ich indeſſen meiſtens an unſeren Blaſentang gehef—

» Was Sp. veranlaßte, Grönland und Spitzbergen als ihre rechte Heimath anzuſehen, iſt mir unbekannt; daß dieſe Annahme in⸗ deſſen unrichtig iſt, iſt gewiß.

* Unter der Vorausſetzung, daß die angeführte Abb. in der Zool. dan. genau ſey, woran ich jedoch mit Abildg aard ſehr zweifle. .

+ Wiegmanns Archiv, 1836. Band 1. ©, 233, wo er ein Verzeichniß der bey Helgoland vorkommenden Weichthiere gibt.

Ohne im Mindeſten andeuten zu wollen, daß der Guͤrtel ſich ſo weit erſtreckt haͤtte, will ich hier bloß bemerken, daß ich an den Strand bey Agger auch Lep. cygn. geworfen fand, doch lange nicht in ſo großer Menge, wie an jener Stelle, welche ſich zwiſchen Skagen und Hirtsholm und noch etwas mehr ſuͤd⸗ lich, befand.

tt

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tet gefunden, und nie an Thieren, dagegen aber bisweilen an ſo zerbrechlichen, kleinen und leichtbeweglichen Koͤrpern, daß man ihnen ein herumziehendes Leben zuſchreiben muß. Ich fand ein Paar Individuen auf einer Moͤvenfeder, und es kam mir hoͤchſt merkwuͤrdig vor, daß, ungeachtet dieſe Individuen erwachſen waren, die Federn eine ſolche Friſche und Unverſehrtheit beſa— ßen, als wenn ſie kuͤrzlich erſt aus den Fluͤgeln der Moͤve ge— riſſen worden waͤren. Ob man daraus ſchließen darf, daß Lep. eygn. ſehr ſchnell auswachſe? Ich neigte mich noch mehr zu dieſer Vermuthung, als ich andere erwachſene Individuen auf kleinen Fichtenholzſplittern von ganz friſchem Ausſehen fand. Cineras vittatus habe ich an Thieren beveſtigt gefunden, welche ſogar kleiner waren, als ſie ſelbſt, nehmlich einer neuen Cecrops-Art (Ceer. muricatus Kr.), die ich im naͤchſten Hefte beſchreiben werde; bisweilen ſaßen mehrere Individuen auf einem Cecrops.

c. Helix (Caracolla) lapicida L. Der Verfaſſer fand im Fruͤhjahre 1836. in dem die Weſtkuͤſte von Hindsholm bes deckenden Geroͤlle unter jedem groͤßern Steine recht auf der Graͤnze des Geroͤlles und der anſtoßenden Wieſen eine groͤßere oder kleinere Anzahl dieſer Schnecken, in der Regel aber nicht unter kleineren Steinen, oder ſolchen, die nicht auf jener Graͤnze lagen. Fruͤher hat er ſie nirgends gefunden und fuͤr ſehr ſel— ten in Daͤnemark gehalten.

d. Aneylus fluviatilis Muell. Häufig in Baͤchen auf Bornholm; vom Verfaſſer beſonders in großer Menge an Stuͤ— cken von Alaunſchiefer im Billegravsbache gefunden. Nach Mit— theilung von Steenſtrup kommt ſie auch auf Seeland in einem Baͤchlein unweit Fax vor (Anc. Lacustris M. hat der Verf. in den Stadtgraͤben von Kopenhagen gefunden).

e. Paludina vivipara Lam. Von Müller eben fo wenig, wie Ancylus fluv., aus Dänemark angeführt, Der Verfaſſer kennt nur eine, aber bemerkenswerthe Aufenthaltsſtelle derſelben, nehmlich in Randersfjord gerade aus nach dem Uggle— huſe und Stoͤvringgaard-Kloſter, wo das Waſſer, wenigſtens bey gewiſſen Winden, brack ſeyn muß. Sie ſoll auch im noͤrd⸗ lichen Seeland in einem Teiche bey Hellebaͤk vorkommen.

f. Doris quadrilineata Muell. Von M. in den nors wegiſchen Buchten gefunden, findet ſich auch im noͤrdlichen Kattegat in großer Menge. Sars berichtet (Beſkriv. og Jagttag. S. 68), daß das Thier außerordentlich in der Farbe variiere, und daß D. cornuta (Zool. dan. Taf. 145.) nur eine Varietaͤt derſelben ſey. Dieß Variieren ſcheint weniger ruͤck— ſichtlich des Kattegats zu gelten; der Verf. hat das Thier wer nigſtens immer ſo angetroffen, wie M. es abgebildet hat. Im Weingeiſte verliert das ſchoͤne Thierchen ſeine Farben gaͤnzlich.

g. Aaljunge, 2— 3“ lang, in Menge ruhig im Grund-Sande eines ſich ins Meer ergießenden Bachs bey un— gewoͤhnlich kalter und ſtuͤrmiſcher Witterung zu Anfange des Mays 1836.

h. Cyprinus farenus, ein daͤniſcher Fiſch. Häufig genug auf Seeland, z. B. im Lyngby-See, in großer Menge im Nivaa uſw. Bemerkenswerth iſt, daß er ſich auch im noͤrd— lichſten Theile des Sundes findet.

i. k. Kurze litterariſche Anzeigen, hier ohne Intereſſe.

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Schilderung .

mehrerer Ausflüge nach Brinnis bey Delitzſch, 4 Stunden von Leipzig, in zoologiſcher, vorzüglich ornithologiſcher Hinſicht von Brehm.

Am 20. April 1834. reiſte ich von hier nach Brinnis und zwar, um meine Beobachtungen deſto beſſer machen zu koͤnnen, zu Fuße ab. Es war ein ſchoͤner Morgen, und die Sonne eben in ihrer ganzen Pracht aufgegangen. Die Edelfinken ſchlugen herrlich um Renthendorf in den Thaͤlern, durch welche ich kam; die Gruͤnlinge und Goldammer ließen ihren einfachen Geſang hoͤren; die Hausſperlinge trugen zu Neſte, die Feldſperlinge krochen in ihre Neſtloͤcher, um fuͤr Eier und Junge ein weiches Lager zu bereiten. Die ſchwefel—⸗ gelben Bachſtelzen, Metaeilla sulphurea Bechst., ſaßen an den Baͤchen und auf den Zweigen der Erlen und Weiden, und brachten die Haupttoͤne ihres ohnehin einfachen Geſanges hervor. Den ganzen Geſang hoͤrte ich dieſen Morgen nicht; er wird uͤberhaupt ſehr ſelten vollſtaͤndig, und oͤfter von den Jungen im Herbſtkleide, als von den Alten im Fruͤhjahre vor— getragen. Auf den Bergen ergoͤtzten die ſchoͤnen Haidelerchen das Ohr der Menſchen und ihrer bruͤtenden Weibchen durch ihre herrlichen Triller, und die Felder erklangen von dem lieb— lichen Geſang der zahlreichen Feldlerchen, welche unter man— cherley Neckereien mit ihren Weibchen herumflogen, ſich nieder— festen und in die Luft emporſtiegen. Die weißen Bachſtel— zen ſaßen in den Dörfern und an den Teichen groͤßtentheils paarweiſe, und trugen Halme und Haare zu ihren Neſtern; nur von wenigen Paaren ſah ich die Maͤnnchen allein, welche ſich in der Naͤhe ihrer bruͤtenden Weibchen aufhielten.

In der Naͤhe von Renthendorf ſah ich ein Thurm— falkenmaͤnnchen, welches unverwandt nach einem andern Baume hinblickte, und ſo ſorglos war, daß ich mich ihm ſchuß— gerecht nähern konnte, ohne daß es ſich entfernte. Dieſe Zahm— heit wurde mir bald erklaͤrlich; denn als es mit Geſchrey auf— flog, erhob ſich auch ſein, auf einem andern Baume ſitzendes Weibchen; es hatte nur auf dieſes ſeinen Blick gerichtet, und war durch ſeinen Liebestaumel ſo ſorglos geworden, daß es ſein Leben leicht haͤtte einbuͤßen koͤnnen, wenn ich ein Gewehr zur Hand und feindſelige Abſichten gehabt haͤtte. Ja es ſpottete meiner fo ſehr, daß es ſich nach dem Auffliegen bis auf 30 Schritte uͤber mir herabſenkte und ſich ſo gegen den Wind ſtellte, daß es veſt auf einer Stelle blieb. In der Naͤhe von groͤßern Waldungen hörte ich das durchdringende Hiaͤh eines Mäufe: buſſards, welcher ſchwebend uͤber den Fichten herumflog, wahrſcheinlich, um ſein bruͤtendes Weibchen zu vergnuͤgen, oder ſich ſelbſt durch dieſe bequeme Luftwanderung daß es bey ihr nicht auf Beute abgeſehen war, bewies die bedeutende Hoͤhe, in welcher ſie ausgefuͤhrt wurde eine Freude zu machen. Die Walder ertoͤnten von dem herrlichen Geſang der Ring— broffeln, dem ſchwermuͤthigen Flöten der Schwarzam— ſeln, dem muntern Rufen, Singen und Zwitſchern der Kohl— (Parus major), Tannen-, Hauben-, Sumpf- und ein⸗ zelner Blau- und Schwarzmeiſen, der Goldhaͤhnchen und Baumlaͤufer, dem munteren Schlagen der Edelfin— ken und einzelner Baumpieper, den einfachen Toͤnen der grauen und den lieblichen der Fitislaubfaͤnger, dem ſtar— ken Geſange des Zaunkoͤnigs und dem einfachen des ſchie— ferbrüftigen Flüevogels. Unter dieſen Stimmen vernahm man das ſtarke Rufen des Gruͤnſpechtes und das Schnurren

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des großen Buntſpechtes er bringt es bekanntlich durch das ſchnelle Hacken auf einem duͤrren Aſt hervor wie die pfeifenden und in regelmaͤßigen Zwiſchenraͤumen herabſteigenden Toͤne des Grauſpechts. Bey dieſen mancherley und manch⸗ faltigen Tönen erklangen die ſtarken Bäffe der Rabenkraͤhen und das laute Geſchrey der Elſtern. Von Renthendorf nach Gera bemerkte ich ein einziges Paar Kolkraben, welches hoch uͤber einem Berge herumſchwebte, um fuͤr die Jungen, welche wahrſcheinlich ſchon groß waren fie fliegen oft in dem erſten Viertheile des May aus Futter zu erſpaͤhen. In einem kleinen Nadelwalde, eine Viertelſtunde von Renthendorf, erregte das laute Schreyen der Holzheber meine Aufmerkſamkeit. Es war eine Geſellſchaft von 3 Stuͤck, 2 Maͤnnchen und 1 Weibchen. Die Maͤnnchen kaͤmpften erſt, auf einem Baume ſitzend, um den Beſitz des Weibchens, welches ſich ganz leidend verhielt; deſto thätiger waren die Männchen, Sie ließen nicht nur ihre laute Stimme hoͤren, ſondern fuhren auch aufeinander los, und ſuchten Einer den Andern durch Stoͤße und Biſſe zu vertreiben. Sie ſtraͤubten dabey die Kopffedern, und machten merkwuͤrdige Bewegungen. Endlich entfernte ſich das Weibchen nach einem andern Theile des Nadelwaldes; ſogleich folgten die beyden Maͤnnchen unter ſonderbarem, faſt wie Prah krah klingendem Geſchrey und ſtrichen hoch durch die Luft hin, bis ſie den Augen entſchwanden. .

. In der Nähe von Tautendorf, 1 Stunde von Renthen⸗ dorf, ſah ich zu meiner Verwunderung ein Paar Waſſerhuͤh⸗ ner, Fulica atra, auf einem von Kiebitzen bewohnten ſehr grasreichen Teiche, wo in 15 Jahren keine bemerkt worden waren. Sie ſchwammen ganz vertraulich neben und hinter ein⸗ ander und tauchten von Zeit zu Zeit unter, um ihre Nahrung vom Grunde heraufzuholen. Allein ſie ſchienen ihre Rechnung auf dieſem Teiche nicht gefunden zu haben, denn bey meiner 14 Tage ſpaͤter erfolgten Ruͤckkehr waren ſie verſchwunden. Die Kibitze waren, wie gewoͤhnlich, ſehr munter; ſie flogen An⸗ fangs paarweiſe, ſpaͤter in Geſellſchaft um den Teich und uͤber denſelben mit ihren gewöhnlichen Schwenkungen, ihrem Fluͤgel⸗ rauſchen und widrigen Geſchrey herum; ſtießen nach mir, als ich mich ihrem Neſtplatze naͤherte und ſuchten mich von dem⸗ ſelben wegzulenken. Ich werde ſpaͤter ein Beyſpiel anfuͤhren, welches die ungewoͤhnliche Klugheit dieſer Vogel in das hellſte Licht ſtellen wird. Sie wiſſen nehmlich mit großer Sicherheit den mit einem Schießgewehr verſehenen von dem einfachen Wan⸗ derer zu unterſcheiden; denn während fie ſitzend den Letztern oft auf Schußweite ankommen laſſen und ſich ihm im Fluge zu⸗ weilen auf 20, ja auf 15 Schritte naͤhern, ſind ſie gegen den Erſtern ſtets, ſelbſt bey den Eyern und Jungen ſcheu und oft ſo vorſichtig, daß ſie nur mit einem guten, d. h. weit tragen⸗ den Gewehr erlegt werden koͤnnen. Da ich unbewaffnet war: waren fie wenig furchtſam und kamen ziemlich nahe herbey. Die ganze Geſellſchaft beſtand aus etwa 12 Stuͤck. Als ich durch die Nadelwaͤlder gieng, hoͤrte ich auch das mir angenehme Ruckſen der Ringeltauben, von denen ich ſpaͤter einzelne auf die Felder fliegen ſah. Die Turteltauben, deren Gir⸗ ren mich immer ſehr ergoͤtzt, bemerkte ich nicht. Dagegen hörte ich einen in dem Muͤnchenbernsdorfer Walde balzenden Birk: hahn an einer Stelle, an welcher in andern Jahren keine anzutreffen war. Er kollerte, obgleich die Sonne ſchon ziemlich hoch ſtand, ſo laut, daß ich ſein Balzen ganz deutlich vernahm, ob ich gleich wenigſtens 12 bis 15 Minuten weit von ihm ents

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fernt war. Ich werde ſpaͤter in dieſen Blättern ein Beyſpiel von einem Birkhahne anfuͤhren, welcher, obgleich in großer Hitze, ſo leiſe balzte, daß man ſein Kollern nur 200 Schritte weit hoͤren konnte.

Da ich in den letzten Tagen vor meiner Abreiſe mehrere Blaukehlchen im Rodathale erlegt und erhalten hatte: hoffte ich auch auf dem Wege nach Gera eins und das andere zu ſehen. Ich wählte deswegen den Weg uͤber Schoͤna, weil un: terhalb dieſes Ortes ein durch Wieſen laufender, mit Erlen: und Weidengebuͤſch eingefaßter Bach fließt, an welchem ich dieſe lieben Voͤgelchen mit Wahrſcheinlichkeit vermuthen konnte; allein ich hatte mich geirrt. Entweder war ihr Zug ſchon voruͤber er dauert zuweilen nur 8 Tage oder ſie treffen dieſen Bach nicht auf ihrer Wanderung, welche allerdings an ganz beſon— dere und beſtimmte Wege gebunden iſt. In der Gegend mei— nes Wohnorts iſt es das Rodathal mit den in daſſelbe einmuͤn— denden Nebenthaͤlern, wo ſie im Fruͤhjahre erſcheinen, etwas davon entfernt kommen ſie ſelten vor und in Laußnitz bey Neu— ſtadt an der Orla, wo ich 3 Jahre lang Hauslehrer war, habe ich ſie nur an einem Teiche mitten im Dorfe gefunden und er⸗ legt, an den 29 andern Teichen des Laußnitzer Reviers aber vergeblich geſucht. Dieß Mal traf ich auch an 2 mit Schilf bewachſenen Teichen, zwiſchen dem oben genannten Bache unter Schoͤna und Gera, kein Blaukehlchen an.

ö In der Naͤhe der Elſter, unter Gera, ſah ich immer noch die ſchwefelgelbe Bachſtelze und hörte in den Na— delwaͤldern zwiſchen Koͤſtritz und Zeiz die meiften oben angefuͤhr— ten Voͤgel unſerer Nadelwaͤlder. Oberhalb Zeiz und ganz nahe bey der Stadt bemerkte ich jenes liebe Thierchen noch, aber unterhalb dieſer Stadt nicht mehr. Hier geht eine von der unſrigen verſchiedene Gegend an. Ich werde weiter unten zei— gen, daß die Feldlerchen, die Goldammer, die Haus— ſperlinge und viele andere von den hier lebenden Vögeln ver— ſchieden ſind. In der Aue bey Zeiz findet man die Fliegen⸗ faͤnger mit weißen Fluͤgelflecken, die verſchiedenen Subspecies von Muscicapa atricapilla et muscipeta L. bruͤtend, welche hier nur auf der Wanderung erſcheinen. Dieſe Fliegenfaͤnger bewohnen auch die ſchoͤnen Eichenwaͤlder um Leipzig. In dieſer Stadt beſuchte ich die Menagerie des Herrn van Aken, in welcher ich 2 Jahre ſpaͤter den in dieſen Blaͤttern beſchriebenen Vultur eristatus L. und ein Paar herrliche Sarcoramphus eondor ſah, dieſelben, von denen mein leider zu früh verſtor— bener Freund von Gourey-Droitaumont eine ſehr aus— führliche und anziehende Beſchreibung gegeben hat. Ich werde weiter unten bey der Schilderung eines im Julius 1840 nach Leipzig und Dresden gemachten Ausfluges auf die Condors zu— ruͤckkommen und dort auch von den lebenden, die ich bey Aken ſah, mehr ſagen. Beſonders merkwuͤrdig waren mir mehrere Schafe aus Candia, welche von dem Beſitzer der Menagerie als Mufflons (Ovis musimon) aufgefuͤhrt wurden. Sie waren merklich kleiner als unſere gewoͤhnlichen zahmen Schafe, von verſchiedener Farbe es waren ſchwarze und geſchaͤckte unter einander und ſehr verſchiedener Groͤße; denn es befanden ſich ein Paar faſt einjaͤhrige Laͤmmer unter ihnen. Sie hatten mit unſern zahmen Schafen ſehr große Aehnlichkeit in Geſtalt, Wolle und Farbe, im Betragen, in der Stimme und in ihrem ganzen Weſen, und wichen alſo von den Mufflons Sardiniens, wie ſie Cetti beſchreibt und abbildet, ſo ſehr ab, daß ſie nicht Iſis 1841. Heft 1.

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ein und dieſelbe Art mit ihnen ausmachen koͤnnen. Ein ſchoͤnes Lama, ein ſehr zahmer Tiger und andere, oft ſchon geſehene reißende Thiere zogen von Neuem meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Die 3 verſchiedenen Subspecies Loͤwen aber, welche ich früher in Leipzig ſah, nehmlich Leo Asiaticus, barbarus und meridionalis (der letztere dem ſuͤdlichen Afrika eigenthuͤmlich) ihre Beſchreibung iſt vor mehrern Jahren in dieſen Blaͤttern gegeben, und in ihr gezeigt worden, daß ſie ſich nicht nur durch Groͤße und Farbe, ſondern auch hauptſaͤchlich durch die Maͤhne unterſcheiden fand ich nicht mehr vereinigt, ſo ſehr ich auch gewuͤnſcht haͤtte, ſie noch einmal zuſammen zu ſehen; denn man mag ſolche Verſchiedenheiten benennen und erklaͤren wie man will, ſie ſind hoͤchſt merkwuͤrdig, und keine zufaͤllige, ſondern regelmaͤßige Erſcheinungen. [Der Herr Profeſſor Dr. Kunze in Leipzig hatte die Güte, mir die Sammlung der naturfor⸗ ſchenden Geſellſchaft in Leipzig zu zeigen. Das Merkwuͤrdigſte, was ſie von Voͤgeln enthielt, war ein Condor, welchen Herr Poͤppig aus Chile geſchickt hatte. Bey Herrn Franke ſah ich einige recht huͤbſche Sachen, ſchoͤne Paradiesvogel, Papa: geien, Geier, Argusfaſane, Leierſchwaͤnze und dergl.

Bey Leipzig traf ich zuerſt die mir intereſſanten Hau⸗ benlerchen, Galerida (alauda) cristata Boje, an. Sie halten ſich vorzugsweiſe an der Berliner Straße nach Eutriſch hin auf und ich werde ſpaͤter auf ſie zuruͤckkommen. Der Ziel⸗ punct meiner Reiſe war Brinnis bey Delitzſch, dem Mohn: orte meines fuͤr ſeine Gemeinden, ſeine Freunde, beſonders aber für die Seinen viel zu früh verſtorbenen er entſchiief am 1. April 1840. Schwiegervaters, des Paſtors Reiz. Zu— erſt muß ich etwas uͤber die Umgebungen des Dorfes bemerken. Es liegt 4 Stunden hinter Leipzig in der großen Ebene, welche dieſe wichtige Handelsſtadt umgibt. Auf der Seite nach Leipzig hin wird es von Feldern eingeſchloſſen und bietet wenig Merk: wuͤrdiges dar; nicht ſo auf der andern und zwar entgegengeſetz— ten Seite. Hier umgeben es Laubwaͤlder und zwar von der ſchoͤnſten Art. Sechzig bis achtzig Ellen hohe, 3 bis 4 Fuß im Durchmeſſer haltende Eichen heben ihre ſtolzen Haͤupter uͤber das Unterholz, welches aus Buchen-, Ulmen-, Seilweiden⸗, Masholder-, Haſel-, Aſpen-, Fa ulbeer- und andern Straͤuchern beſteht, empor. Der Boden iſt zum Theil feucht, hin und wieder von traͤgfließenden, im Sommer austrocknenden Baͤchen durchſchnitten, Überall aber fo fruchtbar, daß ich auf den Schlaͤ— gen Reiſer von Aſpen geſehen habe, welche in einem Jahre 9“ ſage neun Fuß Leipz. Maaß boch gewachſen waren. Der Wuchs der uͤbrigen Holzarten ſteht mit dieſem ſchnellen Treiben der Aſpen im Verhaͤltniſſe; denn die Haſelgerten des erſten Jahres waren 8“, die Schoͤßlinge der Ulmen 7“ hoch ic. Neben dieſen Waͤldern, deren Unterholz an manchen Stellen fo dicht verwachſen iſt, daß man im Sommer nicht hindurchdrin— gen kann, und deßwegen einer Menge von Voͤgeln einen ganz herrlichen Aufenthaltsort darbietet, ziehen ſich fruchtbare Felder und grasreiche, zum Theil mit Waſſergraͤben durchſchnittene oder begrenzte, an vielen Stellen mit einzelnen Weiden, Pap⸗ peln und Erlen oder ganzen Reihen dieſer Baͤume bewachſene Wieſen hin, welche nach der Trockenheit oder Naͤſſe des Som— mers mehr oder weniger feucht find. Am obern Ende de: größten, 4 Stunde langen Wieſe befand ſich im Jahre 1834. ein kleiner, etwa 500 Schritte langer und 200 —300 Schritte breiter Kiefernwald, in welchem auf ſehr trocknen Boden ziemlich hohe und ſehr ſchlanke Kiefern ſtanden.

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Dieß iſt die Beſchaffenheit der Gegend, deren Erforſchung in ornithologiſcher Hinſicht mir um ſo angenehmer ſeyn mußte, je mehr fie von der meines Wohnortes abweicht. Ich vermus thete in ihr auch andere Subspecies, als die hieſige darbietet, und der Erfolg wird zeigen, daß ich mich nicht taͤuſchte.

Am 29. April (1834.) machte ich den erſten Ausflug. Eine Unzahl von Hausſperlingen begruͤßte mich im Dorfe und in den daſſelbe umgebenden Gaͤrten. Sie trugen Halmen und Federn zu Neſte und benutzten zu Bruͤtloͤchern nicht nur alle paſſenden Hoͤhlungen in den Haͤuſern, Scheunen und Staͤl— len, ſondern machten ſich auch ſelbſt ſolche Loͤcher zurecht. Sie krochen nehmlich in die Strohdaͤcher, und zwar ſo tief hinein, bis man ſie nicht mehr ſah. So entſtand eine kleine Oeffnung, welche immer von Neuem erweitert wurde, bis ſie innwenbig, bey kleinem Ausgangsloche, ſo viel Umfang erhielt, daß ein Sperlingsneſt darinn Platz findet. Sie waͤhlen dazu ganz be— ſonders dicke, ziemlich alte Strohdaͤcher; denn die duͤnnen bieten dem Neſte nicht genug Raum dar, und die neuen haben ein zu veſtes Stroh, als daß ſie in ihm die Neſter bequem anbrin— gen koͤnnten. Ich vermuthe, daß ſie innwendig, um dem Neſte den ihm noͤthigen Raum zu verſchaffen, das muͤrbe Stroh ab— beißen und auf die Seite ſchieben. Ein ſolches Dach enthaͤlt oft viele Sperlingsneſter, und ſieht aus, als wenn Jemand mit einem dicken Stocke lauter Loͤcher hinein geſtochen haͤtte. Dieſe Neſter ſind ſehr verborgen und oben durch das uͤber ihnen lie— gende Stroh vollkommen gegen den Regen geſchuͤtzt. Ich hatte ſie ſchon fruͤher, aber nirgends in ſolcher Anzahl, wie hier ge— ſehen.

Vor dem Dorfe waren die Feldſperlinge in großer Anzahl. Sie ſaßen auf den Pappeln, Weiden und andern Baͤumen, beſonders auf ſolchen, welche Hoͤhlungen hatten, ſchrieen und ſchimpften, hielten ſich treu paarweiſe zuſammen und tru— gen nur zum Theil zu Neſte. Auf den Wieſen waren kleine Geſellſchaften von Wieſenpiepern, welche an den Graͤben und auf den ſumpfigen Stellen herumliefen, aber ihre Vorſicht war ſo groß, daß ich keinen erlegen konnte. Weiße Bach⸗ ſtelzen, welche in der hieſigen Gegend ungewöhnlich haufig ſind, gab es nur wenige. Schafſtelzen, die ich fruͤher auf den Wieſen antraf und, wie wir ſehen werden, ſpaͤter erlegte, waren noch nicht am Brutorte angekommen. Goldammern ſaßen überall auf den Bäumen und Sträuchern, und die Maͤnn⸗ chen ließen ihren einfachen, nicht unangenehmen Geſang hoͤren. Ein gepaartes Paar Wieſenſteinſchmaͤtzer war am Rande eines Wieſengrabens; aber weil ich das ganze Paar auf einen- Schuß erlegen wollte, ſchoß ich nicht auf einen einzelnen, und das Paar entfernte ſich ſo weit, daß ich die Verfolgung ein— ſtellte. Einzelne Saatkraͤhen flogen mit ihrem tiefen Krah aus dem Kieferhoͤlzchen Stunden weit aus, und ſaßen hier und da auf den Feldern, um Inſecten und ihre Larven wegzufan— gen, zum Theil auch, um den friſch geſaͤeten Hafer aufzuleſen. Andere Kraͤhen zeigten ſich ſehr einzeln, obgleich, wie wir weiter unten ſehen werden, die Raben- und Nebelkraͤhen, Corvus corone et cornix L., beyde dort wohnen. Beſonders merkwürdig war mir der Geſang der Feldlerchen. Er war anders, und der auf den Wieſen durchaus ſchlechter, als der in der hieſigen Gegend. Ein Edelfinke ſchlug auf einer Pap— pel, und auch bey ihm fand ich, daß der Finkenſchlag dort viel ſchlechter, als in der hieſigen Gegend iſt. Auf einer andern

Pappel fang ein Gruͤnling genau wie die unſrigen; ich muthe, daß es unſer Cbloris septentrionalis war.

Auf einer Weide, die allein auf einer großen, etw feuchten Wieſe ſtand, hoͤrte ich endlich den mir wohl bekannte dem Schwirren eines Strumpfwirkerſtuhls ähnlichen Geſan eines Grauammers, der Emberiza miliaria L. Die Be nennung Strumpfwirker für dieſen Vogel, welche er i Norddeutſchland fuͤhrt, iſt ſehr bezeichnend. Denn man glau bey ſeinem Geſange wirklich einen Strumpfwirkerſtuhl zu hoͤren Ich naͤherte mich ihm, und bemerkte zu meiner Freude, daß das Weibchen nicht weit von dem Maͤnnchen ſaß. Ich ſtellt mich, als wollte ich voruͤbergehen, und ſchritt fo lange weiter bis beyde ziemlich in einer geraden Linie gegen mich ſaßen; dan! ſchoß ich ſie auf einen Schuß herab. Es war meine Miliari septentrionalis. Nicht nur der Umſtand, daß Boje eine aus laͤndiſche Art miliaria entdeckt hat, ſondern auch die große Ver ſchiedenheit in der Lebensart und dem Betragen, von welche ich weiter unten ſprechen werde, noͤthigen den Naturforſcher, fil von den eigentlichen Ammern, Emberiza L., zu trennen und als eigene Sippe aufzuführen. Ich hatte früher an dieſe Stelle keinen Grauammer bemerkt und habe ſchon damalı vermuthet, was ich ſpaͤter beftätigt gefunden habe, daß er fein Aufenthaltsort nach den Umſtaͤnden, beſonders nach der Miß oder Trockenheit des Jahres, bald dahin, bald dorthin verlegt Noch muß ich bemerken, daß beyde Gatten dieſes Paares di Kennzeichen der Miliaria septentrionalis vollſtaͤndig an fid hatten, was ich unten in einer kurzen Zuſammenſtellung de Verſchiedenheiten der Gattungen (Subspecies) dieſer Sippf deutlich zeigen werde. In der hieſigen Gegend iſt mir de Grauammer nur 3 Mal vorgekommen.

Tags darauf, den 30. April, machte ich den Br Ausflug. Der Feldlerchengeſang, welcher mir den 1. vorher ſchon abweichend erfchienen war, fiel mir ſo auf, d ich die erſte Lerche, welche ich auf dem Boden ſah, todtſchoß Es war die aͤchte Alauda arvensis, welche nur auf den Aeckern lebt. Die zweyte, welche ich erlegte, ſaß auf einer Wieſe, un an ihr machte ich eine neue Bekanntſchaft. Ich bemerke jetz nur vorläufig ſpaͤter ſchoß ich mehrere, unter andern 3 ge: paarte Paare daß ſie ſich durch einen geſtreckten und ſchla ken Schnabel, niedrigen Kopf und eine geringe Körpergröße, hin: laͤnglich von den meiſten Feldlerchen unterſcheidet. Auch von ihn und ihren nahen deutſchen Verwandten wird weiter unten meh die Rede ſeyn. Sie iſt wenig ſcheu und die ſchlechteſte Gänge) rinn unter allen. }

In den Laubhoͤlzern fand ich viele Vögel; doch waren fie noch nicht vollſtaͤndig bevoͤlkert, weil die. Blätter erſt anfingen, ſich zu entfalten. Ein Paar Kraͤhen ließen ſich hoͤren und ſehen; es waren Nebelkraͤhen von der gewöhnlichen Zeich⸗ nung, doch ſchien mir das Weibchen etwas dunkler, als das Maͤnnchen zu ſeyn. Sie hatten wahrſcheinlich ihr Neſt au einer der hohen Eichen; allein ich konnte es unter den Kraͤhen⸗ neſtern, welche auf den Eichen umherſtanden, nicht herausfi den, und die Kraͤhen waren ſo ſcheu, daß keine erlegt werden konnte. An einer andern Stelle außerhalb des Waldes fand ich auf einer Aſpe das Neſt einer Rabenkraͤhez das Weib» chen brütete ſehr eifrig auf feinen Eyern. Da aber das Maͤnnchen wegen feiner Vorſicht nicht zu ſchießen war, ich alſo das gepaart

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Paar nicht erlegen konnte: ließ ich das Weibchen ungeſtoͤrt fort⸗ bruͤten. In dem Walde hörte ich wieder mehrere Edelfin— ken, deren Schlaͤge etwas verſchieden, aber keinesweges vorzuͤg— lich waren. Ja der eine Fink ſchlug ſo erbaͤrmlich, daß ich in meinem ganzen Leben keinen ſo ſchlechten Finkenſchlag gehoͤrt hatte. Auf den hohen Eichen floͤteten die Schwarzam— feln ſchoͤn und herrlich und ihr ſchoͤner Geſang ſcheint mir von dem unſerer Schwarzwaͤlder wenig verſchieden zu ſeyn. Nicht fo iſt es bey den Singdroſſelnz ihr Geſang war auf: fallend ſchlechter, als der dieſer Voͤgel in unſern Nadelwaͤldern; auch davon weiter unten. Einzelne ſchwarzkoͤpfige und klap— pernde Grasmuͤcken, Currura atricapilla et garrula ließen ſich in dem Unterholze vernehmen; ebenſo an den Kanten des Wal— des die fahle Gras muͤcke, Currura einerea. Die Kohl-, Blau: und Sumpfmeiſen, Parus major, coeruleus et palustris, ſtrichen paarweiſe in den Waͤldern herum, hielten ſich aber in einem beſchraͤnkten Kreiſe auf; denn ſie hatten die Neſtloͤcher ſchon aufgeſucht und trugen zum Theil weiche Baus ſtoffe hinein. Ein Kleiber lief unter ſtarkem Geſchrey an einer Eiche und auf ihren Aeſten herum, und hackte eine Ha— ſelnuß; welche er noch aufgefunden und in eine Vertiefung eins geklemmt hatte, auf; fein Geſchrey war dem in unſern Nadel: waͤlder ſehr aͤhnlich. Als ich ihn herabgeſchoſſen hatte: bemerkte ich, daß es meine Sitta septentrionalis war. Vergebens

ſuchte ich die ſchwarzruͤckigen und grauen Fliegen faͤn⸗

ger; fie waren an ihren Brutoͤrtern noch nicht angekommen. Ein großer Wuͤrger, Lanius excubftor L., ſaß ruhig mit aufgerichtetem Koͤrper auf dem Wipfel einer Eiche, und ſchaute ruhig von ſeiner Hoͤhe in die Gegend hinaus. Eine Nachti— gall ſchlug, niedrig auf einer Aſpe ſitzend, ſo eifrig, daß ſich ihre Kehlfedern ſtraͤubten; ſie war ſehr zahm und ließ ſich ganz in der Naͤhe von mir beobachten. Mehrere Paare Staaren, Sturnus vulgaris L., ſaßen auf den Eichen; das eine von ihnen kroch zuweilen in ſein Neſtloch, welches an einem abge— hackten Aſte in eine Eiche hineingieng. Alle Maͤnnchen ließen ihren manchfaltigen, durch den Schafknechtspfiff ausgezeichneten Geſang hören; ein Maͤnnchen ahmte den herrlichen Pirolpfiff fo taͤuſchend nach, daß ich mich nach einem Pirole umfah. Sie flogen von Zeit zu Zeit auf die Wieſen und Aecker, um Nahrung zu ſuchen. Eine Geſellſchaft von Wachholder— droſſeln, welche im ſogenannten Ziegelholze und auf den nahe bey dieſem einzeln auf einer zum Theil feuchten Wieſe ſtehenden Erlen und Eichen ſaßen und nicht ſelten auf den Boden herab— flogen, um Kaͤfer und Inſectenlarven aufzuleſen, verſetzte mich im Geiſte in den Norden. Die Maͤnnchen wollten ihre Weib— chen durch ihren zwar manchfaltigen, aber mit vielen ſchlechten Toͤnen vermiſchten Geſang ergoͤtzen. Dieſe Geſellſchaft mochte aus 15 bis 18 Stuͤck beſtehen. 1

Ein Paar Eichelheher flogen unter lautem Geſchrey von einer Eiche zur andern und waren augenſcheinlich in der Paarung begriffen; ſie waren ſo vorſichtig und ſcheu, daß ſie nicht erlegt werden konnten. Einzelne Guckgucke ließen ihren einfachen, aber für viele Menſchen intereffanten, ja angenehmen Ruf ertoͤnen; ſaßen aber ſo hoch auf den Wipfeln der groͤßten Eichen, daß ſie, ſelbſt wenn ſie ausgehalten haͤtten, mit einer gewoͤhnlichen Flinte ſchwerlich zu erlegen geweſen waͤren.

Das Merkwuͤrdigſte aber war mir der ſchon oben er— waͤhnte zwiſchen Brinnis und Delitzſch, 1 Stunde vom erſtern

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Orte entfernt liegende, von Saatkraͤhen bewohnte Kiefern: wald. Schon fruͤher hatte ich in den Umgebungen Altenburgs, namentlich auf dem Rittergute Oberloͤdla, welches dem Herrn von Poͤllnitz gehört, Saatkraͤhencolonien geſehen; allein mit die— ſer, welche ſich jetzt meinen Augen darſtellte, iſt keine der fruͤ— her beobachteten zu vergleichen. Die ſchlanken Kiefern hatten nur wenige Aeſte; denn der ſcharfe Koth der Kraͤhen ſcheint ſelbſt den Nadeln todtbringend zu ſeyn. Faſt alles Gras un— ter dieſen Kiefern war von den kalkartigen Excrementen dieſer Kraͤhen wie weggebeizt; die untern Aeſte auf der obern Seite weißgefärbt, und die Bäume oben mit Neſtern bedeckt. 2 bis 4, ja 5 ſtanden auf einer Foͤhre, oft ſo nahe an einander, daß 2 nur 1 Neſt auszumachen ſchienen. Es wuͤrden ohne Zwei— fel noch mehr Neſter auf einem Baume angebracht geweſen ſeyn, wenn dieſe Kiefern nicht ſo ſehr arm an Aeſten und Zweigen geweſen waͤren. Der geehrte Leſer wird ſich uͤber die Zerſtoͤrung der Nadeln und Graͤſer in dieſem Waͤldchen nicht wundern, wenn er erfaͤhrt, daß es wenigſtens von 1000 Kraͤ— hen bewohnt wurde. Von ihnen konnte man faſt ſagen, was Faber von den Voͤgelfelſen bey Island erzaͤhlt. Dieſe Kraͤhen bedeckten den Acker, auf welchem ſie ſich niederließen, verfinſter— ten die Luft, wenn ſie zuſammengedraͤngt aufflogen, und be— taubten das Ohr mit ihrem Geſchrey, wenn fie einen Feind bemerkten. Sobald ich mich dieſem Kieferholze naͤherte: ſtieg der ganze ungeheure Schwarm in die Luft, und flog unter einem wahrhaft furchtbaren Geſchrey uͤber den Neſtern herum. Sie ließen nicht nur ihr wohlbekanntes Krah, krah hoͤren, ſondern gaben auch noch einen Ton von ſich, welcher dem einen der Dohlen ſo aͤhnlich iſt, daß ich Anfangs glaubte, dieſe be— faͤnden ſich unter ihnen. Sie ſchwebten nun unter dieſem Ge— ſchrey in groͤßerer oder geringerer Hoͤhe uͤber dem Waͤldchen herum, huͤteten ſich aber ſehr, auf gewoͤhnliche Schußweite herabzukommen. So lange ich zugegen war, dauerte das Her— umfliegen und Schreyen, ohne daß ſich auch nur eine einzige niedergeſetzt haͤtte. Viele hungrigen Jungen in den Neſtern ſtimmten in das Geſchrey der Alten mit ein und machten es noch furchtbarer. Erſt als ich mich weit entfernt hatte: ließen ſie ſich allmaͤhlig wieder nieder und bedeckten die Baͤume, auf welche fie ſich festen], nach und nach ganz; das Geſchrey dauerte aber fort, und ich hörte es noch, als ich ſchon 4 Stunde weit entfernt war. Die Kraͤhen dieſer Schaar ſah ich nicht nur den ganzen Tag in der Naͤhe des Holzes auf den Brachaͤckern, ſon— dern 2, ja hin und wieder 1 ganze Stunde weit davon ent— fernt. Sie belebten die ganze Gegend; denn ſie flogen immer hin und her.

Da ich einige derſelben zu haben wuͤnſchte: ſtellte ich mich Abends mit dem Revierfoͤrſter der dortigen graͤflich Hohenthal— ſchen Beſitzungen in dem Waͤldchen auf den Anſtand. So lange es noch hell war: ſchrieen die Kraͤhen fuͤrchterlich, und ſetzten ſich nicht; ſobald aber die Daͤmmerung einbrach: wurden ſie dreiſter und ließen ſich bey ihren Neſtern nieder. Die erſte, welche in unſere Naͤhe kam, wurde erlegt. Auf den Schuß erhob ſich der ganze Schwarm mit einem, das fruͤhere noch uͤbertreffenden Geſchrey in die Luft, ſchwebte eine Zeitlang uͤber den Baͤumen herum, und ließ ſich wieder nieder. Ein zweyter Schuß ſtreckte eine zweyte zu Boden, und erregte dieſelbe Flucht und daſſelbe, die Ohren betaͤubende Angſtgeſchrey; doch kamen ſie ſo bald wieder, daß wir noch, ehe die Nacht voͤllig einbrach, eine dritte erlegen konnten.

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Ein Jahr fpäter kam ich auf einem andern Ausfluge bey guter Tageszeit in dieſes Waͤldchen. Die ganze Kraͤhenſchaar hatte mich ſchon von Weitem bemerkt, und erhob ſich unter ihrem furchtbaren, Alles betaͤubenden Geſchrey hoch in die Luft. Ich trat ein und ſchoß die erſte, welche mir am Naͤchſten und am Tiefſten flog, herab; es war ein Weibchen. Zeit erlegte ich eine andere, und auch dieſe war weiblichen Ge— ſchlechts. Ich unterſuchte nun mehrere Kraͤhen, welche eine Jagdgeſellſchaft den ganzen Tag zuvor geſchoſſen und liegen ge⸗ laſſen hatte, und fand unter den alten Voͤgeln lauter Weibchen, nicht ein einziges Maͤnnchen. Ich ſah hier eine ſchon fruͤher bey den Rabenkraͤhen gemachte Beobachtung beſtaͤtigt, naͤm⸗ lich die, daß bey den Kraͤhen die Weibchen in der Vertheidi— gung ihrer Jungen viel dreiſter, als die Maͤnnchen ſind; nur jene hatte die Liebe zu ihren Kindern ſo weit gebracht, ſich dem Schützen auf Schußweite zu nähern, während die Männchen, weil ihre Liebe zu den Jungen geringer, als die der Weibchen iſt, ſich immer in ſicherer, für ein mit Schrot geladenes Schieß⸗ gewehr unerreichbaren Hoͤhe hielten. Auch bemerkte ich von Neuem, was ich ſchon früher in dieſen Blaͤttern mitgetheilt habe, daß die Kraͤhen nicht im zweyten, ſondern erſt im dritten Lebensjahre brutfaͤhig find. Alle erlegten alten Kräben waren völlig ausgefaͤrbte Vögel. Ein Jahr früher hatte ich an der: ſelben Stelle mehrere Junge erlegt, und an ihnen gefunden, daß ſehr viele einen weißen Fleck am Kinne und manche weiße Naͤgel haben. Beydes habe ich nie an einer alten Saatkraͤhe beobachtet. In dieſem Waͤldchen horſtete auch ein Paar Kolk— raben; fie waren aber fo ſcheu, daß keiner erlegt werden konnte. Später erhielt ich einen Jungen, und fand, daß er mein Corvus peregrinus war.

Da in dieſem Waͤldchen ſehr oft Kraͤhen geſchoſſen wer— den: hatten Fuͤchſe ihre Baue daſelbſt angebracht und fraßen nicht nur einen Theil der unter den Baͤumen liegenden, ſon⸗ dern ſchleppten ſie auch ihren Jungen zu und ernaͤhrten auf dieſe Art ſich und ihre Nachkommenſchaft einen Theil des Jah⸗ res auf ſehr bequeme Weiſe.

Dieſe Kraͤhenſchaar ſtand bey den Landleuten, welche in der Naͤhe dieſes Waͤldchens Aecker beſitzen, nicht in dem beften Rufe; denn zur Saatzeit, beſonders zu der des Hafers muͤſſen fir, wenn fie die ausgeſtreuten Körner nicht ſogleich eineggen koͤnnen, einen Menſchen an den befieten Acker ſtellen; ſonſt wird der hingeſtreute Hafer in kurzer Zeit von den Krähen auf: gefreſſen. Dennoch bin ich der Ueberzeugung, daß fie wegen der großen Menge Engerlinge und anderer ſchaͤdlichen Inſecten, welche fie verzehren, dem Landbau weit mehr Nutzen, als Scha: den bringen, und deßwegen nicht fo, wie es faſt uͤberall ger ſchieht, befehdet werden ſollten.

Den naͤchſtfolgenden Tag, den 1. May, war ich aber: mals mit dem fruͤhen Morgen im Freyen. Der Geſang der Feldlerchen, Goldammer und Grünlinge, das Schla— gen der Finken und das Geſchwaͤtz der Sperlinge begrüͤß⸗ ten mich beym Heraustreten aus dem Dorfe; auch hoͤrte ich einige Gartenrothſchwaͤnze, welche in der vorhergehenden Nacht erſt angekommen waren. An Hausrothſchwaͤnzen iſt jene Gegend nicht reich; doch fand ich einige Paare ſchon in den erſten Tagen in Brinnis. Im Walde ſah ich alle die den Tag vorher ſchon bemerkten Voͤgel, nur die Wachholder—

a iu Ze

Nach einiger

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droſſeln nicht mehr; ſie waren wahrſcheinlich mit dem Anfange der Morgendaͤmmerung verſchwunden. Dagegen hörte ich einen Ningel⸗ und ein Paar Turteltauber ihre angenehmen Toͤne auf hohen Eichen ausſtoßen. Beyde ſaßen auf der hoͤch⸗ ſten Spitze. Da aber das Unterholz noch faſt blaͤtterlos war: machte ich gar keine Verſuche, ſie zu erlegen, da ich ihre Vor— ſicht kenne. Sie ließen ſich von der Sonne beſcheinen und ſa⸗ ßen, der eine ruckſend, der andere angenehm girrend, ſehr lange auf ein und derſelben Stelle. Im Ziegelholze hoͤrte ich einen Wendehals, welcher auf einer Aspe ſaß und laut ſchrie. Er lief auf den Zweigen derſelben vor, und ſuchte ſie ſorgfaͤltig ab. Bald darauf bemerkte ich auch das Weibchen auf einer Eiche, und ſchoß es herab. Das Maͤnnchen nahm dieſen Mord ſeiner Gefaͤhrtin fo übel, daß es ſich weit entfernte und gaͤnzlich ſchwieg. Nach Tiſche begab ich mich an dieſelbe Stelle und gewahrte bald das Maͤnnchen, welches unter lautem Geſchrey fein verlornes Weibchen aͤngſtlich ſuchte. Es war, wie gewoͤhn⸗ lich, wenig ſcheu und deßwegen bald in meinen Haͤnden. So hatte ich denn ein gepaartes Paar, welches die Kennzeichen 0 Jynx arborea deutlich zeigt und die Subspecies be: aͤtigt.

Denſelben Nachmittag wurde mir geſagt, daß bey Sproͤda, 2 Stunden von Brinnis, ſich Haubenlerchen aufhielten.

Ich bat einen unſerer Bekannten um ein Paar derſelben, und

echielt auch bald ein gepaartes Paar von einer fruͤher mir, noch unbekannten Subspecies, von welcher ich ſpaͤter felbſt ein ge⸗ paartes Paar erlegte. Ich werde weiter unten eine Beſchrei⸗ bung derſelben mittheilen, und ſage jetzt nur, daß dieſe Gat⸗ tung die kleinſte der deutſchen Haubenlerchen iſt und ſich durch einen ſehr geſtreckten Schnabel und ziemlich platten Kopf hinlaͤnglich von den andern unterſcheidet.

Bey meiner Zuruͤckkunft traf ich in der Nähe des Dor- fes ein Paar Elſtern an, das einzige, welches ich auf meinen dortigen Ausflügen geſehen hatte. Beyde Geſchlechter waren ſo ſcheu, daß ich keins haͤtte ſchießen koͤnnen; ich wuͤrde es aber auch nicht gethan haben, um dieſes einzige Paar nicht zu ver⸗ nichten. Wenn ich mit dieſer Seltenheit der Elſtern in jener Gegend ihr ungemein haͤufiges Vorkommen um Renthendorf vergleiche: fo möchte ich in Wahrheit wiſſen, was iſt die Ur- ſache dieſer merkwuͤrdigen Erſcheinung. Die Elſter, welche ein Alles freſſender Vogel iſt, alſo, wie ich aus eigner Erfah⸗ rung weiß, Körner, Fleiſch und die verſchiedenartigſten Inſecten und Inſectenlarven verzehrt, iſt in unſerer, zwar holzreichen, aber doch armen Gegend häufig, und in der an Getreide, Voͤ⸗ geln und Inſecten reichen brinniſer Gegend, in welcher 1000 Saatkraͤhen ihren Unterhalt finden, ſelten. Alſo auch die El⸗ ſter muß, wie die Nachtigall, gewiſſe Inſecten zum Haupt⸗ und Lieblingsfutter haben, welche nur in gewiſſen Gegenden ſo zahlreich vorkommen, daß ſie ſich bequem von ihnen naͤhren kann. Sie fehlt auch bey Aſch, in der Naͤhe von Eger, ganz. Auch die Raben- und Nebelkraͤhen, von denen man glauben ſollte, daß ſie in den dortigen herrlichen Laubwaͤldern bequeme Brutplaͤtze und auf den weiten Feldern hinlaͤngliche Nahrung finden muͤßten, ſind um Brinnis nicht haͤufig; denn die Individuen beyder Arten zuſammengenommen, welche auf einer Stunde ins Gevierte verbreitet find, machen gewiß kaum den vierten Theil der Rabenkraͤhen aus, welche man um Ren— thendorf findet. So muß ich auch noch bemerken, daß der

49 Bluthaͤnfling um Brinnis weit ſeltener als hier iſt. Ich ſah

auf meinen, 3 Tage hinter einander fortgeſetzten Ausfluͤgen nur per.

k Die Bearbeitung der erlegten Voͤgel, welche mich ſchon die vorigen Tage beſchaͤftigt hatte, nahm den 2ten May ganz in Anſpruch, und da ich den Sten abreiſen mußte: konnte ich keine weitere Unterſuchung der Gegend anſtellen. Auf der Ruͤckreiſe fand ich die auf der Hinreiſe gemachten und oben mitgetheilten Bemerkungen beftätigt, fo daß es ganz uͤberfluͤſſig ſeyn wuͤrde, hier mehr daruͤber zu ſagen. Bey meiner Ankunft traf ich alle die Voͤgel, welche bey meiner Abreiſe zu Neſte trugen, bruͤtend an.

Am 28. April des Jahres 1836. machte ich dieſelbe Reiſe; allein ich ging von Renthendorf uͤber Koͤſtritz nach Zeiz. Um meinen Wohnort begruͤßten mich dieſelben Voͤgel, welche ich vor 2 Jahren ſah und oben genannt habe. An einem Teiche zwiſchen Tautendorf und St. Gangloff lief ein Totanus ochropus herum; er bemerkte mich, weil ich hinter einem Erd— huͤgel verborgen war, nicht, und ſo hatte ich Gelegenheit, ſeinem Treiben mit aller Muße zuzuſehen. Er gieng ſo tief in das Waſſer, als ſeine Fuͤße erlaubten, hielt den Leib etwas nach vorn hin geſenkt, den Schwanz hoͤher, als den Ruͤcken und den Hals ſo eingezogen und Sfoͤrmig, daß der Ruͤcken einen Buckel mit ihm bildete, und ſuchte in dieſer gedruͤckten Stellung das Ufer und feine Umgebungen ab. Er beſah jeden Stein, jede Hervorragung des Ufers und war ungemein gewandt und ge— ſchickt im Fangen der Inſecten, welche er hier antraf. Sobald er ein Kerbthier gewahr wurde: lief er ſchnell darauf zu und pickte es weg. Ebenſo fieng er die Inſecten, welche auf dem Waſſer ſchwammen. Betragen von der Sippe Waſſer- und Schlammlaͤufer, Totanus et Pelidna. Die erſtern gehen tief in das Waſſer und nehmen ihr Futter hauptſaͤchlich von harten Gegenſtaͤnden und von der Oberflaͤche des Waſſers weg; die letztern hingegen laufen vorzugsweiſe auf ſchlammigen und moorigen Stellen herum, und fangen die auf dem Schlamme ſitzenden Inſecten oder die in ihm lebenden Inſectenlarven; deßwegen haben die erſteren lange Fuͤße und einen vorn harten Schnabel, die letzteren aber nur mittellange Fuͤße und einen weichen, mit Gefuͤhl verſehe— nen Schnabel, was man auch an den getrockneten Schnaͤbeln der Schlammlaäufer und Schnepfen bemerken kann; denn man ſieht an ihnen die eingetrockneten Nerven. Einige Paare Kie— bitze hielten ſich auf den Wieſen und Aeckern in der Naͤhe des Teiches auf und ſchrieen, als ſie mich bemerkten, ſehr ſtark, in— dem ſie ihre gewoͤhnlichen, mit Geraͤuſch verbundenen Flug— ſchwenkungen machten. Der Waſſerlaͤufer wurde aufmerkſam, richtete ſich auf, und flog mit ſeinem pfeifenden Tone davon, obgleich ich nur mit der Hälfte des Kopfs über den Erdhuͤgel wegſah.

Auf dem Wege von Gangloff nach Koͤſtritz traf ich bey

2 Schafheerden Schafſtelzen an. Die eine Geſellſchaft mochte

12, die andere 8 Stuͤck zaͤhlen. Sie hielten ſich, wie gewoͤhn—

lich, in der Mitte der Heerde auf und liefen ganz nahe vor,

hinter und neben den Schafen herum. Sie find dann. weit

weniger ſcheu, als wenn ſie frey neben, vor oder hinter der

Heerde ſitzen. Ich gieng ganz nahe hinzu und hatte Gelegen— heit, ſie ſehr genau zu ſehen. Sie hatten alle weiße Streifen

Iſis 1841. Heft 1.

nd

Ich ſah hier deutlich den Unterſchied im.

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über den Augen; es befand ſich alſo kein Budytes melanoce- phalus oder einereocapillus unter ihnen. *

In einem engen, von einem Bache durchrieſelten Thale zwiſchen Ruͤdersdorf und Koͤſtritz fand ich meine liebe ſchwe—⸗ felgelbe Bachſtelze, doch nur die Männchen. Sie ſaßen auf Weiden- und Erlenzweigen, und ließen den einfachen Ton, welcher um dieſe Zeit oft ihren ganzen Geſang ausmacht, hoͤ— ren. Ein Maͤnnchen, welches recht hitzig war, flatterte mit et— was zuruͤckgezogenen, ſchnell bewegten Fluͤgeln von einem Baum zum andern, oder tief auf dem Bache hin.

Ein Blaukehlchen, nach welchem ich mich an dieſem Bache umſah, fand ich nicht.

Auf einer Hoͤhe bey Koͤſtritz ergötzte mich der Geſang einer Haidelerche. Dieſer herrliche Vogel ſchwebte hoch in der Luft herum und trug ſeinen ſchoͤnen Triller mit einer ſo ſtarken, vollen und reinen Stimme vor, daß ich ſie kaum ſo ſchoͤn gehoͤrt habe. Faſt eine Viertelſtunde lang genoß ich dies fen Ohrenſchmauß. Zwiſchen Koͤſtritz und Zeiz bemerkte ich die verſchiedenen, aber gewoͤhnlichen Voͤgel unſerer Gegend; die Fel— der erklangen von dem Geſange der Feldlerchen, in den

Gaͤrten und Waͤldern ſchlugen die Edelfinken, auf den Weiden ſangen die Baumrothſchwaͤnze, auf den Daͤchern der Doͤrfer kraͤchzten die Hausrothſchwaͤnze, zankten die Hausſperlinge und fangen die weißen Bachſtelzen; aus dem Gebüfche ertoͤnten die lieblichen Stimmen der fahlen und klappernden Grasmuͤcken, in den Waͤldern pfiffen die Singdroſſeln, floͤteten einzelne Amſeln und Platts moͤnche, zwitſcherten die Meiſen und ſangen einzelne Fluͤe⸗ vogel und Zaunkoͤnige. Aus dem Elſterthale ertoͤnte das ſtarke Geſchrey der Gruͤnſpechte, und in einem Nadelwalde ſchnurrte ein großer Buntſpecht. Beym Eintritte in die Vor⸗ ftadt von Zeiz hörte ich, wie vor 2 Jahren, die letzte ſch we⸗ felgelbe Bachſtelze.

Von Zeiz fuhren wir am 29. April ſo fruͤh weg, daß die ganze Natur noch in tiefes Dunkel gehuͤllt war und noch lange in dem Schweigen der Nacht beharrte. Die Feldler— chen erhoben zuerſt ihren muntern Chor, und als wir durch die ſchoͤnen, zwiſchen Pegau und Leipzig liegenden Laubhoͤlzer ka⸗ men: konnte ſelbſt das Geraͤuſch des Wagens die lauten Ge— fänge der Singdroſſeln und Amſeln, welche ihre herrli— chen Stimmen von den hohen Eichen herab ertoͤnen ließen, nicht uͤbertaͤuben. Ein ſchwarzruͤckiger Fliegenfaͤnger ſaß in dem erſten Eichenwalde und ſah ſich nach Inſecten um. Ein Kuckuk hatte ſich auf einen an der Straße ſtehenden Obſtbaum niedergelaſſen, um von da aus Raupen und andere Kerbthiere zu erſpaͤhen. Bey Annaͤherung des Wagens flog er etwa 100 Schritte Art auf einen andern Baum und dieß trieb er fo fort, bis er Stunde weit von feinem erſten Aufent⸗ haltsorte entfernt war. Jetzt ſchien ihm dieſe Entfernung un⸗ angenehm zu werden; er bog deßwegen um den Wagen herum und flog in einem Zuge ſo weit zuruͤck, daß er, ob ich mich gleich zum Wagen herausgelehnt hatte, ſehr bald meinen Augen entſchwand. Auch er beftätigte die bekannte Erfahrung, daß ſcheue Voͤgel ſich vor der Annaͤherung eines mit Menſchen be— fegten Wagens weit weniger, als vor dem Heranſchreiten eines einzigen Menſchen fuͤrchten. Sey es, daß ſie glauben, vom

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Wagen aus konnte das für fie verderbliche Schießgewehr nicht ſo leicht gehandhabt werden, oder ſind ſie um deßwillen wegen eines Wagens unbefümmert, weil ihnen von einem ſolchen aus noch nie etwas zu Leide geſchehen iſt, oder ſcheinen ihnen die vor den Wagen geſpannten Pferde Sicherheit zu verheißen; ich laſſe dieß unentſchieden; aber die oben angefuͤhrte Thatſache unterliegt gar keinem Zweifel. Der eben erwaͤhnte Kuckuk war ſo wenig ſcheu, daß ich ihn in der geringen Nähe von einigen 20 Schritten ganz deutlich beobachten und in ihm ein dem Männchen ſehr aͤhnlich gefaͤrbtes Weibchen erkennen konnte, da doch ein alter Kuckuk, welcher frey ſitzend einen Menſchen gegen ſich herankommen ſieht, ſchon 80 oder 100 Schritte vor ihm die Flucht ergreift, ſelten bis auf 70 und aͤußerſt ſelten bis auf 60 Schritte aushaͤlt. Selbſt die jungen Kuckuke, welche bald, nachdem ſie das Neſt verlaſſen haben, wie alle jungen Geſchoͤpfe wenig Vorſicht gegen den Menſchen zeigen, weil ſie ſeine gefährliche Bekanntſchaft noch nicht gemacht ha— ben, werden ſehr bald ſcheu, und in einigen Wochen fo klug, daß ſie dann nicht leicht zu erlegen ſind.

In der Gegend von Zwenkau hörte ich einen Grau: ammer ſein einfaches Strumpfwirkerſchwirren vortragen; er ſaß auf einer lombardiſchen Pappel an der Straße und ließ uns vorbeyfahren, ohne ſeinen Platz zu veraͤndern. Nicht weit von ihm bemerkte ich eine Nebelkraͤhe, welche allein auf Brach⸗ ackern herumlief, um Inſecten und Würmer aufzuſuchen. Dieſe beyden ſetzten mich in Verwunderung, weil ich ſie fruͤher nur jenſeits Leipzigs gefehen hatte. Sie waren alſo weiter weſtlich vorgedrungen und hatten ihren Aufenthaltsort weit entfernt von den andern Verwandten genommen. Sie bildeten gleichſam die Vorhut der Schaar, welche weiter oͤſtlich ihren eigentlichen Wohnort hat. Meine Vermuthung, daß ſich die Grauam— mern bald nach Zeiz hin verbreiten wuͤrden, iſt wenigſtens bis jetzt, wie wir weiter unten ſehen werden, nicht in Erfüllung ges gangen.

Sobald ich in Leipzig angekommen war, begab ich mich in van Akens Menagerie. Hier zog ein ſchoͤnes Paar lebender Kondore, dieſelben, welche mein verſtorbener Freund Gourcy in Wien ſah und in dieſen Blaͤttern beſchrieben hat, meine Aufmerkſamkeit in hohem Grade auf ſich. Dieſe ſchoͤnen Wi: gel ſtehen unter den Geiern da, wie die Falken unter den übrigen Naubvögeln, d. h. fie uͤbertreffen alle Geier ſehr weit an Schoͤnheit und Anſtand. Sie ſaßen wie Koͤnige unter den übrigen Vögeln der Menagerie auf einer Stange fo aufrecht, daß ihr Körper ſenkrecht ſtand, und fie ihren Koth nicht ruͤck— warts, ſondern zwiſchen den Beinen vorwärts wegſpritzten. Ihr Geſieder am Körper iſt nicht lang, zerſchliſſen und locker an— liegend, wie bey den andern Geiern, ſondern kurz, geſchloſſen und knapp. Der große Kamm des klaffenden Schnabels, wel— cher das Maͤnnchen auszeichnet, der beyden Geſchlechtern ge⸗ meinſame, nackte, mit merkwuͤrdigen Anhaͤngſeln verſehene, ro— the, die Farbe und Geſtalt nicht ſelten veraͤndernde Hals, die prächtige, aus ungemein ſchoͤnen und blendendweißen, zerſchliſſe— nen, fllaumartigen Federn beſtehenden Krauſe, gegen welche das glänzende Eiſenſchwarz des übrigen Geſieders und der ſilberfar— bige Schild auf den Fluͤgeln ſchoͤn abſticht, gaben einen herrli— chen Anblick. Das Gefieder ihres Körpers hatte in Hinficht ſeiner Beſchaffenheit mehr Aehnlichkeit mit dem eines Pfaues, als eines Geiers. Bey den meiſten Geiern, namentlich bey

„und einem dritten, welches mir in Dresden zu Geſicht kam,

52 Vultur fulvus, Kolbii, albicollis et eristatus, ganz vorzuͤg⸗ lich aber bey Vultur niger kann man die Umriſſe der Bruſtfedern nicht nur recht gut ſehen, ſondern die einzelnen Federn auch zählen; nicht fo bey Sarcorhamphus gryphus (condor). Die Federn dieſes gewaltigen Vogels ſind nicht nur kurz und breit, ſondern auch ſo beſchaffen und ſo knapp auf einander liegend, daß die ganze Bruſt des Vogels wie aus einem Guſſe erſcheint, was ſeine Schoͤnheit gar ſehr erhoͤht. Dieſes Schoͤne und Edle des Condors wird durch feine Furcht loſigkeit vermehrt. Die beyden, von denen ich hier ſpreche, ſa⸗ ßen ganz keck auf ihrer Sitzſtange und bekuͤmmerten fi ſo wenig um die vielen anweſenden Fremden, als ob dieſe gar nicht vorhanden waͤren. Sie blickten aus ihren hellen und ſchoͤnen Augen fo furchtlos nach ihnen hin, daß man fie nicht ohne Bes wunderung anſehen konnte. Auch fiel es ihnen gar nicht ein, von ihrer Sitzſtange entweichen zu wollen; ſie ertrugen das Schickſal ihrer Gefangenſchaft mit ſtoiſcher Gleichguͤltigkeit. Nach einiger Zeit ließ fie der Beſitzer der Menagerie frey uͤber den Koͤpfen der Anweſenden in der Bude herumfliegen. Auch jetzt bekuͤmmerten ſie ſich eben ſo wenig, als fruͤher, um die Menge der Menſchen, und auch jetzt ſuchten fie keinen Aus: weg, um zu entfliehen, ſondern kamen auf den Ruf ihres Herrn willig und bald auf ihre Sitzſtange zuruck. Sie gewährten im Fluge wegen ihrer ungeheuern Schwingen und der Leichtigkeit und Sicherheit ihrer Bewegungen einen prächtigen Anblick. Wie herrlich muͤſſen ſich dieſe Vögel ausnehmen, wenn ſie uͤber den Cordilleras herumſchweben! A

Eine andere Bemerkung, welche ich machte, iſt die, daß das Maͤnnchen bedeutend groͤßer als das Weibchen war. Ich fand dieſe bey einem andern Paare, welches ich in Leipzig ſah,

beftätigt. Da mir eine Vergleichung der Geſchlechter von an: dern Kammgeiern, namentlich von Sarcorhamphus Papa, nicht zu Gebote ſteht: weiß ich nicht, ob dieſes Groͤßenverhaͤlt— niß, welches ich bey dem Kondor beobachtete, der Sippe Sar- corhamphus überhaupt, oder dem Kondor allein eigenthüm⸗ lich iſt. Allein dem ſey, wie ihm wolle, der Umſtand, daß bey dem Kondor nicht, wie bey den andern Raubvoͤgeln, das Weibchen, ſondern das Maͤnnchen das größte unter den Ge: 0 ſchlechtern iſt, verdient alle Aufmerkſamkeit und muß zu man⸗ chen andern Forſchungen uͤber die Lebensart dieſes Vogels und uͤber die ganze Sippe Sarcorhamphus auffordern, die vielleicht manches Wichtige enthuͤllen werden. Dann ſiel mir auf, daß das Maͤnnchen, welches doch ſchon vollkommen ausgefaͤrbt war, keinen rothen, wie das alte Weibchen, ſondern einen grau⸗ weißen Augenſtern hatte. Ich kann mir dieſe Erſcheinung nicht anders erklaͤren, als dadurch, daß dieſe Voͤgel den rothen Augenring, als das letzte Zeichen des völlig ausgefuͤrbten Kleides erhalten. Wenn, wie ich vermuthe, dieſe beyden Kondors in der Menagerie Sr. Majeftät des Königs von Preußen, in wel⸗ che fie von dem Herrn van Aken verkauft wurden, noch leben: ſo wuͤrden die berliner Naturforſcher leicht ausmitteln koͤnnen, ob der Augenſtern des Maͤnnchens jetzt dem des Weibchens völlig gleich gefärbt iſt. 0

Äh

Dienſelben Tag zeigte mir der Herr Hofrath, Profeffor Dr. Schwaͤgrichen die zoologiſche Sammlung der Univerſitaͤt mit vieler Freundlichkeit und Gute. Das Merkwürdigſte unter den Vögeln war offenbar ein ſchoͤner Kondor, ein Argusfafan

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Leyerſchwanz, Paradiesvogel, mehrere ſuͤdamericaniſche Hühner, eine Alca impennis, ein Pinguin, und einige ſeltene Kolibris; wenigſtens ſind mir dieſe alle noch in lebhaftem Andenken.

Durch die Guͤte des Herrn Profeſſors, Dr. Kunze, ſah ich auch die Sammlung der naturforſchenden Geſellſchaft in Leipzig. Auch ſie enthielt manches Schoͤne; das Vorzuͤglichſte unter den Voͤgeln war ebenfalls ein Kondor und mehrere an— dere ſuͤdamericaniſche Vögel, welche Herr Poͤppig geſchickt hatte.

Den letzten April reiſte ich nach Brinnis. Nicht weit vor dem Hallſchen Thore ſah ich eine Haubenlerche, welche uͤber der Straße herumfliegend, recht angenehm ſang; eine an— dere, wahrſcheinlich das Weibchen, lief auf der Straße, und flog, wenn ſie von derſelben verſcheucht wurde, auf die neben ihr liegenden Felder. Das Maͤnnchen ſchwebte, fo lange ich fie ſehen konnte, in der Luft herum. Etwa eine halbe Stunde von Leipzig hoͤrte ich wieder das Strumpfwirkerſchwirren des

Grauammers, und ſah bald darauf den Vogel anf einer lombardiſchen Pappel ſitzen. Von Zeit zu Zeit vernahm ich dieſen merkwuͤrdigen Geſang, was mir um ſo auffallender war, da ich ihn an dieſen Stellen vorher nicht gehoͤrt hatte. Die Grauammer hatten ſich alſo in dieſem Jahre haͤufig in jener Gegend eingefunden, und ſchienen fuͤr immer dort bleiben zu wollen. Auch den Geſang der Feldlerchen konnte ich jetzt, da der Wagen die Kunſtſtraße verlaſſen hatte und wenig Ge— raͤuſch machte, genauer beobachten, und bemerkte den ſchon fruͤher wahrgenommenen Unterſchied in Bezug auf den der unſrigen. Ich werde ſehr bald den Grund davon angeben. An mehrern Doͤrfern, durch welche ich kam, ſah ich die mir ſo lieben Haubenlerchen, welche theils auf den Wegen, theils auf den die Gaͤrten umgebenden Lehmwaͤnden, theils auf den Strohdaͤchern herumliefen. Einige Maͤnnchen ließen, in der Luft herumfliegend, ihre angenehmen Toͤne hoͤren. Von Zeit zu Zeit ſah ich noch einzelne Voͤgel oder kleine Geſellſchaften derſelben voruͤberfliegen; es waren Schaafſtelzen und Pie— per, welche noch auf dem Zuge waren.

Als ich in die Naͤhe von Brinnis kam: fiel es mir ſehr auf, von den Saatkraͤhen, welche 2 Jahre fruͤher die ganze Gegend belebten, nur ſehr wenige zu bemerken; ich ſah nur hier und da eine, waͤhrend fruͤher die Aecker von ihnen nicht ſelten bedeckt waren. Dieſes Raͤthſel wurde bald geloͤſt. Im Winter vor meiner Ankunft waren alle Kiefern dieſes Hoͤlzchens gefällt worden, und fo hatten die ankommenden Saatkraͤhen keine Neſtplaͤtze mehr, und waren dadurch genoͤthigt worden, ihren Aufenthaltsort 14 Stunden weiter zu verlegen. Nur einige Paare hatten auf einer noch ſtehenden großen Fichte geniſtet; allein es ſchien ſie nur eine große Vorliebe fuͤr den Ort an dieſe eigentlich wenig paſſende Stelle gefeſſelt zu haben; denn die Fichte war wegen ihrer vielen Aeſte leicht erſteigbar, und die Saatkraͤhen bauen ihre Neſter am liebſten und faſt immer nur anf ſolche Baͤume, deren Schaft weit hinauf ohne Aſt iſt. Die wenigen noch uͤbrigen waren ſo ſcheu, daß ich auch bey der größten Sorgfalt nicht eine einzige wurde haben erlegen koͤnnen. Es iſt ſonderbar, daß dieſe Kraͤhen nicht eine nur / Stunde entfernte Stelle in einem Laubholze, an welcher eine bedeutende Zahl Kiefern ſtehen, aufgeſucht und als Wohnplatz benutzt hatten. Man ſieht hieraus deutlich, daß fie in der Wahl ihres Aufent⸗ haltortes ſehr eigenſinnig ſind. Daß den wenigen noch uͤbrigen

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Staatkraͤhenpgaren das Leben in ſo kleiner Geſellſchaft nicht ge— fallen wuͤrde, vermuthete ich ſogleich, und ich hatte mich nicht geirrt; denn im folgenden Fruͤhjahre waren ſie alle verſchwunden.

Das Auffallendſte bey dieſer fruͤher ſo ſehr zahlreichen Kraͤhencolonie war mir der Umſtand, daß dieſe große Schaar aus 2 Subspecies beſtand, von denen jede einen Theil deſſel⸗ ben inne hatte. Den obern Theil des Waͤldchens bewohnten mein Corvus granorum, und den untern mein Corvus agro- rum. Wenn ſie aufgeſcheucht wurden, konnte man Anfangs noch 2 Schaaren unterſcheiden; bald miſchten ſie ſich aber, nach der den Kraͤhen eigenthuͤmlichen Geſelligkeit, nach welcher ſie auch Dohlen und Elſtern in ihre Reihen aufnehmen, unter einander und bildeten einen einzigen großen Flug. Ich bedauerte den Abzug dieſer Saatkraͤhen ſehr; denn ihre Anweſenheit in der ſchon oben angegebenen ungemein großen Anzahl hatte mir viele Unterhaltung gewaͤhrt und war gewiß fuͤr die getreidereiche Gegend von großem Nutzen geweſen.

Am 3. May machte ich den erſten Ausflug, und bemerkte mit Verwunderung, daß das Strumpfwirkerſchwirren häufiger als jemals, und an Orten, an denen ich es nie gehoͤrt hatte, ertoͤnte. Ich richtete auf dieſe Voͤgel vorzugsweiſe meine Auf: merkſamkeit und ſchoß den erſten, welchen ich antraf. Es war meine Miliaria germanica, eine ſehr verwandte mit der, von welcher ich 2 Jahre fruͤher ein gepaartes Paar erlegt hatte. Eine Viertelſtunde von dieſer Stelle traf ich einen andern Grau— ammer an, feuerte ihn herab, und hatte meine Miliaria ad- vena in der Hand. Nach 5 Tagen kam ich an einen, nahe an einem Laubholze liegenden, mit Hafer beſaͤeten Acker, und fand abermals ein Paar dieſer Vögel. Das Maͤnnchen ſchwierte auf einer Birke und das Weibchen las den hin und wieder lie— gen gebliebenen Hafer vom Acker auf. Ich ſchoß, um das ge— paarte Paar zu erhalten, zuerſt das letztere, in der Hoffnung, das vorher wenig ſcheue Maͤnnchen leicht zu erlegen. In dieſer Hoffnung hatte ich mich aber getaͤuſcht; das Maͤnnchen hatte den Tod ſeines Weibchens mit angeſehen, und war dadurch ſo ſcheu geworden, daß es durchaus nicht ſchußgerecht aushielt. Erſt 2 Tage ſpaͤter gelang es mir, daſſelbe zu hinterſchleichen und zu ſchießen, ehe es mich gewahr wurde. Ich hatte nun ein gepaartes Paar von Miliaria germanica. Ich kann nicht unterlaſſen, hier Einiges uͤber die Grauammer zu bemerken.

Die Richtigkeit der von mir aufgeſtellten Sippe Miliaria hat auch Boje, welcher eine auslaͤndiſche gute Art aufzufinden ſo gluͤcklich war, anerkannt, und ich erlaube mir zur Begruͤn— dung derſelben Einiges zu ſagen. Der Grauammer iſt der Ammer in hoͤchſter Vollendung; denn bey keinem andern ſteht der Hoͤcker im Oberſchnabel, das characteriſtiſche Kennzeichen der Ammer, ſo deutlich hervor, als beym Grauammer; ſchon dieſer einzige Umſtand wuͤrde die Annahme der Sippe rechtfertigen. Allein der Grauammer hat noch manches Andere, was ihn fehr auszeichnet. Dahin gehoͤrt zuerſt ſeine Erdfarbe oder ſein Ler— chengrau auf dem Rüden, durch welches er ſich auf den erſten Blick von allen andern Ammern unterſcheidet und eine gewiſſe Verwandſchaft mit den dickſchnaͤbligen Lerchen, namentlich mit der Kalanderlerche zeigte. Auch durch das in das Roſtgelbe fallende und ſtark gefleckte Jugendkleid erhaͤlt der Gruammer Aehnlichkeit mit den Lerchen. Ebenſo iſt der Umſtand beach— tungswerth, daß er an keiner Schwanzfeder einen keilfoͤrmigen

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weißen Fleck hat, den die aͤchten Ammern an der erſten und zweyten Steuerfeder ſtets zeigen. Es darf nicht uͤberſehen wer— den, daß bey den andern Ammern die Weibchen eben ſo groß, oder nur wenig kleiner, als die Maͤnnchen ſind. Bey den Grauammern aber iſt dieß ganz anders. Bey ihnen iſt das Weibchen ſtets viel kleiner als das Maͤnnchen, was ich mit deſto größerer Sicherheit behaupten kann, da ich 6 gepaarte Paare alter, zur Brutzeit geſchoſſener Voͤgel und 2 Paar Ge⸗ ſchwiſter im Jugendkleid beſitze; denn die Grauammer ſind, wie wir ſehen werden, in Groͤße und Geſtalt ſo verſchieden, daß man, um etwas Naͤheres uͤber ſie ſagen zu konnen, durchaus gepaarte Paare vor ſich haben muß. Es gibt wenige alte Lin⸗ neiſche Arten, bey denen die Eintheilung derſelben in Subspe- eies fo nothwendig erſcheint, wie bey unſerm Grauammer; ich werde weiter unten die Richtigkeit dieſer Behauptung durch eine kurze Beſchreibung der verſchiedenen Gattungen (Subspecies) darthun, und erlaube mir jetzt, über die Sippe Miliaria, Grau⸗ ammer, im Allgemeinen etwas zu ſagen. Die eigentlichen Ammer, Emberizae der Neuern, find Strauchammer (Buſch— ammer); denn ihr liebſter Aufenthaltsort iſt das Gebuͤſch, wie das mit Geſtraͤuch vermiſchte Rohr der eigentliche Wohnort der Rohrammer, Cynchramus Baje, iſt. Die Grauammer hin— gegen find Erdammer, humicolae, denn auf dem Boden halten ſie ſich vorzugsweiſe auf; deßwegen haben ſie auch die Erd— oder Lerchenfarbe und im Verhaͤltniß zu ihrer Groͤße ſehr große Fuͤße, um bequem auf ihr herumhuͤpfen zu koͤnnen. Nur wenn der Goldammer ſingt oder ſich vollkommen geſaͤttigt hat: ſetzt er ſich, um auszuruhen, auf einen Zweig, am liebſten auf einen duͤrren, oder auf eine Baum- oder Strauchſpitze, oft nur wenig hoch uͤber den Boden. Ja er ſingt zuweilen auf der Erde. Am 8. May 1336. ſah ich bey Brinnis einen auf einem Maulwurfhuͤgel, welcher ſehr anhaltend ſang, gerade wie es die Haubenlerchen zuweilen thun. Auch darinn weichen die Grauammer von den eigentlichen Ammern ſehr ab, daß ſie zur Paarungszeit einen ganz eigenthuͤmlichen Flug annehmen. Sie ziehen nehmlich dann die Fluͤgel oft fo ſehr zuruͤck, daß fie mit dem Schwanze ein Dreyeck bilden und bewegen ſie ganz ſchnell, wodurch ein eignes Flattern entſteht, welches ich zu eben dieſer Zeit bey den Gruͤnlingen, Zeiſigen, Fitislaubſaͤngern und an— dern, nie aber bey den Goldammern geſehen habe. Der Flug der Grauammer erhaͤlt dadurch eine große Aehnlichkeit mit dem der Staare, wenn ſie ihre Jungen recht eifrig fuͤttern. Aber auch der gewoͤhnliche Flug der Grauammer geht mehr in einem Zuge fort und hat eine ganz andere Beſchaffenheit, als der der eigentlichen Ammer, wezu wohl auch der Umſtand, daß ſein Schwanz verhaͤltnißmaͤßig viel kuͤrzer als der der eigentlichen Ammer iſt, das Seinige beytragen mag. Alles dieß vereinigt berechtigt gewiß den Naturforſcher, den Grauammer als eigene Sippe unter dem Namen Miliaria aufzufuͤhren, wie es bereits in meinem Handbuche der Naturgeſchichte der Vögel Deutſch— lands geſchehen iſt.

Die verſchiedenen Gattungen dieſer Sippe, welche ich kenne und beſitze, ſind folgende: 1) Der ſtarke Grauammer, Miliaria, valida ( Embe- beriza miliaria Linn.).

Die Seiten des nicht aufwaͤrts gerichteten Unterkiefers treten an dem etwas großen Schnabel nicht uͤber die Sei— ten des Oberkiefers vor; die Stirn erhebt ſich bald uͤber den Schnabelruͤcken empor. Länge 8“ par. Maaß,

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2) Der dickſchnaͤblige Grauammer, Miliaria eras- sirostris (Emberiza miliaria L.). f

Die Seiten des ziemlich aufwaͤrts gerichteten Unterkie⸗ fers treten an dem kurzen Schnabel weit über die Seiten des Oberkiefers vor. Die Stirn iſt merklich niedriger, als der Schnabelruͤcken. Länge 77 9% par. M. h

3) Der hochſchnaͤblige Grauammer, Miliaria alti⸗ rostris (Emberiza miliaria L.).

Die Seiten des kaum merklich aufgerichteten Unterkie⸗ fers treten an dem aͤußerſt hohen Schnabel uͤber die Seiten des ſtark gewoͤlbten Oberkiefers kaum merklich vor; die Stirn iſt nur wenig niedriger als der ſehr hohe Schnabel: ruͤcken. Länge 7“ 9“ par. M

N 4) Der nordifhe Grau ammer, Miliaria septentrio- nalis (Emberiza miliaria L).

Die Seiten des fanft aufwärts gerichteten Unterkiefers treten an dem ſehr geſtreckten Schnabel nur wenig uͤber die Seiten des flach gewoͤlbten Oberkiefers vor; die Stirn iſt merklich niedriger als der niedrige Schnabelruͤcken. L. 7 7" par. M.“ 5

5) Der deutſche Grauammer, Miliaria germanica (Emberiza miliaria L).

Die Seiten des etwas aufwärts gebogenen Unterkiefers treten an dem etwas hohen und geſtreckten Schnabel faſt ganz unmerklich Über die des ziemlich ſtark gewoͤlbten Ober— kiefers vor; die Stirn iſt bedeutend niedriger als der hohe Schnabelruͤcken. Länge 7“ 5, J |

6) Der fremde Grauammer,

miliaria L.). 8 Die Seiten des ſtark aufwärts gebogenen Unterkiefers

treten an dem ſehr kurzen Schnabel ziemlich weit uͤber die Seiten des ſtark gewoͤlbten Oberkiefecs vor; die Stirn iſt

kaum niedriger als der etwas hohe Schnabelruͤcken. Laͤnge Je 6%, 0

7) Der kleine Grauammer, riza miliaria L.).

Die Seiten des etwas aufwärts gebogenen Unterkiefers treten an dem großen Schnabel kaum merklich uͤber die Seiten des fanft gewoͤlbten Oberkiefers vor; die Stirn if viel niedriger als der hohe Schnabelruͤcken. Länge 7“ 1%

8) Der ſuͤdliche Grauammer, Miliaria meridionalis (Emberiza miliaria L.).

Die Seiten des ſtark aufwärts gekruͤmmten Unterkle— fers treten an dem etwas kurzen, aber hohen Schnabel nicht über die Seiten des ſanft gewoͤlbten Oberkiefers vor; die Stirn iſt etwas niedriger als der niedrige Schnabel: - ruͤcken. Länge 7“ 9%.

Nr. 1. zeichnet ſich von allen Verwandten durch feine ſehr bedeutende Groͤße und den tuͤchtigen, aber nicht eben breiten N

Miliaria peregrina (E.

Miliaria minor (Embe-

Da von mir Alles, was ich in dieſen Blättern mittheilen werde, 5 nach par. Maaß gemeſſen ift, fo bemerke ich dieß hier zum letzten Male.

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Schnabel auf den erſten Blick aus. Wenn man ihn neben der Miliaria minor ſieht, ſo iſt der Unterſchied eben ſo bedeutend als zwiſchen dem Kolkraben und der Rabenkraͤhe. Sein eigent— liches Vaterland kenne ich nicht. Das Maͤnnchen von dem Paare, welches ich beſitze, wurde in einem ſehr harten Winter im Orl—

thale erlegt, und das Weibchen bekam ich im Januar 1820,, alſo in einem ſehr ſtrengen Winter, aus der hieſigen Gegend lebendig. Es war eine Stunde von hier, nahe am Urſprunge der Roda, vor einer Scheune im Netze mit Goldammern ge— fangen worden. Ich hielt es 4 Monate im Kaͤfige, welcher

auch in der ſtrengen Kaͤlte neben, nicht in einem geheizten

Zimmer hieng. Wenn das Trinkwaſſer eingefroren war: gab

| ich ihm anderes, und fo befand er ſich bey Hafer und anderm

Getreide den erſtern fraß er ganz beſonders gern An— fangs recht wohl. Er lockte nur von Zeit zu Zeit, ſo daß ich aus dem Mangel des Geſangs leicht ſein Geſchlecht errathen konnte. Er ſaß ſehr lange auf einer Stelle und hatte etwas Ruhiges und Phlegmatiſches. Nur als das Fruͤhjahr kam: wurde er unruhig, wahrſcheinlich, weil der Trieb, vor der Brut— zeit feine Heimath zu ſuchen, recht lebhaft in ihm erwacht war. Bald darauf verſchmaͤhte er das Futter und ſtarb kurze Zeit darauf. \

Es iſt mir ſehr wahrſcheinlich, daß dieſer Grauammer

nordoͤſtlich von uns wohnt und nur durch ſehr ſtrenge Kälte

aus feinem Vaterlande vertrieben, unſere Gegend zuweilen be— ſucht. Er gehoͤrt aber bey uns zu den ſehr ſeltenen Erſchei— nungen.

Nr. 2. lebt und niſtet in Mecklenburg; mein geehrter Freund Zander, derſelbe, welcher die recht gute Naturgeſchichte der Voͤgel Mecklenburgs herausgibt, ſchickte mir ein Paar dieſer Voͤgel, von denen das Maͤnnchen am 5. May 1831. und das Weibchen am 26. April 1832. erlegt iſt, beyde alſo zu einer Zeit geſchoſſen ſind, in welcher der Zug der Grauammer laͤngſt voruͤber iſt. Auch auf Ruͤgen kommt er wenigſtens im Herbſte,

wie ein im October 1819. dort getödtetes Stück meiner Samm- lung beweiſt, vor. In die hieſige Gegend verirrt er ſich aber nur in harten Wintern. Ein Maͤnnchen bekam ich am 20. De— cember 1819. und ein anderes am 10. Januar 1820. Er unterſcheidet ſich von dem vorhergehenden außer den oben ange— gebenen Kennzeichen noch durch den platten Kopf.

Nr. 3. iſt ein ausgezeichneter Vogel, deſſen Schnabel, in Bezug auf ſeine Hoͤhe, das Aeußerſte erreicht, was ein Grau— ammerſchnabel erreichen kann. Er lebt im noͤrdlichen Deutſch— land. Ich erhielt ein Männchen - erlegt am 26. Juny 1835.

L von Dresden, ein am 26. Auguſt 1832. geſchoſſenes altes

Weibchen aus Luͤbs in Mecklenburg, ein Maͤnnchen im erſten Herbſtkleide von Ruͤgen und ein junges Weibchen von meinem theuern Seyffertitz. Dieſe beyden letztern beweiſen auch, daß dieſe Hoͤhe des Schnabels nicht Folge des Alters iſt.

Nr. 4. unterſcheidet ſich, wie ſchon oben bemerkt wurde, von der vorhergehenden durch ſeinen geſtreckten Schnabel, von mehrern Verwandten auch durch den nur ſanft aufwaͤrts ge— kruͤmmten Unterkiefer. Er bewohnt das ganze noͤrdliche Deutſch— land bis Leipzig herab. Ein gepaartes Paar erlegte ich, wie oben bemerkt wurde, zu Ende des April 1834 bey Binnis, ein anderes am 7. Julius 1836. bey Luͤbs geſchoſſenes gepaartes Paar erhielt ich von meinem Freunde Zander, mehrere ein⸗

Iſis 1841. Heft 1.

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zelne von Ruͤgen und ein Paar Geſchwiſter im Jugendkleide ebenfalls von Luͤbs.

Nr. 5. unterſcheidet ſich von dem vorhergehenden, mit welchem er die groͤßte Aehnlichkeit hat, vorzuͤglich durch den groͤßern Schnabel. Dieß bemerkt man am deutlichſten, wenn man beyde Schnaͤbel von unten anſieht, dann erſcheint der un: ſeres Vogels viel kraͤftiger, als bey Miliaria septentrionalis. Auch dieſer Vogel lebt im noͤrdlichen Deutſchland. Ich ſchoß bey Brinnis, wie ſchon oben bemerkt wurde, ein gepaartes Paar und ein ſchoͤnes altes Maͤnnchen, und erhielt ein ſolches auch von Ruͤgen.

Nr. 6. nannte ich um deßwillen den fremden Grauam⸗ mer, Miliaria peregrina, weil ich ihn fruͤher nur im Winter erhielt; allein jetzt wuͤrde ich ihm einen andern Namen geben; denn er iſt in unſerm Vaterlande gar kein Fremdling, ſondern ein ganz einheimiſcher Vogel. Ich erlegte ihn, wie oben ſchon bemerkt wurde, bey Brinnis, im Winter bey Gotha, und er— hielt nicht nur ein gepaartes Paar und einen jungen Vogel von Luͤbs, ſondern auch einzelne von Goͤrlitz und aus der Gegend von Berlin. Er iſt alſo weit verbreitet. Er hat mit Miliaria erassirostris in Hinſicht des Schnabels Aehnlichkeit; allein dieſer iſt viel kurzer, ja der kuͤrzeſte von allen Grauammerſchnaͤbeln.

Nr. 7. unterſcheidet ſich leicht von allen Verwandten durch die ſehr geringe Groͤße er iſt faſt 1“ kuͤrzer und ſchmaͤler als ſeine großen Verwandten und den im Verhaͤltniß zu ſeiner Groͤße großen Schnabel. Seine Fuͤße ſtehen mit ſeiner Groͤße im Verhaͤltniſſe, und ſind deßwegen merklich kleiner als bey allen vorhergehenden. Im mittlern Deutſchland habe ich ihn noch nicht angetroffen. Ich erhielt ein gepaartes Paar und einen Jungen von ihm aus Luͤbs, 2 Maͤnnchen von Ruͤgen und 1 Weibchen aus Pommern. Es iſt ſehr intereſſant, die große Miliaria valida und die kleine M. minor neben einander zu ſehen.

Nr. 8. endlich iſt durch ſeinen kurzen, aber hohen und aͤußerſt zuſammengedruͤckten Schnabel leicht kenntlich. Durch dieſen erhaͤlt er einige Aehnlichkeit mit Miliaria altirostris; allein der Schnabel des letztern iſt ſtets viel hoͤher, beſonders am Oberkiefer, auch iſt ſein Unterkiefer weniger als bey Nr. 3. auf⸗ waͤrts gerichtet. Er bewohnt das ſuͤdliche Europa; doch kann ich nicht ſagen, wie weit er verbreitet iſt; denn ich erhielt nur ein altes Paar nebſt einem Jungen aus Dalmatien.

Ueber den Aufenthaltsort der von mir beobachteten Grau: ammer bemerke ich noch, daß ich ſie vorzugsweiſe auf ſolchen Wieſen, welche etwas, doch nicht ſehr ſumpfig find, eine be— deutende Ausdehnung und hohes Gras haben, mit Buͤſchen und Bäumen hin und wieder beſetzt oder von Baumreihen be: graͤnzt ſind und an Getreidefelder ſtoßen, getroffen habe; nur ſelten da, wo nur kleine Strecken Wieſen von Feldern einges ſchloſſen waren. Die Witterung, namentlich die Naͤſſe oder Trockenheit des Fruͤhjahres hat auf die Verlegung ihres Aufent— haltes einen ſehr bedeutenden Einfluß; denn ſie fliehen die naſſen Wieſen eben ſo ſehr, als die ganz trocknen, und fuͤhren, wie wir weiter unten ſehen werden, ein zigeunerartiges Leben. Die ich im May 1836 bey Brinnis antraf, waren alle wenig ſcheu und hielten deßwegen gut ſchußgerecht aus; das eine Maͤnnchen ausgenommen, von deſſen ſcheuem Weſen nach dem Tode ſei— nes Weibchens ich ſchon oben geſprochen habe.

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Die erlegten hatten Getreidekoͤrner und Grasſaͤmereien im Magen, und ich vermuthe, daß ſie, um die letztern aufzuſuchen, ihren Wohnſitz vorzugsweiſe auf etwas feuchten, grasreichen Wieſen aufſchlagen. Wie ſpaͤt oft ihre zweyte Brut erfolgt, zeigt der Umſtand, daß man noch gegen die Mitte des Sep⸗ tung Voͤgel im reinen Jugendkleide antrifft, deutlich genug.

Denſelben 3. May 1836. hörte ich bey Brinnis den er= ſten Brachpieper. Er war vielleicht kurz zuvor angekommen. Die Brachpieper ſind dort auf den großen, oft viertelſtundenlan— gen Brachen und ſehr fluͤchtig. Man trifft ſie bald da, bald dort an, und da ſie ſehr fluͤchtig und ſtets mehr oder weniger ſcheu ſind: verliert man ſie leicht aus den Augen und macht deßwegen nicht ſelten eine fruchtloſe Jagd auf ſie. So ergieng es mir dießmal; meine Bemuͤhungen, den bemerkten Brach— pieper zu erlegen, waren fruchtlos. Doch ſchoß ich, bey einem kurzen Aufenthalte in Brinnis, am 20. May 1835. einen ſol⸗ chen Pieper, und erneuerte eine ſchon früher gemachte Bekannt⸗ ſchaft auf eine uͤberraſchende Weiſe, von welcher weiter unten die Rede ſeyn wird. Zuerſt will ich von den Brachpiepern im Allgemeinen Einiges bemerken. Ich habe in meinem Handb. d. Naturg. aller Vögel Deutſchlands behauptet, daß der Brachs pieper nicht zu Anthus, fondern zu Corydalla Vigors, alfo zu den Stelzenpiepern zu rechnen ſey. Freylich muͤſſen dann die im Handbuche S. 321 angegebenen Kennzeichen etwas anders beſtimmt werden. Es heißt dort: „der Schnabel iſt ziemlich ſtark, faſt lerchenartig“, weiter: „der Schnabel iſt als Pieperſchnabel ſtark“ ꝛc. Anſtatt dieſer Beſtimmung muß ge— fest werden: „der Schnabel iſt ſehr ausgebildet; ſtark oder lang, gerade oder ſanft bogenfoͤrmig, mit mehr oder weniger deutlichem Haken; die Fuͤße find hoch oder ziemlich hoch“ ic.

Daß der Brachpieper nicht zu den eigentlichen Piepern, namentlich zu den Baum-, Waſſer- und Wieſenpiepern gehoͤren kann, geht aus Folgendem unwiderſprechlich hervor. Alle die genannten Pieper haben, zumal im Winter- und Jugendkleide, große Aehnlichkeit mit einander. Das auf manchfaltige Art ge— miſchte und durch dunkle Flecken gehobene Olivengruͤn oder Oli— vengelbgruͤn des Oberkoͤrpers, die Laͤngeflecken an der Bruſt und an den Seiten, die ſchwachen Schwung- und Steuerfedern, der mehr oder weniger gekruͤmmte, laͤngere oder kuͤrzere Sporn an der Hinterzehe, die etwas ſchwachen Fuͤße und die ganze Ge— ſtalt haben etwas ſo Eigenthuͤmliches und Characteriſtiſches, daß man alle dieſe Voͤgel durchaus in eine Sippe ſtellen muß. Dazu noͤthigt aber auch ihr Betragen. Alle ſchreien Piep, wovon ſie den deutſchen Namen erhalten haben, alle leben gern unter Gras oder andern Pflanzen verborgen auch die Waſſerpieper ſind im Winter am liebſten an ſolchen Quellen, in denen Gras, Baumkreſſe und andere Waſſerkraͤuter wachſen —, alle druͤcken ſich, d. h. ſie verbergen ſich bey Gefahr, indem ſie ſich platt auf den Boden legen, alle fliegen bogenfoͤrmig auf, alle haben einen eigenthuͤmlichen, mehr oder weniger ſchlagartigen Geſang, bey welchem ſie gewoͤhnlich in die Luft emporſteigen, und der angenehm klingend von dem Beobachter ſogleich als Piepergeſang anerkannt wird; alle fliegen gern auf Baͤume auf und haben im Neſtbau, in der Zeichnung der Eyer und im Betragen beym Neſte ſo viel Aehnlichkeit mit einander, daß ſie der Naturforſcher in eine Sippe bringen mußte, ſelbſt wenn fie weniger Ueber— einſtimmung im Aeußern darboͤten.

Ganz anders iſt es bey den Brachpiepern. Die eigent— lichen Pieper leben unter Pflanzen wenn der Waſſerpieper

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im Sommer auf und neben den Felſen herumlaͤuft, hat er die Farbe von dieſen und deßwegen herrſcht auf ihrem Ober— koͤrper das Grün der Pflanzen vor. Der Brachpieper wohnt auf den trocknen, hellerdgrau ausſehenden Brach- und Sand— feldern, oder Sandduͤnen, und hat deßwegen kein Gruͤn auf dem Oberkoͤrper dieß wuͤrde ihn ſeinen Feinden verrathen ſondern Erdfarben, oder Erdgelblichgrau, ganz die Farbe der Stellen, auf denen er lebt. Ueberhaupt iſt die Zeichnung ſeines ausgefärbten Kleides viel verwaſchener, an dem Unterkoͤrper wer nig, oft kaum merklich gefleckt; die Schwung- und Steuer⸗ federn ſind ſchmaͤler, aber ftärker, der Sporn iſt kuͤrzer, aber etwas dicker, die Fuͤße ſind laͤnger und ſtaͤrker und der Koͤrper iſt geſtreckter als bey den eigentlichen Piepern. Auch unterſchei⸗ | det fie das Betragen. Sie ſchreien beym Auffliegen nicht piep, ſondern tititi, leben nicht unter Pflanzenblaͤttern nur ſelten fliegen ſie im Herbſte auf die Kartoffelaͤcker und auch hier laufen ſie am liebſten nur in den Furchen herum ſondern frey auf den pflanzenloſen oder nur mit wenig Kraͤutern beſetzten Stellen, ſuchen ſich deßwegen der Gefahr auch nicht durch Niederkauern, ſondern durch Laufen in gedruͤckter Stellung wo moͤglich in einer Vertiefung zu entziehen ſie laufen ſehr gern den Furchen entlang und zwar große Strecken weit in einem Zuge und haben gar keinen melodiſchen Geſang, ſondern laſſen nur, auf einem Buſche oder Pfahle ſitzend, oder in großen Bogen durch die Luft fliegend, ihr zweytoͤniges, wenig angenehmes t luͤi er⸗ tönen. Auch in dem Betragen, nachdem fie aufgeſcheucht wor⸗ den, weichen ſie ſehr von den eigentlichen Piepern ab. Dieſe alle ſuchen, wenn fie aufgejagt werden, ſehr gern im Gebuͤſch. oder auf Baͤumen Schutz gegen ihre Feinde; nicht fo die Brach— pieper; dieſe erwarten ſie bey ihrer Flucht auf andern, mehr oder weniger weit entfernten freien Plaͤtzen und zwar ſtets auf den Boden.

In der Farbe, ſelbſt im Aufenthalte an freyen Stellen, haben ſie viele Aehnlichkeit mit den Haubenlerchen. Alle eben aufgeführten Verſchiedenheiten find fo bedeutend, daß die Brach—⸗ pieper nicht mehr unter den eigentlichen Piepern ſtehen koͤnnen, ſondern zu Corydalla gezogen werden muͤſſen.

Nach dieſen allgemeinen Bemerkungen komme ich auf das oben angefangene Beſondere zuruͤck. Ich hoͤrte am 6. May 1836. bey Brinnis einen Brachpieper, ohne ihn erlegen zu koͤn⸗ ven, hatte aber am 20. May 1835. ein Männchen dieſes Pie⸗ pers dort geſchoſſen, und zu meiner großen Freude eine Cory- dalla arvensis in meiner Hand. Ich muß den geehrten Leſer darauf aufmerkſam machen, daß ich bey meinem ſeligen Freunde Michahelles in Erlangen im May 1830 zwey große Brach- pieper mit dicken, langen Schnaͤbeln aus Trieſt ſah, welche ich, obgleich fie im Herbſtkleide waren, für füdtiche Vögel hielt und, ſiehe Handb. S. 1015, Anthus arvensis nannte. Wie fehr war ich erſtaunt, in dem am 20. May 1835. bey Brinnis erlegten Pieper die Corydalla arvensis wieder zu finden! Ich war ſpäterhin mit dieſem Vogel recht gluͤcklich. Am 1. Septbr. deſſelben Jahres ſchoß ich 1 Stunden von hier ein ganz großes, ſchoͤnes altes Maͤnnchen, 3 Tage ſpaͤter ein altes Weibchen der⸗ ſelben Gattung und am 10. Auguſt, ganz nahe bey der hieſigen Pfarrwohnung, ein altes Weibchen mit einem ſeiner Jungen, einem Maͤnnchen. Nun muſterte ich meinen Piepervorrath und fand unter demſelben noch ein Weibchen im erſten Herbſtkleide, ein anderes im Jugendkleide und ein am 10. Auguſt 1832. erlegtes. Auch erhielt ich 5 Stuͤck von meinem lieben Freunden von Homeyer in Nerdin und Zander in Luͤbs. So ſtehen

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denn 12 Stuͤck dieſer Subspecies vor mir und ſetzen mich in Stand, dieſe intereſſante Gattung vollſtaͤndig zu beſchreiben und die uͤbrigen Subspecies daneben ſtellen zu koͤnnen.

1) Der Feldbrachpieper, Corydalla arvensis Br. (Anthus campestris Dechst. et Naum. Alauda cam- pestris Linn.)

Der Schnabel iſt gerade, lang und ſtark, an der Wur— zel ſehr hoch, der Kopf ſanft gewoͤlbt. Länge 7“ 36“.

Er iſt der größte Brachpieper, lang und ſtark; 7“ 3 bis 6’ lang und 10“ 2 bis 8““ breit, der Schwanz mißt 2“7““ die Schwingenſpitze 3“ 2“, der Schnabel 52 bis 6“, die Buß: wurzel 12“.

| Er hat in allen Kleidern die Zeichnung der andern Brach—

pieper; im Fruͤhjahre ſo wenige Flecken an der Bruſt, daß der ganze Unterkörper im Sommer ungefleckt erſcheint. Auch der ganze Oberkoͤrper ſieht in dieſer Jahreszeit faſt einfarbig erdgrau aus, mit ſchwach angedeuteten Fluͤgelbinden und Schwungfeder— kanten. Im Jugendkleide find Schnabel unb Naͤgel hell horn— farben, der erſtere durchaus mit blaßgelber Einfaſſung und die Fuͤße roſenroth.

Bey dem am 1. Septbr. 1835. eclegten alten Maͤnnchen war der Rachen ziemlich weit und roͤthlichgelb, der innere Schna— bel rinnenartig, ſchmal, mit ſcharfer, etwas eingezogener Schneide; der Gaumen im platten Rachen vorn ein breiter Ritz, hinten

ſehr weit, mit erhoͤhtem gezaͤhneltem Rande, die niedrigen Sei—

tenleiſten vereinigen ſich 3“ vor dem Gaumen. Der Schnabel iſt dunkelhornfarben, am Unterkiefer lichter, der Augenſtern hell— braun, der Fuß hornweißlich. Die ſchmale, harte, horngelbliche Zunge vorn in zwey Hauptſyitzen geſpalten. Die walzenfoͤrmige Luftroͤhre niedergedruͤckt, knorplig, nicht hart, mit zarten Rin— gen und kleinem“ Muskelapparate am nicht erweiterten un— tern Kehlkopfe; die Aeſte oben hoch und ſchmal, mit vortreten— den Spitzen, unten gewoͤhnlich geſtaltet. Die edlern innern Theile wie bey den andern Piepern, ebenſo die am rechten Lap— pen lange Leber. Die Speiſeroͤhre weit, der Vordermagen eng, druͤſig und dickhaͤutig, der eigentliche Magen mittelgroß, haͤutig muskelartig, innwendig mit einer lederartigen hellbraunen Haut, voll von ſehr kleinen, ganz zerriebenen und deßwegen nicht zu beſtimmenden Kaͤferchen und Inſectenlarven. Der Darm wenig ausgebildet, oben ſo weit wie ein ſtarker Raben-, unten wie ein Kraͤhenkiel mit 2 warzenartigen, ſehr kleinen, nicht ganz 1% langen, 6“ vom After entfernten Blinddaͤrmen.

Dieſe Subspecies erhaͤlt durch die aus Norddeutſchland geſandten Stuͤcke, durch das am 10. Auguſt 1836. mit dem jungen Männchen, dem Sohne, erlegte alte Weibchen und durch ein Paar am 20. Auguſt 1832. geſchoſſene Geſchwiſter, im Uebergange zum Herbſtkleide, ihre volle Beſtaͤtigung.

2) Der ſchlanke Brachpieper, Corydalla gracilis Br. (Anthus campestris Bechst. Alauda campestris L.)

Der Schnabel iſt gerade, fehr lang und ſchwach, an der Wurzel niedrig, der Kopf ſanft gewoͤlbt. L. 7“ 1-3",

* Daher fein unbedeutender Geſang.

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Dieſer Brachpieper iſt wenig kuͤrzer, aber viel ſchlanker, als der vorhergehende, hat merklich duͤnnere Fuͤße, als dieſer und iſt auch von ihm, wie von allen folgenden, durch den ſehr lan— gen und dünnen Schnabel, auf den erſten Blick ausgezeichnet. Dieſe Gattung erhaͤlt ihre Hauptbeſtaͤtigung durch eine ganze Familie, welche ich am 19. July 1825. hier erbeutete. Ich ſchoß an dieſem Tage die beyden Alten und fieng die Jungen. Ein Weibchen im erſten Herbſtkleide erlegte ich am 4. Septbr. 1819. und ein altes Maͤnnchen am 12. July 1830. beyde hier.

3) Der mittlere Brachpieper, Corydalla campestris Br. (Anthus campestris Bechst. Alauda campestris L.)

Der Schnabel ift gerade, mittellang und mittelſtark; der Kopf ziemlich ſtark gewoͤlbt. Laͤnge 6“ 10“ bis 7“.

Er iſt kleiner, kurzſchnaͤbliger und hochkoͤpfiger als die beyden vorhergehenden; von Nr. 1. durch den viel ſchwaͤchern, von Nr. 2. durch den viel kuͤrzeren Schnabel und von beyden durch den ſehr gewoͤlbten Kopf leicht zu unterſcheiden. Zwey gepaarte, im May geſchoſſene Paare meiner Sammlung beſtaͤ⸗ tigen dieſe Subspecies.

4) Der kurzſchnaͤblige Brachpieper, Corydalla agrorum Br. (Anthus campestris Bechst. Alauda campestris Linn.)

Der Schnabel iſt gerade, kurz und ſtark; der Kopf ſehr gewoͤlbt. Länge 6“ 8 10%.

Er unterſcheidet ſich von allen vorhergehenden durch die Kuͤrze ſeines Schnabels. Durch die bedeutende Staͤrke deſſelben erhält er einige Aehnlichkeit mit Nr. 1.; allein fein Schnabel iſt bedeutend kuͤrzer und ſchwaͤcher, als bey dieſem und fein Kopf weit mehr gewoͤlbt. Am auffallendſten iſt er von Corydalla gracilis unterſchieden; denn bey dieſen beyden Voͤgeln haben wir das Aeußerſte in Hinſicht der Laͤnge und Kuͤrze eines Brach— pieperſchnabels vor Augen. Ein gepaartes, am 3. July 1831. geſchoſſenes Paar meiner Sammlung dient dieſer Subspecies zur Beſtaͤtigung.

5) Der bogenſchnaͤblige Brachpieper, Corydalla subarguata Br. (Anthus campestris Bechst. Alauda campestris Linn.)

Der Schnabel ift ſanft bogenfoͤrmig und mittellang, der Kopf ſehr wenig gewoͤlbt. Laͤnge 6“ 8 10%.

Er zeichnet ſich auf den erſten Blick von allen ſeinen nahen Verwandten durch den etwas bogenfoͤrmigen Schnabel und den ſehr wenig gewoͤlbten Kopf aus. Man findet ihn im Fruͤhjahre nicht ſelten vermauſert, und dann iſt ſeine ganze Zeichnung viel friſcher und ſchoͤner, als bey den andern Brach— piepern. Er iſt der ſeltenſte von allen vorhergehenden in der hieſigen Gegend.

6) Der Sandbrachpieper, Corydalla arenaria Br. (Anthus rufescens Temm.) Der Schnabel iſt ziemlich lang und gerade; der Kopf ziemlich gewoͤlbt. Länge 6“ 8 10%.

Er hat die groͤßte Aehnlichkeit mit Nr. 2.; allein ſein Schnabel iſt merklich kuͤrzer und fein Körper viel kleiner, weß⸗

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wegen auch feine ganze Länge viel geringer iſt. Mit Nr. 3. hat er auch einige Aebnlichreit; allein der Schnabel iſt ſchlanker und der Scheitel viel niedriger.

7) Der nubiſche Brachpieper, Corydalla flavescens Br. (Anthus flavescens Dr.)

unterſcheidet ſich von [allen vorhergehenden durch den auch im Fruͤhjahre lichten Schnabel, den langen Schwanz, welchen er mit Corydalla gracilis gemein hat, und durch die ins Erd⸗ gelbe ziehende Farbe des ganzen Oberkoͤrpers. Dieſer iſt im Fruͤhjahre merklich gelber als bey allen vorhergehenden im Herbſt⸗ kleide; denn bey dieſem ſchimmert ſtets das Erdgraue vor.

Nr. 1. lebt, wie ſchon oben bemerkt wurde, auf den gro— fen Brachen der Ebenen Norddeutſchlands und geht wahrſchein— lich von Leipzig bis an die Seekuͤſten hinauf. In unſern ber⸗ gigten Gegenden traf ich ihn bis jetzt nur auf dem Zuge und zwar auf dem Herbſtzuge. Er faͤllt dann auf die Steppelaͤcker und ſucht auf ihnen Sand- und andere kleine Kaͤfer auf. Die von mir beobachteten Voͤgel hatten etwas ſehr Eigenthuͤmliches. Sie lockten allerdings auch tluͤi, wie die hier bruͤtenden, Nr. 2., 3. und 4.; allein man hört Töne von ihnen, welche dieſe nie ausſteßen. Der, welchen ich am 1. Septbr. 1835. erlegte, ſtürzte fi vor meinen Augen mit ganz ſonderbaren trillerartigen Tönen, welche ich nie vorher und nur einmal nachher von einem Brachpieper gehört habe, auf ein Haferſtoppelfeld herab und wurde dann ſogleich geſchoſſen. Die beyden, die Mutter und der Sehn, welche ich am 10. Auguſt 1836. wenige Schritte von meiner Wohnung antraf, waren ſehr zahm. Ich ſah ſie ankemmen, fie flogen ziemlich hoch und ſtuͤrzten ſich plotzlich herab. Das junge Maͤnnchen ſetzte ſich auf einen Weizenſtop⸗ pelacker, das alte Weibchen auf eine nicht weit von demſelben ſtehende Aſpe ganz frey und niedrig auf einen verftehenden Zweig. Dieß ließ zuerſt Ähnliche Töne hören, wie das früher beobachtete Maͤnnchen. Als es aber ſein Junges in Gefahr ſah: ſchrie es wie die Hausſperlinge und zwar dieſen ſo aͤhnlich, daß einige von ihnen, welche ſich in der Naͤhe befanden, darauf antworte— ten. Auch als fein Junges getödtet war, verließ es dieſe Stelle nicht und wurde ſehr leicht erlegt. Bey den andern Brach— piepern dieſer Gattung, welche ich ſah und ſchoß, beobachtete ich nichts beſonderes.

Die bey Brinnis wohnenden moͤgen wohl im Getreide brüten; denn ſie haben dort keine Kiefernanſaaten, in denen ſie bey und nach Naum ann niſten konnten, und ich zweifle, daß ſie in den hohen und dichten Erlen⸗, Weiden- und andern Büͤſchen ihr Neſt anbringen. Ein Ey, welches ich aus Nord⸗ deutſchland erhielt, iſt 91“ lang, 73“ breit, ſchoͤn eyfoͤrmig, glänzend hellgrau, überall dunkelgrau gewaͤſſert, faſt ganz mit dunkeln Fleckchen bedeckt.

Nr. 2. fand ich in der hieſigen Gegend zur Brutzeit. Er lebt auf den Brachaͤckern, im Frühjahre ſehr oft auf den umgepflügten oder mit Sommerfrucht beſaͤeten Feldern, und läuft auch nicht ſelten auf den Wegen, zuweilen auch auf den Rainen und andern freien Plaͤtzen herum. Er ift ſcheu und flüchtig, doch weniger als Nr. 1., und hat auch gewoͤhnlich einen kleinern Bezirk, als dieſer, inne. Er liebt die Höhen und Bergabhaͤnge und koramt ſelten in die Thaͤler herab. Er erſcheint in den letzten Tagen des April ich hoͤrte ihn nie vor

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dem 27. dieſes Monats oder in den erſten des May, nach: dem die Fruͤhlingswitterung guͤnſtig oder ungünftig iſt. Er laßt bald nach feiner Ankunft feine laute, wie tluͤi klingende Stimme hören, indem er entweder auf einem Pfahle, Buſche oder nie drigen Baumzweige ſitzt, oder in großen Bogen weite Strecken durchfliegt. Sogleich nach ſeiner Ankunft paart er ſich, ja er kommt oft ſchon gepaart an, haͤlt ſich treu zu ſeinem Weibchen, fliegt ihm überall nach, ſetzt ſich in feiner Naͤhe nieder, und be weiſt ihm auf alle Weiſe ſeine Aufmerkſamkeit und Zaͤrtlichkeit.

Es gewährt eine angenehme Unterhaltung, dieſe Voͤgel ihrer Nahrung nachgehen zu ſehen. Ich bemerkte ſie oft auf einer etwas erhoͤhten Stelle, einem Steine oder einer Erdſcholle, auf der ſie faſt wie die Steinſchmaͤtzer ſaßen. Sie ſahen ſich dabey nach allen Seiten um, und wenn fie eine Cieindela, Cocei- nella oder einen andern kleinen Kaͤfer erblickten: liefen ſie mit größter Schnelligkeit auf ihn zu, und fiengen ihn weg. Sie ſcheinen bey dieſer Jagd einen Unterſchied zu machen; denn ich ſah fie zuweilen langſamer und bedaͤchtiger auf ein Inſect zu⸗ ſchreiten. Wahrſcheinlich war dieß ein ſolches, welches ſich ihnen nicht leicht, wie Cieindela durch die Flucht entziehen kann. Käfer fand ich faſt ausſchließlich in ihren Magen und vermuthe deßwegen, daß dieſe ihre Lieblingsnahrung ausmachen, und daß ſie nur gelegentlich eine Larve mit verſchlingen. Es war mir unmoglich, ihre Nahrung genau zu beſtimmen; denn die Lauf⸗ und Springkaͤfer, welche ich in ihrem Magen antraf, waren immer ſo zerrieben, daß die Arten nicht mit Sicherheit beſtimmt werden konnten. Wenn er laͤuft, druͤckt er den Kopf nieder, zieht den Hals ein und biegt die Fuͤße im Ferſengelenke, ſo daß er den Leib niedrig und wagerecht hält, und wenig bemerk⸗ bar iſt. Er rennt oft große Strecken, ohne anzuhalten, in einem Zuge fort. Wenn er ansruht, ſtellt er ſich ganz anders. Er richtet den Leib und Kopf in die Hoͤhe, ſtreckt den Hals aus, ſtellt die Fuͤße im Ferſengelenke faſt oder ganz gerade, ſieht ſich in dieſer aufgerichteten Stellung oft um und bewegt den Schwanz zuweilen langſam niederwaͤrts. Wenn er einer Gefahr, die ihm nicht ſehr draͤn end ſcheint und ihn deßwegen nicht zum Auffliegen veranlaßt, entrinnen will: laͤuft er, wie ſchon oben bey den Brachpiepern im Allgemeinen bemerkt wurde, iu einer Furche oder in einem Fahrgeleiſe oder in einer andern rinnenartigen Vertiefung fort und entzieht ſich auf dieſe Art oft den Augen feiner Feinde. Wenn er aufgejagt wird: laͤßt er entweder fein Tluͤt oder fein Hititi ertoͤnen, und fest ſich oft nahe von ſeinem erſten Aufenthaltsorte wieder nieder, oft fliegt er aber auch ſo weit, daß er den Augen entſchwindet.

Fortpflanzung: Sein Neſt iſt aͤußerſt ſchwer und mit den Eyern nur zufaͤllig zu finden. Die, welche ich zur Brutzeit beobachtete, bewieſen bey dem Neſte eine Klugheit und Vorſicht, welche Erſtaunen erregt. Beim Bauen laſſen ſie ſich gar nicht beruͤcken; denn ſie tragen, ſo lange ein Menſch in der Naͤhe iſt, nie zu Neſte; ich kann deßwegen auch gar nicht ſagen, ob das Weibchen allein oder mit Huͤlfe des Maͤnnchens den wenig kunſtfertigen Bau des Neſtes vollbringt. Ein Neſt mit Eyern muß zufaͤllig entdeckt werden; denn ſuchen kann man es nicht. Das Maͤnnchen laͤuft zur Brutzeit entweder auf den Brachen oder weit vom Neſte herum, oder fliegt, wahrſcheinlich um ſein brutendes Weibchen zu unterhalten oder um ſeiner Zaͤrtlichkeit durch Toͤne Luft zu machen, mit ſeinem einfachen Tui hoch in der Luft herum, und ſtuͤrzt ſich keinesweges nur da herab, wo fein Neſt iſt, ſondern oft weit von demfelben.

eintrat.

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Mir fanden deßwegen hier nur ein einziges Neſt dieſes Vogels, und zwar mit 4 Jungen, am 10. Julius 1825. Es ſtand in einem Roggenacker mitten auf einem Beete, und zwar an einer ſolchen Stelle, welche noch auf allen Seiten mit vielen Roggen umgeben war. Wer kann an einem ſolchen Orte ein Brachpieperneſt mit Eyern ſuchen? Die Alten verriethen es uns dadurch, daß ſie den hungrigen Jungen Nahrung brachten. Auch beym Fuͤttern derſelben legten ſie ihre Vorſicht nicht ab; denn ſie flogen gewoͤhnlich nicht geradezu an die Stelle, an welcher das Neſt ſtand, ſondern eine Strecke von demſelben nieder und liefen nach demſelben hin, um ſeinen Standort nicht zu verrathen. Es war in einer von den Voͤgeln ſelbſt gemach: ten Vertiefung angebracht, tiefer als eine Halbkugel und durch— aus von zarten, duͤrren Grashalmen und Grasblaͤttern, faſt wie ein Feldlerchenneſt gebaut, mit ziemlich dicken Waͤnden, innwendig glatt und ſchoͤn und enthielt 4 Junge, bey denen die blaͤulichen Kielen der Schwung- und Steuerfedern eben her— vorbrachen. Sie waren beſonders auf dem Oberkoͤrper mit tief— grauen Dunen duͤnn bedeckt und hatten gelbliche Schnaͤbel und Fuͤße. Sie wuchſen ſchnell und wurden recht ſchoͤn. Ich nahm ſie aus und erhielt ſie eine Zeit lang, das eine mehrere Jahre im Käfige, ob es gleich ein Weibchen war. Es fang deßwegen nicht, ließ aber von Zeit zu Zeit ſeine Stimme ertoͤnen. Es wurde ungewoͤhnlich zahm, lernte mich bald kennen, richtete ſich hoch auf, wenn ich zum Kaͤfige trat, begruͤßte mich mit Ge— ſchrey und hatte eine außerordentliche Freude, wenn ich mit einem Mehlwurme kam, den es mir jedesmal aus der Hand nahm. Es lief in dem langen Käfige gern auf dem Boden herum, ſetzte ſich aber auch oft auf die Sitzſtangen. Es ſchlief

gewohnlich in einem Winkel des Kaͤfigs auf dem Boden

doch den Schwanz ab; den Koͤrper trug es ſtets ſchlank.

niedergekauert. Es hielt ſich ſehr glatt und ſchoͤn, ſtieß aber Es

mauſerte ſich im Auguſt und verlor in kurzer Zeit alle Federn,

nur die Schwung- und Steuerfedern wurden langſam erneuert. Es fraß ſehr gern Ameiſeneyer und verſchluckte von Zeit zu Zeit

Kieskoͤrner. Die Kaͤlte war ihm unangenehm; es ſtarb auch in ſeinem dritten Lebensjahre im Herbſte, als die rauhe Witterung Sein Schnabel blieb, wie bey vielen Stubenvoͤgeln, ob es gleich oft freye Luft genoß und auch zuweilen von der Sonne beſchienen wurde, ſtets licht. Zur Zugzeit war es ſehr

unruhig und zwar mehrere Wochen lang, woraus ich ſchließe,

daß dieſer Pieper weit wandert. Wer einen Vogel des Geſangs wegen im Zimmer haͤlt, darf freylich keinen Brachpieper waͤhlen; denn ein ſolcher frißt eben ſo viel, als eine Nachtigall und hat gar keinen Geſang.

Die Alten, welche ich in der Freyheit beobachtete, fuͤhrten

ihre Jungen und flogen mit ihnen vorzugsweiſe auf den Stop:

pelaͤckern herum. Ich ſah dieſe kleinen Geſellſchaften oft. Sie bleiben mit ihnen zuſammen, bis ſie faſt oder ganz vermauſert ſind; dann vereinigen ſich entweder mehrere Familien zu kleinen Fluͤgen, oder ziehen einzeln weg; ich fand mehrere einzelne auf der Wanderung. Sie laſſen ſich dann gewöhnlich auf den Stop— pelackern, vorzugsweiſe auf ſolchen, auf denen noch Hafer liegt oder abgeerntet iſt, nieder, ſuchen eine Zeitlang Nahrung und gehen dann weiter; denn ſie wandern wohl nur am Tage und zwar in den letzten Tagen des Auguſt und in den erſten des September.

Ob ſie alle Jahre in der hieſigen Gegend bruͤten, kann

ich nicht ſagen; allein ich bezweifle es ſehr, weil ich fie in

Iſis 1841. Heft 1.

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manchen Jahren an den Stellen, an welchen ſie in andern leben, vergeblich geſucht habe. Es iſt mir ſehr waͤhrſcheinlich, daß die Witterung oder andere mir unbekannte Umſtaͤnde auf die Verlegung ihres Wohnorts dahin oder dorthin Einfluß ha⸗ ben, und daß ſie, wie viele Voͤgel, ein zigeunerartiges Leben fuͤhren. .

Nr. 3. iſt fo vollſtaͤndig in meinen Beytraͤgen zur Voͤ⸗ gelkunde beſchrieben, daß ich hier nichts hinzuzuſetzen brauche.

Nr. 4. Dieſer Pieper lebt auch in der hieſigen Gegend und zwar jedes Jahr, aber nur in wenigen Paaren. Ich fand ihn ſtets auf den Lehden und Brachen unſerer Berghoͤhen, be— ſonders auf ſolchen, auf denen Wachholderbuͤſche ſtehen. Er kommt von dieſen in die Wege, und im Fruͤhjahre, wie der vorhergehende, auch auf die friſchgepfluͤgten oder kuͤrzlich beſaͤeten Aecker und andere freye Stellen, und hat einen ziemlich weiten Bezirk. Auch er erſcheint hier zu Ende Aprils oder zu Anfang Mays und laͤßt dann ſogleich ſeyn Tluͤi ertoͤnen. In den er— ſten Tagen des May ſah ich ſchon die Paare vereinigt, und fand ſie dann bis zur Mauſer, im Auguſt, ſtets zuſammen. Im Herbſte bemerkte ich ſie faſt immer auf den Stoppelfeldern, von denen aus ſie zuweilen auch auf die Kartoffelaͤcker fliegen.

In ihrem uͤbrigen Betragen haben ſie mit Nr. 2. große Aehnlichkeit, ebenſo in ihrer

Nahrung, welche vorzugsweiſe ebenfalls aus allen den kleinen Kaͤfern beſteht, die auf den Brachen, friſch geackerten und beſaͤeten Feldern, den Lehden und Wegen herumlaufen.

Fortpflanzung. Trotz aller Muͤhe fanden wir nur ſehr wenige Neſter dieſer Voͤgel, und zwar im Junius, ges woͤhnlich in der erſten Haͤlfte. Die Neſter ſtanden in einer von den Voͤgeln ſelbſt gemachten Vertiefung, waren uͤbrigens wie bey Nr. 2. gebaut und auch ſehr verborgen; aber nicht im Roggen, ſondern unter Wachholderbuͤſchen. Auch dieſe Gattung iſt beym Neſtbaue ſo außerordentlich vorſichtig, daß ſie ſich nur aus einem paſſenden Verſteck, welches ſich ſelten auf ihrem Neſtplatze finden wird, beobachten laſſen wuͤrden. Uns iſt es noch nicht gelungen, ſie bey dieſer Arbeit belauſchen zu koͤnnen. Die Neſter, welche wir entdeckten, fanden wir zufällig, indem wir an den Buſch ſtießen, unter welchem das Neſt verborgen war, das nun das aus demſelben herausfliegende Weibchen vers rieth. Dieſe Neſter enthielten 4 bis 5 Eyer, welche im Ver⸗ haͤltniß zur Größe des Vogels ziemlich klein, nur 93“ lang und 74" breit, ſchoͤn eyformig, glänzend hellgrau, überall fo tieſgrau gewaͤſſert find, daß die dunklen Flecken den lichten Grund faſt ganz bedecken. Sie find etwas kleiner als das Eh von Corydalla arvensis, welches ich aus Norddeutſchland ers hielt, uͤbrigens ihm ſehr aͤhnlich gezeichnet.

Die Alten, welche wir beym Neſte oder beym Fuͤhren der ausgeflogenen Jungen beobachteten, liebten dieſe ſehr, und warnten ſie, mit Verachtung augenſcheinlicher Todesgefahr, vor ihren Feinden. Sie ſtreichen bis zu ihrem Wegzuge mit ihnen auf den hochliegenden Feldern herum, und wandern entweder mit ihnen allein oder mit andern Familien vereinigt, ſeltener von ihnen getrennt und einzeln weg. Sie lieben die Berge fo ſehr, daß ſie auch waͤhrend des Zuges ſich faſt nur auf den Hoͤhen niederlaſſen, um auszuruhen und Futter zu ſuchen. Wie weit ihre Verbreitung geht, kann ich nicht ſagen; denn

0

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die 10 Stuͤcke meiner Sammlung ich beſitze fie vollſtaͤndig in allen Kleidern ſind alle in der hieſigen Gegend von mir und zwar auf den Hoͤhen geſchoſſen worden.

Nr. 5. iſt der ſeltenſte von allen vorhergehenden Brach—⸗ piepern in der hieſigen Gegend. Ich habe ihn nur dreimal ge— ſchoſſen. Den erſten erlegte ich im Anfange des May 1810. auf den Hoͤhen des Orlthales, nicht weit von Neuſtadt an der Orla, den zweyten hier am 3. May 1817. und den dritten ebenfalls hier am 30. April 1827.; einen vierten erhielt ich aus der Gegend von Wien, ebenfalls einen Vogel im Hochzeitkleide. Er unterſcheidet ſich von den Verwandten außer der Geſtalt ſeines Schnabels und Kopfes auch dadurch, daß er gewoͤhnlich eine Fruͤhlingsmauſer hat, welche jenen fehlt. Von den vier eben angefuͤhrten Stuͤcken meiner Sammlung, welche, wie wir geſehen haben, alle im Fruͤhjahre geſchoſſen wurden, ſind drey friſch vermauſert, und ſehen deßwegen den Herbſtvoͤgeln der andern auf dem Ober- und Unterkoͤrper ſehr aͤhnlich. Doch erſtreckt ſich dieſe Fruͤhjahrmauſer nicht wie bey den Wieſenpie⸗ pern auf die hinterſten Schwung- und 2 mittelſten Steuerfedern; dieſe bleiben vielmehr, wie alle andern großen Federn, noch vom Herbſtkleide übrig, was man deutlich an den abgeriebenen Sei: ten ihrer Fahnen ſieht.

Da ich nur fo wenige dieſer Subspecies erlegte, und dieſe noch uͤberdieß zu einer Zeit ſchoß, in welcher ich die ver- wandten Gattungen der Brachpieper noch nicht unterſcheiden konnte: iſt es mir unmoͤglich uͤber das, worinn ſie in ihrem Betragen von den andern abweichen, ſowie uͤber ihren eigent⸗ lichen Aufenthaltsort etwas Beſtimmtes zu ſagen.

Nr. 6. iſt nie in der hieſigen Gegend und nie von mir im Leben geſehen worden. Er gehoͤrt den Meereskuͤſten an und lebt dorl auf den Duͤnen, namentlich findet man ihn auf den Sandduͤnen der Nordſee, woher auch die Stuͤcke meiner Samm⸗ lung ſtammen. Er ſoll dort nicht eben ſelten ſeyn. Da es mir nie möglich war, ihn im Leben zu beobachten: wuͤrde es vermeſſen erſcheinen, etwas uͤber ſein Betragen, ſeine Nahrung und ſeine Fortpflanzung ſagen zu wollen. Ich vermuthe, daß es der von Temminck beſchriebene Brachpieper iſt. Siehe deſſen Man, d' Ornithologie. Vol. I,

Nr. 7. endlich, welcher ſich auch durch die Zeichnung als ſuͤdlichen Vogel ankuͤndigt, gehoͤrt nur dem warmen Himmels— ſtriche an, und kommt deßwegen wohl nie in unſerem Vater— lande vor. (Fortſetzung folge)

Bulletin scientiſique,

publié par [Academie impériale des Sciences de St. Pétersbourg. VI. 1839. et VII. 1840.

Band VI. 1839. Nr. 11. 12. Auguſt. Oſtrogradsky, uͤber die beſtimmten Quadraturen. Sjoegren, über die Finnen und andere tſchudiſche Völker.

Moskau.

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Fritzſche, Darſtellung der Chromſaͤure, Bildung ſalpe⸗ trichtſaurer Salze. N

Trautvetter, neue einheimiſche Pftanzengattungen: Faldermannia (Ziziphora taurica). 5 N. Fuß, geognoſtiſche Beobachtungen auf einer Reife

nach Archangel. Nr. 18. September. 5 } Parrot, Unterſuchungen uͤber die Steine von Imatra.

F. Fiſcher und C. Meyer, uͤber die Bluͤthen der Lu⸗ dolfia glaucescens. 85, Köppen, über das Batta- Manufeript zu Kiew. Eine

Tafel. ) Nr. 14. October. Dorn, uͤber die Sprache der Afghanen.

Kruſenſtern, neueſte Entdeckungen in den ſuͤdlichen Polar⸗-Gegenden. TR Trautvetter, mirabilis Planiflora n. Helmerſen, Entdeckung des Waſchgolds am Ural, As muß, Knochen und Schilderreſte im lievlaͤndiſchen Sandſtein; ungeheure Fiſchzaͤhne. N Nr. 15. 16. i Nervander, Unterſuchungen Über die tägliche Veraͤn⸗ derung der magnetiſchen Declination. 2 Tafeln und 23 Tabellen. R. Fuß, geognoſtiſche Beobachtungen von Archangel nach

Nr. 17. ui E. Hofmann zu Kiew, geognoſtiſche Reſſe in die ſuͤd⸗

liche Krimm. Koͤppen, uͤber das aſtrachaniſche Gouvernement und die

Kalmuͤcken.

Nr. 18. November. f Hanſteen, über eine periodifche Veränderung der hori⸗ zontalen magnetiſchen Intenſitaͤt, welche von der Laͤnge des auf- ſteigenden Mondknotens abhaͤngig iſt. i Goͤppert, uͤber die foſſilen Pflanzen. S. 285. Struve, Notiz uͤber den Cometen vom 2. December 1839, S. 285. Nr. 19. ö Rooke, meteorologiſche Beobachtungen auf Sandwich. Brandt, uͤber einen neuen Cormoran aus Indien, Carb nudligula; wie Carbo graculus. 5

Trautvetter, uͤber Alyssum minutum; bey Kiew.

Gebler, Notizen Über das Vorkommen des Tigers i Altai, S. 292; nicht ein eigentlicher Bewohner, ſondern ein Gaſt; heißt Bars. Binnen 30 Jahren haben ſich 5 im Kos lywano-woſkreſſenſkiſchen Huͤttenwerke gezeigt; 1811, 1814 ein Weibchen und ein kleinerer; etwa 1829 der vierte; October 1839 der fuͤnfte; ſie toͤdteten Hunde und Kuͤhe und verwun deten ſelbſt Menſchen; alle wurden getoͤdtet. Der letztere wo 8 Pud 10 Pfd. (330 Pfd.); Laͤnge 23 Arſchine, Schwanz 11,

}

|

9

Ein Bartgeyer fraß es und blieb auf der Stelle todt.

ſeltener im ſajaniſchen Gebirge.

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Höhe 14, Umfang eine Arſchine und 10 Werſchok; es iſt ſchade, daß die Zeit des Erſcheinens nicht bey allen hat aus- gemittelt werden koͤnnen. i

Derſelbe, Bemerkungen Über den Bartgeyer Sibiriens (Gypaòtus barbatus):

J. G. Gmelin ſah einen jungen in Nertſchinſk; Pallas einen alten in Irkutſk (noch ausgeſtopft in Petersburg). Kommt nach Pallas auch im ſajaniſchen Gebirge vor. Im Winter 1839. that ein Kalmuͤcke Brechnuß in Fleiſch fuͤr Alpenwoͤlfe (Canis alpinus), am Fluß Argut im katuniſchen 9 5

er

Verfaſſer ſchickte den Balg nach Petersburg. Stimmt ziemlich

mit der Beſchreibung von Pallas uͤberein, weicht aber von denen des Schweizerbartgeyers ab: Federn am Nacken und Bauche lichter, milchweiß, mehr oder weniger ins Roͤthlichgelbe ſpielend;

Iris hell ſilberweiß (nicht blaßgelb); die Sclerotica ſtrenger

genommen die Verbindungshaut über der roͤthlichweißen Sele.

rotica hoch ſcharlachroth, nicht orangefarbig (es war wohl nur ein Verſehen, daß Pallas die Hornhaut ſo bezeichnete), und die Augenlieder ſind blaugrau, nicht roͤthlichgrau. Da aher die übrige Färbung, die Größe und die Dimenftonen des ſibiriſchen Bartgeyers mit dem ſchweizeriſchen ſehr wohl uͤbereinkommen; ſo moͤchten jene Verſchiedenheiten nicht hinreichen, jenen zu einer eigenen Art zu erheben.

Er kommt nach Pallas in Dewurien zwiſchen den Fluͤſ— ſen Tſchikri und Onon vor, zwiſchen der Lena und dem Amur, Er baut da ſein Neſt auf den hoͤchſten Felſen; im Durchmeſſer 4 Fuß breit, aus Lerchenaͤſten mit Schafwolle, Reh- und Pferdehaaren, die er mit Koth cementiert. Seine Eyer ſind weiß. Er frißt nicht nur Cada— ver, ſondern jagt auch Antilopen und Argali, die er von den Felſen herabſtoßen ſoll, da ſie ſich zu Tode ſtuͤrzen. Er iſt ſchwer zu jagen und hat nur ſchwache, der des Aquila albi- eilla Pallas (Falco leucocephalus Temmincſt) aͤhnliche

Stimme.

Im weſtlichen Altai iſt bis jetzt bloß das felſige, auf dem

a Gipfel nackte, zum nördlichen Abhang des katuniſchen Hochge—

birges gehörige Gebirge im untern Verlaufe des Fluſſes Argut, in der Naͤhe der Muͤndung des Kairs, der Lieblingsaufenthalt der Steinboͤcke, als Wohnort bekannt. Er uͤberwintert hier und kommt wohl nicht von da herab; denn ſchon 70 Werſt vom Argut, um das Dorf Uimonſk, iſt er niemals geſehen, ob es gleich am Fuße der Schneeberge liegt. Er ſcheint ſonach nur in einzelnen Paͤrchen und an wenigen Stellen dieſes großen, vom Irtyſch bis zum Ocean ſich erſtreckenden Gebirgszugs vor— zukommen. Am Argut ſoll er zuweilen auf junge Laͤmmer und junge Steinboͤcke Jagd machen; ob er auch alle angreift, daruͤber konnte ich nichts erfahren, und noch weniger iſt er hier als Raͤuber von Kindern bekannt. Er kommt ſelten zum Schuß, weil er den größten Theil des Tages über im mehr ſchwebenden Fluge mit geringem Schlage der Fluͤgel hoch in der Luft her— umſtreift und ſich nur auf die unzugaͤnglichſten Felſen ſetzt. Die Kalmuͤcken bekommen ihn daher nur ſelten, und vertauſchen ſeine Schwungfedern und ſeinen Bart an die chineſiſchen Grenz— ſoldaten.

In einem Nachtrage fest Brandt hinzu: Paſtor Ho- henacker ſchickte aus dem Caucaſus und zwar von Elifabethpol

70

und aus dem Talyſch zwey Stuͤck nach Petersburg. Alle ſind einander gleich und dem aus den Schweizeralpen und dem ſar— diniſchen und bilden nicht einmal climatiſche Abaͤnderungen.

H. Heß, über die Beſtandtheile des Elemi-Harzes. Hat die Formel C40. Hes. O, was mit Marchands Zerlegung uͤbereinſtimmt, nehmlich Kohlenſtoff 85,66, Waſſer 11,53, Sauerſtoff 2,81.

Kreil, uͤber eine neue Reihe magnetiſcher und meteoro— logiſcher Beobachtungen zu Prag.

Nr. 20. 21. December. H. Bruun, Beytrag zur analytiſchen Geometrie. J. Fritzſche, Über die Verbindungen reiner Nickelſalze mit Ammoniak. Hamel, über Abdruͤcke von Daguer res Heliographie.

Nr. 22. Jaͤnner 1840.

Kupffer, Bemerkungen uͤber die hygrometriſche Formel von Auguſt.

Nr. 23.

J. Schmidt, critiſcher Verſuch zur Veſtſtellung der Aera und der erſten geſchichtlichen Momente des Buddhaismus.

Nr. 24.

Jacobi, vergleichende Meſſung der Wirkung zweyer Voltaiſcher Paare.

Mannerheim, Brandenburg. I. 2.

Brandt, Bericht uͤber die Geſchichte, Anatomie und Phyſiologie der Glomeriden. Sarefen zu Clausthal ſchickte ihm viele lebendige Glomeris marginata et pustulata. Er ſah an der aͤußern Flaͤche der Einfuͤgung der Fuͤhlhoͤrner ein beſon— deres Organ, welches auswendig eine laͤngliche Vertiefung zeigte und das Gehoͤrorgan ſeyn koͤnnte, auch eine microfcopifche Zunge; das Ruͤckengefaͤß wie bey den Hexapoden. Sie ſpritzen aus der Mitte des Ruͤckens Schleimtroͤpfchen aus, welche aus weißen Saͤckchen paarweiſe unter jedem Leibesringel liegen mit Oeffnun— gen zwiſchen den Ringeln. Die zwey Eyergaͤnge haben ihre Oeffnung nicht beym After, ſondern in zwey Schuppen hinter den Baſalgelenken des zweyten Fußpaares. Die Maͤnnchen find kleiner.

Lame, uͤber die Urſachen der Zerſprengung der Dampf— keſſel.

uͤber Erichſons Kaͤfer der Mark

Band VII. 1840.

Koͤppen, uͤber die Bevoͤlkerung Rußlands 1838. S. 2.

Kupffer, Bemerkung uͤber die Richtung und Intenſitaͤt der Reſultate der magnetiſchen Kräfte im Süden von Oſtindien. S. 19. f

Trautvetter, eine neue einheimiſche Pflanzenart: Fal- dermannia parviflora von Eliſabethpol; ſonſt Ziziphora tenuior.

F. Fiſcher und C. Meyer, neue Orchiden-Gattung aus Mexico: Seraphyta multiflora; fonft Epidendrum diffusum.

Segeth, über den Labradorſtein bey Kiew; Eryſtalle. Kieſelerde 55, Thonerde 27, Kalk 11, Natron 4, Kali 0,36, Eiſen 1,6; Spur von Kalkerde und Waſſer.

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Segeth, über phosphorſaures Eiſen von Kertſch in der Krimm. Eiſenorydul 15, Oryd 34, Phosphorſaͤure 23, Waſſer 27.

O. Struve, uͤber Galles zweyten Cometen. Nr. 4. 5. April.

Brandt, uͤber die Gattungen von Glomeris, S. 37; beſchrieben: Glomeris klugii, limbata, annullata, transal- pina, pustulata, awchasiea, tetrastycha, lepida.

Broſſet, Notiz über Edchmyadzin, S. 44, Nr. 6. 7.

Helmerſen, über die geognoſtiſche Beſchaffenheit des Waldai Plateau und ſeines noͤrdlichen Abhangs.

Eichwald, die Thier- und Pflanzenreſte des alten Roo— genſandſteins und Bergkalks um Nowogorod. Aufzaͤhlung der Fiſche, Krebſe, Kopffuͤßler, Schalthiere, Ringwuͤrmer, Strahl: thiere, Pflanzenthiere mit vielen Bemerkungen.

Köppen, uͤber die Zahl der Hebraͤer in Rußland. Ueber eine Million; am meiſten um Kiew, Wilna, in Podolien und Volhynien.

Nr. 8. 9.

Dorn, Verſuch einer Geſchichte der Schirwan Schahe, S. 101. 0

Kruſenſtern, zweyte Notiz uͤber die Expedition aus Nordamerica nach der Suͤdſee, S. 104.

Boͤthlink, Bericht einer Reiſe durch Finn- und Lapp⸗ land, S. 107. Geognoſtiſches.

Nr. 10. May.

C. Meyer, Alyssum nudum, minimum, smyrnaeum, fulvescens; Psilonema calycinum, dasycarpum, homolo-

carpum, S. 131. Fraͤhn, Bericht uͤber erworbene Muͤnzen aus Aegypten, S. 134. Nr. 11. 5 Brandt, über die Gattungen von Scolopendra, S. 147. Voran Geſchichtliches, dann beſchrieben: Se. eingulata, haanii, subspinipes, septem spinosa, crassipes, platypus, limbata, clavipes, ambigua, erythrocephala, bilineata, spinulosa, rubripes, Sagrae. Nr. 12.

Fritzſche, über das Anilium, ein neues Zerſetzungspro⸗ duct des Indigo, S. 161.

Proſſet, Abbildungen von einigen georgiſchen Siegeln, S. 165. Taf.

Kupffer, uͤber die magnetiſchen Obſervatorien, S. 169. 13. 14. Baer, Über Galleria cereana in Permien, S. 178. Parrot, Beſchreibung eines bathometriſchen Barometers, S. 181. Taf. Boͤthlink, Reife in Finn- und Lappland, S. 191 mit einer Charte. Geognoſie.

Nr.

72 Nr. 15. Juny.

Jacobi, Heß und Lenz, Bericht über Audinets Galvano-Plaſtik, S. 210.

ann Simoroff, über die Anwendung der corteſpondierenden Hoͤhen auf dem Meer, S. 217. |

Nr. 16. 17. =

Jacobi, Geſetze der electromagnetiſchen Maſchinen, S. 225.

8 2 neu Temperatur = Beobachtungen auf Nowaja⸗Semlja, 0 |

Lenz, über die Beſtimmungen der magnetifchen Incli⸗ nation und Intenſitaͤt von Ziwolka, S. 249. 17

Kruſenſtern, Bemerkung Über die Charte von Gil berts Archipelag, S. 253.

Nr. 18. Heß, thermometriſche Unterſuchungen, S. 257.

Bey t r a g e

zur Kenntniß des ruſſiſchen Reichs und der angränzenden Länder Aſiens. Herausgegeben von Baer und Helmerſen. Petersburg. 1839. 8.

I. Statiſtiſche und ethnographiſche Nachrichten über die ruſſiſchen Beſitzungen an der Nordweſtkuͤſte von America,

geſammelt von dem ehemaligen Ober⸗Verwalter dieſer Beſitzun⸗ gen von Wrangell (gegenwärtig Contre- Admiral), herausgegeben und mit Juſaͤtzen von K. E. Baer. Petersburg, 1839. 8. 332. 1 Charte. f

Dieſes ift ein ſehr intereſſantes Werk über Land und Leute, Pflanzen und Thiere der genannten Gegenden, intereſſanter ge⸗ macht und verſtaͤndlicher durch Baers Zufige und feine Berech⸗ nungen aus Wrangells Witterungs- Beobachtungen. Baer gibt eine Einleitung uͤber das Geſchichtliche des Landes und der Inſeln. Wrangell, ruͤhmlichſt bekannt durch feine Fahrten auf dem Polareis, war von 1830 35. Oberverwalter der genannten Beſitzungen, und zeichnete alles auf, was einem gebildeten Mann als wichtig vorkommt. Er gibt hier eine ſtatiſtiſche Ueberſicht der ruſſiſchen Anſiedelung vom 54° bis ans Eismeer; fie befaſſen außerdem die Aleuten und die Kurlien, beruͤhren die Laͤnder der Hudſonsbay-Com⸗ pagnie, Kamtſchatka und Japan; auch gehoͤrt ein Stuͤck von Californien dazu. 1

Der Mittelpunct der Colonial-Verwaltung iſt Neu-Arch⸗ angel im Sitcha-Meerbuſen, welches erſt ſeit 1796. datirt und noch nicht 900 Innwohner zaͤhlt; alle Laͤnder kaum 10000, Es wird nun alles geſchildert, was Schulen, Viehzucht, Schiff⸗ fahrt, Capital, Sitten uff. betrifft. Dem Fang der Robben und anderer Meerthiere iſt ein eigenes Capitel gewidmet. A

©. 35 namentlih der Lutra marina, Phoca ursina, jubata, Trichechus rosmarus, Balaena, überalf mit der Naturgeſchichte.

73

Der ste Abſchnitt, S. 57, handelt vom Verkehr diefer Volker unter einander und mit den Tſchuktſchen; dann folgen Bemerkungen uͤber die Wilden an der Nordweſtkuͤſte von Ame⸗ rica, beſonders von Ober-Californien, Ugalenzen, Angern am Kupferfluß, Koltſchanen, Kenayern, Tſchugatſchen und Kadja⸗ ken, Kuskokwimern und mehrern andern Voͤlkern. Die Sitten erinnern ſehr an die der alten Deutſchen an der Oſtſee.

S. 137 folgt das Tagebuch eines Schiffergehulfen mit Namen Glaſunow von einer Reiſe im, innern Nordweſt⸗ America nebſt einer Charte.

5 Sodann S. 161 eine Notiz uͤber den Kupferfluß und

die Thiere daran, Fuͤchſe, Biber, Biſam-⸗Ratten, Eichhoͤrnchen, Marder, Stachelſchweine, Murmelthiere, Woͤlfe, Vielfraße, ſchwarze Bären, Rennthiere und Elenne, das letztere ſelten; keine Büffel und Biſam⸗Ochſen, aber Antilope lanigera. Zur Zeit der Himbeer⸗Bluͤthe kommen Colibri auf die Koloſchen ſuͤdlich von Sitcha, auch Schwalben.

S. 168 Notiz uͤber zwey hohe Berge am Cooks Inlet.

S. 177 Character der Aleuten von den Fuchsinſeln, von Weniaminow in Unalaſchka; ſcheinen ſehr verdächtige Men ſchen zu ſeyn.

S. 226 Sprachproben. Leider ruſſiſch geſchrieben und nicht alphabetiſch, alſo fuͤr ein deutſches Buch ſehr unpaffend, ließ ſich aber, wie es ſcheint, nicht leicht anders machen, weil die Wortſammler zum Theil eigene Zeichen waͤhlen mußten. Die Wörter mögen Tauſend betragen, meiſt Haupt- und Bey: wörter, wenig Zeitwoͤrter, keine Redensarten, mithin nichts fuͤr den Bau der Sprache.

S. 277 Zuſammenſtellung americaniſcher Nachrichten über die genannten Volker mit den in dem vorliegenden Buche ge⸗ gebenen, von Baer.

Ebenſo S. 290 über das Clima von Sitcha und die Pflanzen, welche dort gedeihen koͤnnten; wird der dortigen Co⸗ lonie von großem Nutzen ſeyn. Es wird dieſem Band noch ein anderer von Baer folgen uͤber die Ergebniſſe der Jagd und die ſyſtematiſche Beſtimmung der dortigen Thiere.

Die Charte ſtellt die Länder vor zwiſchen 57 und 65.

Il. Nachrichten über Chiwa, Buchara, Chokand

und den nordweſtlichen Theil des chineſiſchen Staates,

geſammelt von dem Präſidenten der aſiatiſchen Gränz⸗Commiſſion in Orenburg, General⸗Major Gens, bearbeitet und mit Anmerkungen verſehen von Gr. von H elmerfen. St. Petersburg. 1839. 8 124. 1 Charte.

Dieſe Schrift kam ſehr gelegen, gleichſam als Vorlaͤufer von der leider durch den fuͤrchterlichen Winter verungluͤckten ruſſiſchen Expedition nach Chiwa. Man kann ſich nichts Schrecklicheres denken als einen mehr monatlichen Marſch im Scyneegeftöber und bey der grimmigſten Kälte durch ein völlig unbewohntes Land, worauf wahrſcheinlich Tauſende erfroren und verhungert ſind, leider wohl auch der ſehr unterrichtete Cor— reſpondent aus Schleſien, welcher die Expedition begleitete und

Iſis 1821. Heft 1.

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die wichtigſten, faſt einzigen Nachrichten daruͤber gab. Durch das Schweigen der ruſſiſchen Regierung verlieren leider viele Tauſende den Ruhm, als Helden gegen die Macht der Natur gefochten und in dieſem großen Kampfe untergegangen zu ſeyn.

Eine Schilderung des Jammers und Elends, der Veſtig— ſtigkeit, es zu ertragen, des Muths und der Geſchicklichkeit, es zu uͤberwinden, wuͤrde nicht nur ein billiger Nachruf fuͤr die Untergegangenen und eine gerechte Anerkennung für die uͤbrig Ges bliebenen, ſondern auch eine Lehre ſeyn für aͤhnlich gewagte Un: ternehmungen der Art.

Die Nachrichten, welche der General-Major Gens mit großem Fleiße ſammelte, ſind nur ſehr zerſtreut und rühren nur von einigen Gluͤcklichen her, welche aus der Gefangenſchaft wie⸗ der entrinnen konnten, darunter vorzüglich ein Bürger aus Aſtra— chan, mit Namen Kowirſin, welcher den chiwaiſchen Steuer⸗ Einnehmer mehrere Jahre lang auf ſeinen Reiſen begleiten mußte.